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Crowdinvesting: Straßenbelag erzeugt Solarstrom – und 28 Prozent Rendite?
Die Solmove GmbH aus Berlin entwickelt einen Straßenbelag, der Photovoltaik-Zellen beinhaltet. Insbesondere um den Straßenmodul-Prototyp zur Marktreife zu entwickeln und Personal aufzubauen, hat das Unternehmen zur Finanzierung ein Nachrangdarlehen begeben. Die geplante Rendite für die Anleger beträgt im Basisszenario rund 28 Prozent pro Jahr. Wie hoch sind die Risiken?
Der Straßenbelag von Solmove soll nicht nur Solarstrom produzieren, sondern auch Schall schlucken, im Winter Eis abtauen, Licht und Daten erzeugen und später Elektromobile beim Fahren mit Strom versorgen. Der Belag wird auf vorhandenen Flächen, wie Straßen und Wegen befestigt, der so erzeugte Strom ins Netz eingespeist oder direkt genutzt.
Verkehrsflächen sollen so doppelt genutzt werden – nicht nur als Verkehrsweg, sondern auch für die Energiegewinnung. Solmove hat für seine Technologie-Entwicklung bereits mehrere Auszeichnungen erhalten.
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Aufbau einer Serienproduktion geplant
Um die Technologie der „Smart Solar Streets“ vom handgefertigten Einzelstück zu einem marktfähigen Produkt weiterzuentwickeln und eine Serienproduktion in Deutschland aufbauen zu können, benötigt Solmove nach eigenen Angaben weitere finanzielle Unterstützung. Mit dem Nachrangdarlehenskapital der Crowdinvestoren will das Berliner Startup zudem auch den Vertrieb für die Kundengewinnung in Deutschland und international aufbauen. Asien, Mittlerer Osten und die USA sind im Vermögensanlagen-Informationsblatt (VIB) als Regionen aufgeführt. Das eingeworbene Kapital wird nach Angaben von Solmove weitere Förderungen ermöglichen, für die es bereits positive Vorbescheide gebe.
Sechs Projekte weltweit in Arbeit
In einer Solmove-Pressemeldung von Anfang Juli 2020 erklärt Donald Müller-Judex, Gründer und CEO des Unternehmens und Erfinder der Smart Solar Street: „Solmove erhält zahlreiche Anfragen zu Projekten und wir spüren – nicht nur medial – ein deutliches Interesse an unserer Lösung. Derzeit arbeiten wir an sechs Projekten weltweit, davon zwei in Europa, eines in den USA, eines in Südamerika, eines in China und eines in den Emiraten. In Kürze wird eine weitere Anlage in Kunshan in der Nähe von Shanghai/China in Angriff genommen. So trauen wir uns für die nächsten Jahre, sobald unser Produkt seine Marktreife erreicht hat, ein steiles Wachstum zu.“
Umsätze sollen massiv ansteigen
Ehrgeizig sind die Wachstumspläne, die dem Solmove-Finanzplan zu entnehmen sind, der auf der Crowdinvesting-Plattform FunderNation am 17. Juli 2020 dargestellt ist. Demnach sollen die Umsatzerlöse von 19.000 Euro (2019) über rund 2,9 Millionen Euro (2021) und 9,4 Millionen Euro (2023) auf rund 23,3 Millionen Euro (2025) steigen. Im Solmove-Finanzplan stehen für Ende 2019 ein Fehlbetrag von 287.000 Euro und eine Liquidität von minus 12.000 Euro.
Drei Pilotanlagen in Deutschland
Die Technologie der Smart Solar Street wurde laut Solmove-Pressemeldung vom 7. Juli 2020 bereits in drei Pilotanlagen in Deutschland getestet. Die mit weiterentwickelten Modulen ausgestatteten Teststrecken auf dem Gelände einer Zeche in Gelsenkirchen sowie in Köln auf dem Betriebsgelände der RheinEnergie laufen nach Angaben von Solmove seit Monaten fehlerfrei und liefern Strom.
Beim „Solarradweg“ gibt es Probleme. / Foto: Solmove
Problem mit einem Radweg
Bei dem 80 Meter langen „Solarradweg“ von Solmove in Erftstadt bei Köln, der Im November 2018 eröffnet wurde, kam es laut Solmove im März 2019 zu technischen Problemen und kleinen Schwelbränden aufgrund von Wassereintritt in einigen Anschlussdosen der Solarmodule.
Weiter heißt es dazu in einer Solmove-Pressemeldung vom 27. März 2020: „Aus Sicherheitsgründen wurde die gesamte Anlage damals stillgelegt. Solmove sagte zu, die Mängel an der Pilotanlage zu beheben und vom TÜV abnehmen zu lassen. Obwohl der TÜV-Bericht Anfang September vorlag, kündigte die Stadt Erftstadt im Oktober den Vertrag. Solmove hat daraufhin Klage eingereicht, weil die gesetzte Frist nicht angemessen war, um die Reparaturen durchzuführen.“
Nach Angabe von Solmove fand am 19. Juni 2020 die erste Verhandlung am Landgericht Köln statt. Geschäftsführer Müller-Judex bewertete gegenüber ECOreporter den ersten Verhandlungstag positiv für Solmove und betont darüber hinaus: „Dass eine erfolgreiche Überarbeitung der fehlerhaften Anschlussdosen möglich ist, zeigt die Anlage in Gelsenkirchen, die zur Testanlage in Erftstadt baugleich ist.“
Welche Auswirkungen kann das Gerichtsurteil haben?
ECOreporter hat bei Solmove nachgefragt: „Wie hoch schätzt die Solmove GmbH das Risiko ein, dass durch die Kosten für den evtl. erforderlichen Rückbau ihrer Anlage in Erftstadt das einzuwerbende Crowdinvestingkapital (größtenteils) verbraucht wird?“ Solmove erklärt: „Das Gericht will am 30. Oktober entscheiden. Solmove hat einen Vorschlag zur Güte und zur Instandsetzung eingereicht. Die Überarbeitung der Anschlussdosen würde rund 10.000 Euro kosten und könnte mit der Summe von ca. 20.000 Euro verrechnet werden, die Erftstadt noch nicht bezahlt hat.“ Falls keine Einigung bzw. kein Urteil zu Gunsten von Solmove erfolgen sollte, müsste Solmove nach eigenen Angaben den Radweg zurückbauen. Die Kosten für einen Rückbau schätzt das Unternehmen auf 20.000 bis 30.000 Euro.
Verzinsung für die Crowdinvestoren erfolgsabhängig
Die partiarischen Nachrangdarlehen der Crowdinvestoren haben eine feste Laufzeit bis zum 30. April 2025. Die Verzinsung des Anlegers orientiert sich am Erfolg des Unternehmens (zum Beispiel Gewinn, Umsatz oder im Fall einer Veräußerung des Unternehmens einen Anteil am Exiterlös). Anleger können die Vermögensanlage ab 100 Euro über die Online-Plattform FunderNation zeichnen. Das Emissionsvolumen beträgt bis zu 250.000 Euro.
Wovon hängt der wirtschaftliche Erfolg von Solmove ab?
Der wirtschaftliche Erfolg hängt laut VIB von mehreren Einflussgrößen ab, insbesondere von der erfolgreichen Weiterentwicklung der Straßenmodule vom gegenwärtigen Prototyp zur Marktreife und der Annahme dieser Produkte im Markt. Auch die Bereitschaft und die finanziellen Möglichkeiten von Städten und Gemeinden, in Elektromobilität und die Digitalisierung der Infrastruktur zu investieren, beeinflusst laut VIB den Erfolg von Solmove. Zudem können sich rechtliche und steuerliche Rahmenbedingungen verändern und Auswirkungen auf das Unternehmen haben.
Wichtig ist nach Angaben von Solmove vor allem, wie schnell ein gutes Preis–Leistungs-Verhältnis für die Straßenmodule erreicht wird. Der Preis der Module reduziere sich deutlich, sobald die Fertigung automatisiert laufe. Der Zielpreis wird nach Einschätzung von Solmove bei einer jährlichen Produktion von rund 25.000 Quadratmetern Modulfläche erreicht. Dies entspreche einer Landstraße von ca. 5 km Länge.
Veröffentlichung vom Jahresabschluss 2018 verzögert
Der Verschuldungsgrad des Unternehmens Solmove GmbH, berechnet auf Grundlage des letzten aufgestellten Jahresabschlusses zum 31. Dezember 2018 liegt laut VIB bei -243 Prozent. Der Jahresabschluss für 2018 ist seit dem 20. Juli 2020 im Unternehmensregister hinterlegt. Der Jahresabschluss 2019 ist noch nicht im Bundesanzeiger veröffentlicht.
Straßenbelag mit Photovoltaik-Zellen. / Foto: Solmove
Kosten für Testanlage und Entwicklung
Laut Jahresabschluss musste die Solmove GmbH Ende 2018 einen nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag von rund 147.000 Euro bei einer Bilanzsumme von rund 354.000 Euro ausweisen. Ein Jahr zuvor, Ende 2017, gab es dagegen noch ein positives Eigenkapital von rund 161.000 Euro bei einer Bilanzsumme von rund 297.000 Euro.
Die Verbindlichkeiten der Solmove GmbH erhöhten sich laut Jahresabschluss von rund 117.000 Euro (Ende 2017) auf rund 340.000 Euro (Ende 2018). Davon hatten Ende 2018 rund 289.000 Euro (Vorjahr: rund 117.000 Euro) eine Restlaufzeit bis zu einem Jahr.
Das negative Eigenkapital und die Verbindlichkeiten gehen nach Angaben von Solmove im Wesentlichen auf die Testanlage in Erftstadt zurück. Die Anlage habe insgesamt rund 500.000 Euro gekostet, rund 70.000 habe das Unternehmen von Erftstadt dafür bekommen.
Die Differenz erkläre sich durch die Entwicklungskosten und Ausgaben für Werkzeuge (z.B. eine Glaswalze für 100.000 Euro), die in dieser Technologieentwicklungs-Phase typisch sind.
Fazit
Der Straßenbelag der Solmove GmbH ist eine innovative Entwicklung mit technologischem Potential. Diese befindet sich aber noch in einer Frühphase: Bislang gibt es drei Pilotanlagen. Daher ist es derzeit noch offen, ob der Solmove-Straßenbelag sich zu einem wirtschaftlich und technologisch wettbewerbsfähigen Produkt weiterentwickeln wird und auch einer jahrelangen Verkehrsbelastung standhalten kann.
In frühen Produkt- und Markteinführungs-Phasen bestehen erhebliche Risiken, dass ein Produkt am Markt scheitert und die Anleger in der Folge ihr eingesetztes Kapital vollständig verlieren. Demgegenüber steht die Chance auf eine mögliche hohe Rendite im Erfolgsfall.