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Anleihen / AIF, Crowd-Investment
Crowdinvesting für umweltfreundliches Schiff – 7 % Rendite pro Jahr?
Der Frachter RHAS 5 soll ab 2022 Güter zwischen europäischen Häfen transportieren. Anleger können sich ab 1.000 Euro mittelbar am Bau und Betrieb des emissionsarmen Schiffes beteiligen. Bei einer prognostizierten Laufzeit von rund zwölf Jahren beträgt die erwartete Rendite rund 7 Prozent pro Jahr. Wie hoch sind die Risiken?
Bei der RHAS 5 handelt es sich um einen Mehrzweckfrachter, der in der innereuropäischen Trampschifffahrt zum Einsatz kommen soll. Trampschifffahrt bedeutet, dass ein Schiff keine festen Linien (Linienschifffahrt) nach Fahrplänen fährt. Die Routen und Zeiten sind abhängig von den zu transportierenden Gütern und den jeweiligen Auftraggebern. Die RHAS 5 kann nach Angaben der Initiatorin Arkon Shipping beispielsweise 27 Windkraftanlagen-Blätter oder 4.000 Tonnen (beispielsweise Stahl, Glasbruch, Dünger) transportieren.
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Im Vergleich zu den größten Containerschiffen, die deutlich über 150.000 Tonnen transportieren können, handelt es sich somit um einen kleineren Frachter der so genannten Coaster-Klasse (Küstenmotorschiff). Nach Angaben der Emittentin sind in diesem Segment ca. 67 Prozent der Flotte älter als 15 Jahre, sodass es auch deswegen in diesem Segment Bedarf an neuen Schiffen gebe. Die Finanzierung des Schiffneubau-Projektes RHAS 5 soll durch Bankkapital (5 Millionen Euro), Eigenkapital der Initiatoren Rhenus SE und Arkon Shipping (0,5 Millionen Euro) und Eigenkapital der Crowdinvestoren von 3,13 Millionen Euro erfolgen. Die Nebenkosten des angebotenen Crowdinvestings betragen laut Wertpapier-Informationsblatt (WIB) bei vollständiger Platzierung voraussichtlich 6,9 Prozent des Emissionsvolumens.
Anleger zeichnen tokenbasierte Kommanditanteile
Die Crowdinvestoren (Anleger) können das Angebot über die Online-Plattform new-shore-invest zeichnen. Sie beteiligen sich dabei über die Treuhandkommanditistin New Shore Treuhand GmbH an der Emittentin Rhas 5 Schifffahrts GmbH & Co. KG. Diese hat für das Schiff RHAS 5 einen Bauvertrag mit einer chinesischen Werft unterzeichnet und plant, den Frachter nach seiner Fertigstellung zu betreiben. Besonderheit bei dem Angebot: Die Anleger erwerben über die Treuhänderin tokenbasierte Kommanditanteile, sogenannte KG-Token. Die digitalisierte Abbildung eines Vermögenswertes (Token) kann dazu führen, dass eine Vermögensanlage (z.B. eine Kommanditbeteiligung) als Wertpapier einzustufen ist.
Token basieren auf der Blockchain-Technologie. Unter Blockchain versteht man eine unveränderbare digitale Datenbank, die lediglich Hinzufügungen erlaubt. Die Blockchain-Technologie sowie alle damit in Verbindung stehenden technologischen Komponenten befinden sich nach wie vor in einem frühen technischen Entwicklungsstadium. Eine vorzeitige Veräußerung der tokenbasierten Kommanditanteile ist zwar grundsätzlich möglich, jedoch derzeit laut WIB noch stark eingeschränkt. Jeder Anleger kann seine Beteiligung an der Emittentin erstmals zum 31. Dezember 2032 kündigen.
Bruttorendite gleich Nettorendite
Bei dem von der Emittentin prognostizierten Verlauf ergibt sich für Anleger über die Treuhänderin New Shore Invest eine durchschnittliche, jährliche lineare Rendite von 7,03 Prozent vor Abzug der Steuern. Sie liegt nur knapp über der Renditeerwartung nach Steuern von 6,97 Prozent. Grund: die für Handelsschiffe in vielen europäischen Staaten geltende sogenannte Tonnagesteuer. Nach Angaben der Emittentin wird das Schiff unter niederländischer Flagge gebaut und nach Ablieferung unter einer europäischen Flagge fahren. Auch für die RHAS 5 werde die Tonnagesteuer gelten. Damit müssen die Anleger nach Angaben der Emittentin zusätzlich keine Kapitalertragssteuer entrichten.
Umweltfreundliches Schiff
Der neue Schiffstyp RHAS 5 verbraucht nach Angaben der Emittentin ca. ein Drittel weniger Treibstoff als die Bestandsflotte. Zudem wird er den Angaben nach mit schwefelarmem Marine Gas Oil (MGO) betrieben und nicht, wie viele Bestandsschiffe, mit dem Abfallprodukt der Raffinerien: Schweröl. Zusätzlich reduziere beim RHAS 5 ein Katalysator den Ausstoß von Stickoxiden um mehr als 90 Prozent. Auch werde das Schiff über einen Land-Stromanschluss verfügen, um in den Häfen keine Emissionen durch die Bordgeneratoren zu verursachen. Der sogenannte EEDI Wert, der die spezifischen CO2-Emissionen von Frachtschiffen angibt, liegt nach Angaben der Emittentin beim RHAS 5-Schifftyp 16 Prozent unter dem maximal zulässigen Wert von Schiffen, deren Bau erst ab 2025 in Auftrag gegeben wird.
Krise für die Schifffahrt durch Corona
Die aktuelle Lage an den Schifffahrtsmärkten ist nach Angaben der Emittentin geprägt durch die Auswirkungen der Corona-Krise, deren mittel- und langfristige Folgen derzeit schwer abzusehen sind. Eine kurzfristig starke Verringerung des weltweiten Handelsvolumens hat in manchen Segmenten der Schifffahrt zu einem merklichen Rückgang der Charterraten (Mietzahlungen) geführt. Auch bereits vor der Ablieferung bestehen Risiken, die sich infolge der Corona-Pandemie erhöhen können.
Bauherrenrisiko - liefert die chinesische Werft pünktlich?
Das Schiff RHAS 5 soll voraussichtlich von Januar 2021 bis Februar 2022 auf der chinesischen Werft Dayang Offshore Equipment gefertigt werden. Es besteht das Risiko, dass die Werft das Schiff zu spät oder – beispielsweise infolge einer Insolvenz – gar nicht abliefert. Für diesen Fall sind die Anzahlungen der Emittentin durch Rückerstattungsgarantien abgesichert. Die Emittentin kann dann laut WIB die getätigten Anzahlungen von der Garantiegeberin, einer chinesischen Bank, zurückfordern. Die Durchsetzung dieses Anspruchs ist wiederum rechtlich wie prozessual mit Risiken verbunden. Sie kann sich über mehrere Jahre hinziehen oder gar nicht erfolgen.
Finanzierungszusage einer Bank
Die Emittentin plant, bei einer deutschen Bank zur (Teil-)Finanzierung des Baus der RHAS 5 einen Kredit aufzunehmen. Hierfür hat sie laut WIB eine verbindliche Finanzierungszusage unter Gremien- und Syndizierungsvorbehalt erhalten. Der Kreditvertrag kann bei Vorliegen wichtiger Gründe jederzeit gekündigt werden. Sollte ein Kündigungsgrund vorliegen, besteht das Risiko, dass die finanzierende Bank die sofortige Rückzahlung des Kredits in voller Höhe verlangt und die Verwertung der Sicherheiten androht.
Das geplante Bankdarlehen hat nach Angaben der Emittentin eine Laufzeit von 14,5 Jahren. Das ist länger als die geplante Laufzeit des Crowdinvestings: Die Emittentin beabsichtigt, das Schiff im Laufe des Jahres 2032 zu veräußern und die Projektgesellschaft zu liquidieren. Derzeit geht die Emittentin von einem Restwert des Schiffes nach elf Jahren Betriebszeit von 4,9 Millionen Euro aus.
Währungsrisiko
Zur Absicherung des Währungsrisikos, das sich aus der Finanzierung in Euro und dem Kaufpreis des Schiffes in US-Dollar ergibt, hat die Emittentin mit einer deutschen Bank ein Devisentermingeschäft abgeschlossen. Falls die Emittentin das Devisentermingeschäft nicht erfüllen kann, weil beispielsweise die Werft das Schiff nicht abliefert, besteht ein hohes Verlustrisiko. Die Emittentin hat nach eigenen Angaben als Sicherheiten zugunsten der Bank die Rückerstattungsgarantien abgetreten sowie eine Garantie der Arkon Shipping GmbH & Co. KG abgegeben.
Flotte aus fünf Schiffen
Arkon Shipping hat die Kurzstreckenflotte “Hanse Eco” entwickelt, die mit RHAS 5 aus (zunächst) fünf Schiffen bestehen soll. Für die geplante Realisierung der ersten vier Schiffsprojekte haben der Logistikdienstleister Rhenus SE und Arkon Shipping gemeinsam die Rhenus-Arkon-Shipinvest („RHAS“) gegründet. Die ersten vier Schiffe sollen im Laufe des Jahres 2021 abgeliefert werden. Zusammen mit RHAS, Arkon Shipping und den Crowdinvestoren soll RHAS 5 realisiert werden.
Konsolidierung notwendig, aber Glaube an den Markt trotz Corona
Ende Mai 2020 hat Arkon Shipping eine Vereinbarung mit der norwegischen Reederei Wilson ASA vermeldet: „Im Rahmen der notwendigen Konsolidierung des europäischen Kurzstreckenseeverkehrsmarktes haben Wilson ASA und Arkon Shipping GmbH & Co. KG eine Vereinbarung unterzeichnet, die die kombinierten Systeme zum größten Akteur des Kurzstreckenseeverkehrs in Europa macht. Wilson wird etwa 20 Trockenmassengutfrachter langfristig von der von Arkon vertretenen Küstenmotorschiffflotte mieten, darunter hochmoderne Hanse-Eco-Neubauten mit Lieferung in zwei Jahren. Wilson wird bereit sein, alle Verträge und Kundenverpflichtungen zu erfüllen, die derzeit von Arkon erfüllt werden. (…) Die Vereinbarung untermauert den gemeinsamen langfristigen Glauben an den Markt trotz der Covid-19-Pandemie. Die Vereinbarung kann der Genehmigung der zuständigen Behörden unterliegen und soll in der zweiten Hälfte des Jahres 2020 umgesetzt werden, wobei die Inbetriebnahme frühestens am 1. September 2020 erfolgen soll.“
Erlöspool sichert Erträge für die ersten drei Jahre nach Ablieferung
Die vier ersten Hanse Eco-Schiffe (RHAS 1 bis 4) sind nach Angaben der Initiatorin fest für drei Jahre an die norwegische Reederei Wilson ASA verchartert. Die Beschäftigung der RHAS 5 soll nach Angaben der Emittentin innerhalb eines Frachtenpools der fünf Hanse Eco-Schiffe erfolgen. Die Umsatzerlöse werden addiert und anschließend auf die Poolmitglieder homogen verteilt. Insofern besteht für die RHAS 5 bereits eine 80-prozentige Ertragssicherheit für die ersten drei Betriebsjahre des Pools. Grundsätzlich ist diese Ertragssicherheit abhängig davon, dass der Charterer, in diesem Fall die Wilson ASA, zahlungsfähig bleibt. Für die RHAS 5 besteht nach Angaben der Emittentin eine Option für die gleiche Charterhöhe wie bei den ersten vier Schiffen. Bei negativer Marktentwicklung besteht das Risiko, dass nach Ablauf der drei Jahre, also in den Jahren 2024/25, die fünf Schiffe nur Chaterraten abschließen können, die niedriger sind und/oder einen wirtschaftlichen Betrieb der Schiffe nicht ermöglichen.
Bei anhaltend niedrigeren Charterraten besteht auch das Risiko, dass der für 2032 geplante Verkaufserlös für das Schiff deutlich niedriger ausfällt und das Bankdarlehen nicht (vollständig) bedient werden kann. In der Folge kann das Risiko bestehen, dass die Bank das Schiff als Sicherheit verwertet. Auf der anderen Seite besteht nach Einschätzung der Emittentin die Chance, dass sich die Charterraten und Schiffswerte von dem derzeit niedrigen Niveau verbessern und die Rendite höher ausfällt als prognostiziert. Dabei ist zu berücksichtigen, dass das Nischensegment, zu dem das Schiff RHAS 5 gehört, tendenziell weniger stark konjunkturanfällig ist als andere Segmente. Daher sind in dem RHAS-Segment in der Regel auch die Ausschläge bei den Charterraten nach oben und – in einer Krise – nach unten geringer als beispielsweise bei großen Containerschiffen.
Fazit
Das Schiff als Transportmittel ist ein unverzichtbarer Bestandteil der europäischen Versorgungsstruktur. Trotzdem hat es nach der Finanzkrise 2008 laut Eurostat fast zehn Jahre gedauert, bis der gesamte Seegüterumschlag in Europa wieder das Vorkrisenniveau erreichte. Auch die Corona-Pandemie hat einen massiven Wirtschaftsschock ausgelöst, dessen mittel- und langfristige Auswirkungen derzeit noch nicht fundiert einzuschätzen sind. Solange es noch keinen Impfstoff gegen das Coronavirus gibt, besteht auch das Risiko, dass noch weitere Schocks folgen. Diese könnten die konjunkturabhängige Schifffahrt besonders stark treffen. Es ist auch möglich, dass es infolge der Corona-Krise zu Umwälzungen und einem wirtschaftlichen Strukturwandel kommt, der das Transportvolumen auf See und in Europa grundlegend verändert.
Grundsätzlich ist das angebotene Crowdinvestment für das Schiff RHAS 5 – Stand vor Corona – seriös konzipiert und plausibel. Das Schiff ist deutlich umweltfreundlicher als die Bestandsflotte. Die Nebenkosten der Emission sind wesentlich niedriger als bei Schiffsbeteiligungen vor zehn bis 20 Jahren üblich. Die Renditeerwartung für Anleger von rund 7 Prozent nach Steuern berücksichtigt, dass der Bau und Betrieb eines Schiffes in der Regel riskanter ist als z. B. der Bau und Betrieb einer Solaranlage in Deutschland.
Die aktuelle Lage an den Schifffahrtsmärkten ist allerdings geprägt durch die Auswirkungen der Corona-Krise, deren mittel- und langfristige Folgen derzeit schwer abzusehen sind. Daher ist es möglich, dass sich infolge der Corona-Krise die Risiken für die Emittentin und ihre Anleger erhöhen.