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Anleihen / AIF, Crowd-Investment
Großes Solar-Crowdinvestment in Vietnam mit 6,5 % Zins – ist das Risiko auch groß?
ecoligo ist nach eigenen Angaben im Februar in den vietnamesischen Markt eingetreten und hat sein erstes Solarprojekt im Land unterzeichnet: eine Solaranlage auf dem Fabrikdach eines Verpackungsherstellers. Laut ecoligo läuft die Produktion in der Fabrik trotz Corona-Krise derzeit zu 100 Prozent weiter. Die Umsetzung des geplanten Solarprojektes können Anleger ab 100 Euro über die Online-Plattform ecoligo.investments finanzieren.
Welche Risiken bestehen für Anleger des Nachrangdarlehens? Und warum sind Anleger des Vietnam-Solarprojekts mittelbar auch davon abhängig, dass kenianische Unternehmen Blumen verkaufen können und Touristen wieder nach Costa Rica dürfen? ECOreporter hat das Angebot bewertet.
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Der Käufer des Solarstroms (Endkunde) in Vietnam, Dong Nam Viet Packaging JSC, wurde 2003 gegründet und produziert laut ecoligo ein breites Sortiment von Verpackungen für internationale Kunden. Auf rund 28.000 Quadratmetern werden Papier- und Kartonmaterialien hergestellt, geformt und bedruckt. Die geplante Photovoltaikanlage mit einer Gesamtleistung von 994 Kilowattpeak (kWp) soll auf dem bestehenden Fabrikgebäude installiert werden. Hinsichtlich der Solar-Gesamtleistung und des Emissionsvolumens von 831.000 Euro ist es das bislang mit Abstand größte Crowdinvesting-Projekt von ecoligo.
Variabler Stromverkaufspreis
Die Emittentin ecoligo Projects One UG (haftungsbeschränkt) soll die Nettoeinnahmen aus dem Nachrangdarlehen der Anleger an den Projektinhaber, derzeit die ecoligo GmbH, weiterleiten. Der Projektinhaber soll das Solarprojekt nach der Errichtung betreiben und Erträge aus einem Stromverkaufsvertrag (Power Purchase Agreement) mit dem vietnamesischen Solarstrom-Endkunden erwirtschaften. Der Strompreis gemäß Stromverkaufsvertrag orientiere sich dabei am Stromtarif des lokalen Energieversorgungsunternehmens Vietnam Electricity. Der Strompreis soll stets 12,5 Prozent unter diesem Tarif liegen, aber mindestens bei 1350 VND/kWh (umgerechnet derzeit rund 0,05 Euro/kWh). Der Strompreis wird vom Endkunden in Vietnamesischen Dong (VND) bezahlt. Der Tarif werde jährlich vom Energieversorgungsunternehmen neu berechnet und veröffentlicht. Aktuell liegt laut ecoligo der Tarif des Kunden durchschnittlich bei 1.939 VND/kWh und der Strompreis damit bei 1.697 VND/kWh.
Solarstrom-Endkunde kann Solaranlage kaufen
Neben dem Strompreisrisiko besteht unter anderem auch das Risiko, dass die Solaranlage die einkalkulierten Stromerträge nicht erreicht und damit geringere Einnahmen verbucht als geplant. Weiterhin besteht ein Risiko, dass der Projektinhaber am Ende der sechsjährigen Nachrangdarlehens-Laufzeit die dann fällige Rest-Tilgungskomponente von 75 Prozent des Nachrangdarlehensbetrages nicht (in voller Höhe) an die Emittentin leisten kann. Das kann beispielsweise dann der Fall sein, wenn der Endkunde die Kaufoption für die Solaranlage nicht ausübt und der Projektinhaber keine Anschlussfinanzierung erreicht.
Rechtliche Struktur noch nicht in trockenen Tüchern
Es ist laut Vermögensanlagen-Informationsblatt (VIB) geplant, die Projektrechte und damit auch den Projektbetrieb sowie den Weiterleitungskreditvertrag vom aktuellen Projektinhaber ecoligo GmbH an eine 100-prozentige Tochtergesellschaft der ecoligo GmbH in Vietnam zu übertragen, sobald diese Tochtergesellschaft vollständig gegründet und eingetragen ist. Die Tochtergesellschaft befindet sich laut VIB in Gründung.
Emittentin hat bereits mehrere Vermögensanlagen angeboten
Die Emittentin ecoligo Projects One UG (haftungsbeschränkt) hat laut VIB in den letzten zwölf Monaten Vermögensanlagen von rund 1,07 Millionen Euro angeboten, davon rund 921.000 Euro verkauft und 0 Euro vollständig getilgt. Diese Anlegergelder hat sie mittelbar z.B. in – geplante und bestehende – Solaranlagen bei Universitäten (Costa Rica und Ghana), Blumenfarmen und Rosenzüchtern in Kenia und in Klimaanlagen eines Hotelbetriebs in Costa Rica investiert bzw. plant, sie dort zu investieren.
Blumenfarmen und Hotelbetriebe in Corona-Zeiten
Es besteht das Risiko, dass solche anderen Projekte, die die Anleger des Vietnam-Solarprojektes nicht selbst finanziert haben, zu Zahlungsausfällen bei den Anlegern führen. Dies kann etwa der Fall sein, wenn ein anderes Projekt der ecoligo GmbH oder einer der lokal ansässigen Tochtergesellschaften wirtschaftlich fehlschlägt und in der Folge fällige Verbindlichkeiten gegenüber der Emittentin nicht bedient werden können. Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn Solarstrom-Endkunden ihren Zahlungsverpflichtungen nicht nachkommen können, weil z.B. infolge der Corona-Krise die kenianischen Unternehmen weniger Blumen ins Ausland verkaufen und der Hotelbetrieb in Costa Rica weniger Gäste hat. Beispielsweise hat Costa Rica laut Auswärtigem Amt die Einreisesperre für Touristen bis zum 15. Mai verlängert.
Fazit:
Das Crowdinvestment für die geplante Solaranlage auf dem Fabrikdach eines Verpackungsherstellers in Vietnam ist für die Anleger mit erheblichen Risiken verbunden. Diese können sich zudem infolge der Corona-Krise noch weiter erhöhen. Beispielsweise besteht das Risiko, dass sich die Zahlungsfähigkeit des Solarstrom-Endkunden in Vietnam als auch die der Endkunden in Kenia, Ghana und Costa Rica, von denen die Anleger auch mittelbar abhängen, verschlechtern. Es ist auch fragwürdig, dass das Crowdinvesting-Angebot bereits angeboten wird, bevor die geplante finale rechtliche Struktur umgesetzt wurde. Angesichts der hohen Risiken für die Anleger ist der Zinssatz des Nachrangdarlehens von 6,5 Prozent pro Jahr gering.
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24.03.20
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