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Darum bietet Degussa kein Fair-Trade-Gold an
Der Goldabbau zerstört die Umwelt - doch es gibt auch nachhaltig gefördertes Gold. Wieso setzt der Edelmetallhändler Degussa nicht auf Fair-Trade-Produkte?
Antworten auf diese Fragen gibt Wolfgang Wrzesniok-Roßbach, Sprecher der Geschäftsführung bei Degussa Goldhandel.
ECOreporter.de: Herr Wrzesniok-Roßbach, Degussa ist ja ein Goldhändler. In welchem Umfang lassen Sie selbst Gold produzieren?
Wolfgang Wrzesniok-Roßbach: Ja, die Degussa ist in erster Linie Edelmetallhändler. Seit 2014 betreiben wir jedoch auch eine eigene Scheideanstalt in Pforzheim. Dort wird vor allem die Wiederaufarbeitung (“Scheidung”) von alten Edelmetallen wie Schmuck, Investmentmetallen oder Produktionsabfällen betrieben. Aus den recycelten Edelmetallen werden dann, wo immer möglich, unsere Degussa-Barren sowie Vorprodukte für die Schmuckindustrie, so genannte Halbzeuge, hergestellt. Dadurch führen wir die wiedergewonnenen Rohstoffe zurück in den Edelmetallkreislauf ein.
Bei der eigentlichen Fertigung der Barren arbeitet die Degussa mit namhaften Edelmetallscheideanstalten in der Schweiz und in Deutschland zusammen. Diese sind nach dem weltweit anerkannten "London Good Delivery Standard" zertifiziert und haben sich den strengen Richtlinien beispielsweise der London Bullion Markt Assoziation, der OECD oder des Responsible Jewellery Council (RJC) unterworfen.
Es gibt also bestimmte Compliance-Richtlinien für Ihren Goldhandel. Aber wieso hat Degussa keine Fair-Trade-Produkte im Angebot?
Ich glaube, dass das Fair Trade System nur ein Teilaspekt des ganzen Themas ist und auch nur eine teilweise Lösung für soziale und umweltpolitische Themen rund um das Gold sein kann. Viel wichtiger wäre es, statt mit Hilfe solcher Siegel einige wenige Minengesellschaften zu protegieren und den Rest dadurch möglicherweise zu stigmatisieren, dass die Situation in den globalen Bergbauregionen insgesamt verbessert wird. So müsste überall mehr in die Bekämpfung von Korruption, die Beseitigung von sozialen Missständen und in Bildung investiert werden, letzteres auch, um auch das Bewusstsein der ärmeren, privaten Goldsucher, die im Einzelfall immer noch viel zu viel mit Schadstoffen hantieren, zu schärfen.
Auch müssten endlich Strukturen in den Bergbauländern geschaffen werden, die überall für ein faires Ankaufssystem, das an das Einhalten von Umwelt- und Sozialstandards gekoppelt wird, sorgen. Hierfür sollten sich supranationale Organisationen und NGOs am besten direkt vor Ort engagieren, leider erfolgt bis jetzt in dieser Hinsicht noch zu wenig.
Stattdessen sehen wir seit Jahren eine Entwicklung, dass die seriösen Scheideanstalten in den westlichen Ländern sich durch den öffentlichen Druck, dem sie unterliegen, aus immer mehr Bereichen zurückziehen und so am Ende die lokalen Kleinförderer und ihre Familien in die Arme von skrupellosen Aufkäufern aus dem arabischen Raum oder dem Fernen Osten getrieben werden. Ich würde es jedoch bevorzugen, dass alles neu geförderte Gold der Welt zu möglichst guten Bedingungen für die Menschen in den Fördergebieten und für die Umwelt dort produziert wird und nicht nur ein kleiner Teil.
Wird faires Gold überhaupt bei Ihnen nachgefragt?
Unsere Kunden thematisieren die Frage von umweltfreundlich und sozial verantwortlich gefördertem Gold eher selten. Ich bin aber überzeugt, dass dieser Aspekt ihnen dennoch wichtig ist. Sie vertrauen allerdings darauf, dass wir als ethisch verantwortungsbewusstes Unternehmen über unsere Kontakte unseren Teil dazu beitragen, dass das Gold, an dessen Förderung weltweit Millionen von Arbeitsnehmern und deren Familienangehörige hängen, ein sauberer und zukunftsträchtiger Rohstoff ist.
Experten raten, einen kleinen Anteil Gold im Depot zu haben. / Foto: arahan, Fotolia
Welchen Anteil am Umsatz hat Recyclinggold bei Degussa?
An unserem Geschäftserfolg hat das Thema Goldankauf und -recycling einen immer wichtigeren Anteil. So beobachten wir seit Jahren eine bundesweit stetig steigende Nachfrage nach unseren Dienstleistungen in diesem Bereich, seit 2015 sind zum Beispiel die Mengen des in unseren Niederlassungen angekauften "Altgolds" um rund 40 Prozent gestiegen. Um immer stärker auch Kunden außerhalb des Einzugsbereichs unserer Niederlassungen anzusprechen, bieten wir seit kurzem auch die Möglichkeit, Altgold per Post oder Kurier einschicken und bewerten zu lassen.
Arbeiten Sie direkt mit Minengesellschaften zusammen?
Die Degussa verfügt über keinerlei eigene Kontakte zu Minen, auch arbeiten wir kein Rohmaterial auf, dass aus Minen stammt. Unsere Partner andererseits, die durchaus zu Minen Geschäftsbeziehungen unterhalten, unterliegen dabei ja strengen in- und externen Vorgaben hinsichtlich der Verarbeitung von Minenmaterial. Bei Besuchen in deren Fabriken lassen wir uns deshalb auch immer wieder die Ströme des Goldes erklären und bewerten diese dann.
Wir haben von daher keinerlei Zweifel, dass besonders die Scheideanstalten, mit denen wir zusammenarbeiten, über ausgeklügelte Kontrollen verfügen und auch halten, was sie in diesem Bereich versprechen. Für uns ist wichtig und entscheidend, dass sie sich an Standards wie zum Beispiel die OECD-Richtlinien für international tätige Unternehmen halten und sauberes Material liefern.
Eine Studie der London Business School und der Credit Suisse zeigt: Im Vergleich zu Aktien (5,3 %) oder Anleihen (4,4 %) bringt das vermeintlich sichere Gold jährlich deutlich weniger Rendite (0,7 %), betrachtet man die vergangenen 50 Jahre. Wieso sollten Anleger trotzdem auf Gold setzen, und welchen Anteil empfehlen Sie für ein Depot?
Die Vergleiche mit Aktien oder Anleihen führen meist in die Irre. Gold ist für viele Anleger eine Art Vermögensversicherung, weniger ein spekulatives Investment, schon gar nicht in kurzfristigen Zeiträumen gedacht. Politische und wirtschaftliche Entwicklungen und Unsicherheiten wie Schulden- und Eurokrise, geo-politische Konflikte etc. machen den Menschen Sorge. Gerade in Deutschland existiert ein tiefes Bewusstsein dafür, dass es extreme Situationen geben kann, in denen Gold eine ultimative Sicherheit für das Vermögen darstellt. Das ist durchaus berechtigt, denn wenn es wirklich zum Schlimmsten käme, würde der Goldpreis wahrscheinlich massiv zunehmen und so die Verluste in anderen Anlageklassen, wie Aktien oder Staatsanleihen, abfedern.
Insofern ist Gold auch für den Normalanleger eine sinnvolle Portfolioergänzung. Wenn man der Meinung ist, dass man auch in Sachwerte investieren möchte, ist Gold deshalb sehr gut geeignet. Überinvestieren sollte man natürlich aber auch beim Gold nicht, deshalb raten wir, wie andere Anlageexperten auch zu circa 5 bis 10, maximal 15 Prozent des Vermögens zu halten. Mehr sollten es in der aktuellen Lage nicht sein.
Herr Wrzesniok-Roßbach, wir danken Ihnen für die Antworten!