Den Planeten ein wenig grüner machen - Fonds können dazu beitragen, wenn sie es wirklich ernst meinen mit der Nachhaltigkeit. / Foto: Pixabay

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Experten-Interview: Wie erzeugen Fonds echte nachhaltige Wirkung?

In nachhaltige Fonds investieren – bringt das eigentlich irgendwas? Also neben einer hoffentlich attraktiven Rendite. Können Fonds die Welt ein kleines Stück besser machen? Zu denen, die es ernsthaft versuchen, gehört der Ethius Global Impact. Fondsgründer Julius van Sambeck berichtet im ECOreporter-Interview von den Erfolgen, aber auch den Stolperfallen des Impact Investing.

Der Ethius Global Impact legt ausschließlich in die Aktien des anspruchsvollen nachhaltigen Global Challenges Index (GCX) der Börsen Hamburg-Hannover an. Der tiefgrüne Fonds engagiert sich in Investorenzusammenschlüssen und in direkten Kontakten mit Unternehmen für mehr Nachhaltigkeit in der Wirtschaftswelt.

Gestartet hat den Ethius Global Impact der Vermögensverwalter Ethius Invest Schweiz aus Luzern, dessen Geschäftsführer Julius van Sambeck ist. Einen ECOreporter-Test des Fonds können Sie hier lesen.

ECOreporter: Herr van Sambeck, ein häufig gehörter Kritikpunkt: Fonds erzeugen kaum nachhaltige Wirkung, weil sie nur anderen Investoren Wertpapiere abkaufen und das Geld nicht dem jeweiligen Unternehmen zugutekommt. Wie viel nachhaltigen Impact können grüne Fonds tatsächlich erreichen?

Julius van Sambeck: Zunächst kommt es stark darauf an, in welcher Anlageklasse ein Fonds investiert ist. Die Wirkungsmöglichkeiten von Aktienfonds unterscheiden sich beispielsweise maßgeblich von Fonds, die auf Anleihen ausgerichtet sind.

Also konkreter: Welche Einflussmöglichkeiten hat ein Aktienfonds?

Aus Unternehmenssicht werden neue Aktien ausgegeben, um das Eigenkapital in der Bilanz zu stärken. Die Investorin oder der Investor erhält mit dem Kauf von neu ausgegebenen Aktien via Emissionsmarkt oder bestehenden Aktien auf dem Zweitmarkt den Anspruch auf anteilige zukünftige Unternehmensgewinne und erwirbt damit normalerweise auch das verbriefte Stimmrecht. Dieses berechtigt auch Fonds in ihrer treuhänderischen Verantwortung gegenüber Investorinnen und Investoren, Hauptversammlungen des Unternehmens zu besuchen, über bestehende Tagesordnungspunkte abzustimmen und je nach juristischem Sitz des Unternehmens selbst auch eigene beschlussfähige Vorlagen zur Abstimmung einzubringen.

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Wie wichtig ist dieses Recht?

Den wahrgenommenen Wert dieses für uns wichtigen Rechts erkennt man im Falle von verschiedenen Aktiengattungen, also Stammaktien und Vorzugsaktien, oftmals schon daran, dass Vorzugsaktien in der Regel mit einem Abschlag an der Börse gehandelt werden. Und das, obwohl bei Vorzugsaktien (ohne Stimmrecht) ein größerer Teil der Gewinne pro Aktie ausgeschüttet wird. Der Finanzmarkt schätzt den Wert des Stimmrechts also offenbar als sehr hoch ein.

Bei Anleihen gibt es ein solches Stimmrecht nicht, weil Anleihekapital Fremdkapital ist.

Richtig. Das, was ich eben aufgeführt habe, kann ein auf Anleihen ausgerichteter Fonds selbstverständlich nicht leisten. Dennoch erkennen wir auch in dieser Anlageklasse das Engagement und die Kommunikation mit dem Unternehmen als wichtige Instrumente an.

Welche Wirkungsansätze schätzen Sie als besonders effektiv ein?


Julius van Sambeck leitet die Ethius Invest Schweiz GmbH. / Foto: Unternehmen

Die direkte Kommunikation mit Unternehmen und ihren Stakeholdern stellt für uns ein sehr wichtiges Instrument zur aktiven Einflussnahme auf Firmen dar, um Risiken zu vermeiden und wesentliche Nachhaltigkeitsthemen zu fördern. Mögliche Erfolge des Dialogs können jedoch nur schwer gemessen werden; ob der Dialog wirklich (alleinig) zu einem Handeln des Unternehmens geführt hat, lässt sich in der Regel nicht eindeutig beurteilen.

Der für uns mit Abstand wirkungseffektivste Ansatz ist deshalb die sogenannte „Shareholder Resolution“, sprich das Einbringen von Tagesordnungspunkten auf Hauptversammlungen, die dem gesamten stimmberechtigten Aktionariat zur Abstimmung vorgelegt werden. Es ist deshalb für eine nachhaltigere Entwicklung am Kapitalmarkt sehr positiv, dass das Einreichen beschlussfähiger Vorlagen zu Nachhaltigkeitsthemen („ESG-Resolutions“) auf den Hauptversammlungen eine immer größere Bedeutung gewinnt. Der Bericht „Early Proxy Season Review 2022“ des US-Aktionärsdienstleisters Georgeson zeigt, dass Aktionärinnen und Aktionäre zwischen dem 1. Juli 2021 und dem 16. Mai 2022 924 ESG-Vorschläge bei Unternehmen eingereicht haben, verglichen mit nur 837 in der Saison 2021 und 754 im Jahr 2020.

Haben Sie ein Beispiel für gelungene Einflussnahme auf Unternehmen?

Einen Rekorderfolg für eine durchgesetzte ESG-Resolution in diesem Jahr können die Anteilseignerinnen und Anteilseigner der US-Fastfood-Kette Jack in the Box vorweisen. Hier stimmten diesen März 95 Prozent der stimmberechtigten Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Hauptversammlung für nachhaltigere Verpackungen, obwohl das Management Investorinnen und Investoren dazu geraten hatte, den Aktionärsantrag abzulehnen. Jack in the Box hatte bis zu diesem Zeitpunkt keinerlei Ambitionen gezeigt, sich dem Problem des eigenen ökologischen Fußabdrucks zu widmen und die Nachhaltigkeit seiner Verpackungsmaterialien zu verbessern. Durch den Entscheid ist das Unternehmen nun in der Pflicht, Verantwortung zu übernehmen und seine Bemühungen bei der Verwendung nachhaltiger Verpackungsmethoden voranzutreiben.

Wie viel nachhaltige Wirkung ist für vergleichbar kleine Fonds wie Ihren Ethius Global Impact möglich? Sind sie stärker, wenn sie sich mit anderen zusammentun?

Sofern die ressourcenintensive Arbeit für beschlussfähige Aktionärsanträge geleistet wird und die dafür notwendige Infrastruktur besteht, kann auch eine kleine Fonds-Boutique eigene Vorlagen auf Hauptversammlungen platzieren und damit potenziell eine große Wirkung erzeugen. Natürlich sollte man sich in der Vorbereitung und zwecks möglicher Hebelwirkungen bei ernst gemeinten Investorenzusammenschlüssen einbringen. Dies gilt jedoch sowohl für kleine als auch für größere Fondsgesellschaften.

Man stelle sich nur die potenzielle positive Wirkung auf Umwelt und Gesellschaft vor, wenn größere Fondsgesellschaften für einen Multi-Stakeholder-Kapitalismus inhaltlich ernsthaft zusammenarbeiteten und die Stimmen in den vielen „Nachhaltigkeitsfonds“ im Sinne klar messbarer ökologischer und sozialer Leistungsindikatoren tatsächlich wahrgenommen werden würden.

Welche nachhaltigen Investorenzusammenschlüsse leisten besonders gute Arbeit?

Hier möchte ich das pan-europäische Investorennetzwerk Shareholders for Change (SfC) hervorheben. Das Netzwerk bildet eine Gruppe institutioneller Investoren, die sich aktiv mit Unternehmen auseinandersetzen, um eine gemeinsame Agenda zu fördern. Die Mitglieder des SFC-Netzwerks sind durch eine gemeinsame Vision sowie ihre gemeinsamen Werte in einer Vielzahl von Themen verbunden. Diese Werte stehen im Mittelpunkt ihrer Engagement-Aktivitäten und sind ein wesentlicher Bestandteil der eigenen Geschäftspraktiken der Mitglieder.

Nachhaltigkeit wird auch in der öffentlichen Wahrnehmung immer wichtiger. Gehen Unternehmen mit Kritik von Investoren mittlerweile anders um als noch vor einigen Jahren?

Ja. Die Kommunikation seitens der Investor Relations-Abteilungen großer Konzerne hat sich in den letzten Jahren sehr stark professionalisiert. Dies hängt wohl insbesondere mit einer zunehmenden Anzahl an Investorenanfragen zu Nachhaltigkeitsthemen zusammen, bestimmt aber auch damit, dass das Bewusstsein für eine mögliche Bepreisung von negativen Auswirkungen auf Umwelt und Gesellschaft zugenommen hat, die durch die Wirtschaftsaktivitäten der Konzerne entstehen. In Europa spielen sicherlich auch die neuen Reporting-Anforderungen, z.B. gemäß Taxonomie-Verordnung, eine bedeutende Rolle im internen Wissensaufbau bei Konzernen.


Krypto-Mining-Farm: Chip-Hersteller werden ungerne mit Bitcoin & Co. in Verbindung gebracht, profitieren aber vom hohen Hardware-Verschleiß der Farmen. / Foto: imago images

Beispiel Krypto-Mining: Ich denke, Halbleiterkonzernen ist klar, dass die bewusste Entscheidung, Chips nur zum Zwecke von Krypto-Mining-Aktivitäten zu produzieren und an entsprechende Unternehmen zu verkaufen, erhebliche indirekte Auswirkungen auf den weltweiten Energieverbrauch und die CO2-Emissionen hat. Die Konsequenzen einer CO2-Bepreisung analog zur Stahl-, Zement- oder Aluminiumproduktion wären für die noch junge Industrie verheerend. Deshalb versuchen Halbleiterkonzerne, ihre Geschäfte mit Krypto-Chips möglichst nicht als solche zu bezeichnen, und sprechen in der Kommunikation zum Beispiel von „Custom Compute Groups“. Es ist daher umso wichtiger, dass verantwortungsvolle Investoren sich nicht nur durch offizielle Kommunikations- und Wissenskanäle informieren, sondern die Meinungsbildung zu wichtigen Themen bewusst auch durch andere Daten-Quellen unterstützt wird. Dieses Vorgehen ist bei Ethius unserem investigativen Engagement zuzuordnen.

Aktuell ist Krisenzeit. Beobachten Sie, dass Unternehmen und auch Investoren Nachhaltigkeitsthemen jetzt weniger wichtig werden, etwa wenn es um Energieversorgung geht?

Wir können aktuell kaum eine Veränderung auf Unternehmensseite feststellen, wohl aber im Abstimmungsverhalten institutioneller Investoren. Zum Beispiel wurden Umweltanträge, die fordern, dass Finanzkonzerne die Finanzierung von Projekten mit fossilen Brennstoffen einstellen, in der diesjährigen Hauptversammlungs-Saison alle abgelehnt. Bis dato konnten 14 solcher Anträge bei zwölf US-Finanzkonzernen beobachtet werden. Die meisten Anträge in dieser Kategorie, 13 von 14, beziehen sich auf das Ziel der Internationalen Energieagentur, die weltweit emittierten CO2-Emissionen in der Summe bis 2050 auf netto Null zu reduzieren. In diesem Zusammenhang fordern die Anträge, dass die betreffenden Unternehmen von Finanzierungs- oder Zeichnungstätigkeiten Abstand nehmen, die mit dem Szenario unvereinbar sind. Letztlich geht es um ein Ende der Finanzierung oder Übernahme neuer Projekte für fossile Brennstoffe. Bis diesen Sommer hat keiner dieser Vorschläge eine Unterstützung von mehr als 12,8 Prozent des Aktionariats erhalten.

Dieses Beispiel veranschaulicht die Wichtigkeit von demokratisch gebildeten Mehrheiten im Aktionariat, die durch die Stimmen der Investorinnen und Investoren gebildet werden können, und zeigt ebenso die Macht von Mittelsmännern wie z.B. Stimmrechtsvertretern, die heutzutage oftmals von Anbietern passiver Finanzprodukte wie beispielsweise ETFs beauftragt werden.

Was müsste sich an den Regelungen für Anträge auf Hauptversammlungen ändern, damit Investoren mehr nachhaltige Wirkung erzeugen können?

International bestehen leider noch gravierende Unterschiede bei den rechtlichen Möglichkeiten zur gezielten Anwendung des wirkungsvollen Instruments der „ESG-Resolutions“. In Deutschland können etwa das Rede- und Fragerecht, das neuartige „Say on Pay“, sowie die spezielle Möglichkeit des Gegenantrages das Management zwar zu unangenehmen Antworten drängen. Ohne die Abstimmungsmöglichkeit neuer Tagesordnungspunkte ist dies jedoch nur wenig effektiv.

In Deutschland ist es Aktionären gemäß §122 Aktiengesetz nur möglich, beschlussfähige Punkte auf die Tagesordnung zu setzen, wenn ihre Anteile zusammen den zwanzigsten Teil des Grundkapitals oder den anteiligen Betrag von 500.000 Euro erreichen. Und jedem neuen Punkt muss eine Begründung oder eine Beschlussvorlage beiliegen. Insgesamt bleiben die Fragen nach den Bedingungen und Voraussetzungen einer intakten Aktionärsdemokratie weiterhin sehr kontrovers.

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