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Finanzdienstleister, Gut erklärt - Mikrofinanzen
Ist moralische Geldanlage rentabler?
Geld mit Wirkung, Impact Investing. Darauf ist Edda Schröder spezialisiert. Sie managt Mikrofinanzfonds. Im Interview verrät sie, wieso Mikrofinanzfonds sowohl aufgrund ihrer Wirkung als auch aufgrund ihrer Rendite für Anleger attraktiv sind.
Was ist das für ein Gefühl, zum ersten Mal in ein afrikanisches Dorf zu kommen, um sich Investitionen in Schulen und kleine Solaranlagen anzuschauen? Und wie ist das Gefühl bei der Rückkehr in die Finanzstadt Frankfurt, in den Gesprächen mit Investoren, wenn es um Zahlen, Zinsen und Dollarkurse geht? Edda Schröder ist eine erfolgreiche Fondsmanagerin. Die Fonds, die sie managt, sind sozial, nachhaltig, rentabel und sicher: Mikrofinanzfonds, die sinnvolles Wirtschaften in Schwellen- und Entwicklungsländern möglich machen. Als Schröder sich diesem Thema vor zwölf Jahren zu widmen begann, war es bei den etablierten Investoren nicht auf dem Radar. Heute ist das Thema Mikrofinanz auch dank Schröder groß. Sie managt mittlerweile 600 Millionen Euro, die Anleger ihr anvertraut haben. Im Interview verrät sie, was sie aufregt und was der Wunsch, mit Geld etwas Gutes zu bewirken, hervorbringen kann.

Das Interview finden Sie als PDF-Dokument zum Download auch hier.
ECOreporter: Frau Schröder, ab wann ist eine Geldanlage für Sie erfolgreich?
Schröder: Wenn sie Wert schafft und eine positive Wirkung hat. Im heutigen Zinsumfeld muss man sagen: Alles über Null ist gut, alles über der Inflationsrate noch besser.
Und bei der Wirkung?
Nehmen wir ein Beispiel. Ich schaue mir Schulen, die meistens privat organisiert sind, in Entwicklungsländern an. Auch da geht es um ein Investment. Wenn man mit diesem Investment erreicht, dass Kinder zur Schule gehen können, denen das sonst nicht vergönnt wäre – das hat Wirkung. Oft fehlt es schon an den entsprechenden sanitären Anlagen für die Kinder, oder sie bekommen kein sauberes Wasser.
Oder im ökologischen Bereich: Afrikanische Dörfer mit Solarstrom zu versorgen, da haben Investments auch eine Wirkung. Für solche Projekte steht aber oft der Aufwand der Analyse mit der Größe des Investments im Widerspruch. Für Investitionen von 200.000 oder 500.000 Euro ist der Aufwand für große Investoren – auch für öffentliche – zu hoch. Die großen Beträge fließen meist in riesige Infrastrukturprojekte, nicht in kleinteilige Vorhaben. Aber auch diese kleinteiligen Investitionen sind wichtig! Und hier gibt es viele Beispiele: Solaranlagen für Schulen in Kamerun; sanitäre Anlagen in Schulen; Frauenprojekte, die dazu führen, dass sie ihre Produkte besser auf Märkten verkaufen können und viele mehr.
Sehen Sie sich solche Projekte selbst vor Ort an?
Ja, zum Beispiel in Kamerun. Dort war ich zwei Mal eine Woche lang, um mir ein Schulprojekt und das Projekt für die Frauen anzuschauen.
…und mit welchem Gefühl gehen Sie die ersten Schritte in ein Dorf?
Ich bin aufgeregt! Und manchmal komme ich mir zu hektisch vor, zu europäisch – ich muss erst herunterkommen. Es gibt keinen Strom und kein Wasser in dem Dorf in Kamerun, die Unterkunft ist manchmal nicht so sauber wie wir das gerne hätten... das dauert immer einige Tage bis zur Gewöhnung. Aber es ist immer wieder eine Bereicherung, andere Kulturen und Sitten und Gebräuche kennen zu lernen. Oft komme ich ‚geerdet‘ zurück.
Wenn Sie dann zurück in Deutschland sind und mit Investoren über Rendite sprechen – ist der Sprung schwierig?
Nein, über Rendite zu reden, ist kein Problem. Aber die Ignoranz, auf die man manchmal stößt – es ist teilweise schwierig, damit umzugehen. Dieses ‚da kann man doch niemandem trauen, die sind alle korrupt‘, da fällt es mir schwer, mich zurückzuhalten.
Meiner Meinung nach können wir den Menschen in anderen Ländern nicht einfach unseren ‚Lebensstil oder unsere Kultur‘ auferlegen. Nach dem Motto, wir haben das schon alles hinter uns, so solltet ihr es auch machen. Beispielsweise in der Gleichberechtigung: In Kamerun gibt es ca. 366 sogenannte Dorfkönige, jeder kann mehrere Frauen heiraten... Welches Recht habe ich, dazu etwas zu sagen? Wenn es die Situation erlaubt, kann ich fragen, was die Frauen empfinden. Manchmal dürfen sie etwas sagen. Und nicht selten höre ich, dass sie sich gleichberechtigt fühlen, eingebunden in ihrer Tradition, in ihren Lebensbedingungen.
Natürlich, wir sagen etwas dazu, wenn es um ausbeuterische Kinderarbeit geht. Aber wenn die Männer erst am späten Nachmittag aufstehen, während die Frauen ab fünf Uhr morgens auf dem Markt das Geld verdienen – klar nervt mich das.
Was können Sie tun, um die Verhältnisse zu ändern, was ist moralisch vertretbar?
Wir investieren quasi ‚von unten‘ in die Menschen. In Schulen, in Bildung, in Chancen. Moralisch gut ist das, was wir so empfinden. Andere Völker können das jedoch ganz anders sehen. Ökologie und Soziales, das hat alles seinen Wert. Wir versuchen, das auch durch unsere Investitionen in die Länder zu bringen. Aber nicht jede Kultur, nicht alle Lebensumstände sind dafür geeignet und dazu bereit. Da ist ein langsames Heranführen zum Beispiel durch Bildung nötig.
Haben wir einen Trend zu Nachhaltigkeit, der sich gerade erst aus der Nische herausentwickelt und damit auch finanziell erfolgreich werden kann?
Ganz pragmatisch gesehen haben wir ein niedriges Zinsumfeld. Und viel Liquidität im Markt. Ohne diese beiden Bedingungen wäre der Zuwachs im nachhaltigen Bereich nicht in dem Umfang vorhanden. Nachhaltiges Investment hat mehr Zuspruch, ja, aber die Nachhaltigkeit ist es nicht alleine. Trotzdem setze ich darauf, dass das nachhaltige Investment weiter zunimmt. Wenn ich das Beispiel Mikrofinanz nehme: Ich verbreite die Botschaft über dieses Thema nun seit zwölf Jahren, und oft passierte lange Zeit scheinbar: nichts. Und nun ist es auf einmal ‚trendy‘. Man kann eben nicht vorhersehen, was wie wirkt und wann oder ob etwas plötzlich Erfolg hat. Seit einiger Zeit sind beispielsweise die Pensionskassen dabei, auf Impact Investing umzustellen, also auf Geldanlage mit ökologischer, sozialer oder ethischer Wirkung. Das wird sich hoffentlich auf andere Investorengruppen auswirken – wieder ein Schritt weiter.
Zur Person Edda Schröder:
Edda Schröder ist Gründerin und geschäftsführende Gesellschafterin von Invest in Visions, einem auf Impact Investing spezialisierten Finanzunternehmen aus Frankfurt. Sie ist auch Mitglied im Aufsichtsrat der UmweltBank.
Die Westfälin, die gerne Bergwanderungen unternimmt und Rad fährt, begann ihre Karriere Mitte der 1990er Jahre im Vertrieb und Marketing bei Fleming Funds Management (heute JP Morgan Asset Management). Ihre nächste Station war die britische Fondsgesellschaft Schroders, wo sie als Geschäftsführerin den Vertrieb von Publikumsfonds in Deutschland und Österreich verantwortete. 2006 machte sie sich mit Invest in Visions selbstständig und startete 2011 den ersten deutschen Mikrofinanzfonds.
Und wie entwickeln sich die Renditen in Ihrem Arbeitsfeld, der Mikrofinanz?
Man kann nur schwerlich vergleichen, aber Mikrofinanzen schneiden oft besser ab als andere Anlageklassen. Weil sie nicht so schwankungsanfällig sind. Es gibt oft den Vorwurf, dass Mikrofinanz zu teuer sei. Aber wir sprechen hier über ein sehr kleinteiliges Geschäft, das ist immer teuer. Nichtsdestotrotz haben sich die Renditen in der Vergangenheit gut und stabil entwickelt. Die Herausforderung zur Zeit sind die hohen Währungsabsicherungskosten. Eine Anlage in Mikrofinanzfonds korreliert wenig mit anderen Anlageklassen und ist nur gering schwankungsanfällig.
Wir haben beispielsweise einmal die Anlageklasse Private Equity, also Risikokapital, mit der Eigenkapitalrendite der Mikrofinanzinstitute verglichen. Und da war das Ergebnis: Die Rendite der Mikrofinanzinstitute war absolut vergleichbar! Wohlgemerkt – die der Mikrofinanzinstitute, nicht die Rendite der Fonds. Die ist niedriger, aber ausgeglichener, weil die Fonds sehr viele Mikrofinanzinstitute finanzieren, also breit streuen.
Sie sind Managerin dreier Mikrofinanzfonds. Es ist Ihnen gelungen, das Volumen in drei Jahren um ein Vielfaches zu steigern; die gesamte gemanagte Summe liegt derzeit bei 600 Millionen Euro. Was bewegt die Menschen, Ihnen so viel Geld anzuvertrauen?
Das ist unterschiedlich. Institutionelle Anleger, Dachfonds oder Vermögensverwalter schätzen die geringe Korrelation zur Börse und die geringere Volatilität – wir sind in Risikoklasse zwei, das ist kein hohes Risiko! Und dann mögen sie die stetige Rendite. Und die soziale Komponente. Bei Privatpersonen liegt die Ursache für das gewachsene Interesse vielleicht etwas anders: Sie sehen erst das Gute, das ein Mikrofinanzfonds bewirkt. Und dann gibt es noch einen Schnaps Rendite obendrauf, bei relativ geringem Risiko – das kommt an.
Aktien sind in den letzten Jahren im Schnitt gut gelaufen. Da fragt man sich als Kleinanleger doch: Warum haben die großen Investoren auch Mikrofinanzfonds im Blick?
Wegen der Portfoliodiversifizierung. Auch institutionelle Anleger diversifizieren ihr Portfolio. Mikrofinanz ist eine Beimischung. Ein Satellit.
Bei Family Offices, also den Verwaltern größerer Vermögen, ist es zudem oft die jüngere Generation, die das Geld auch sozial anlegen möchte, oder ökologisch. Das ist in solchen Fällen stärker ausgeprägt als bei der älteren Generation. Und die Profis in den Family Offices wollen den Vermögensinhabern auch manchmal ein anderes Anlage-Thema vorschlagen.

Der IIV Mikrofinanzfonds refinanziert vor allem Mikrokredite für Frauen. / Foto: Invest in Visions
Hand auf‘s Herz: Wenn Sie eine Milliarde Euro nach Ihren Vorstellungen anlegen sollten, würden Sie auch nicht-nachhaltige Geldanlagen ins Auge fassen?
Bei einer Million nicht, bei einer Milliarde schon eher (lacht)... Es kommt ja darauf an, wie schnell ich das Geld investieren muss. Wenn ich genügend Zeit habe, kann ich länger aussuchen – schnell geht beim nachhaltigen Investment mit solchen Volumina nicht gut, es sei denn, ich investiere in nachhaltige Aktien- und Rentenfonds.
Sich ökologischer, sozialer, insgesamt nachhaltiger zu verhalten, das ist im Alltag manchmal teurer. Kostet es auch bei der Geldanlage – nämlich Rendite?
Ich glaube nicht. Eine nachhaltige Geldanlage muss nicht weniger Rendite bringen als eine konventionelle. Natürlich, wenn man Aktienfonds betrachtet, dann haben die nachhaltigen ein kleineres Universum. Aber wenn ich mir Einzelunternehmen anschaue – Recycling beispielsweise muss ja keine schlechte Rendite aufweisen. Und dann gibt es Beispiele dafür, dass ich gute Renditen mit sehr guten Wirkungen kombinieren kann. Es gibt etwa Finanzierungen für Schulen in Indien, in die können Family Offices einsteigen. Man müsste diesen Bereich für das breitere Publikum bekannter machen und vermarkten – das könnte erfolgreich werden. Für alle Seiten!
Fehlt da Geld?
Geld vielleicht in der heutigen Zeit nicht, jedoch die Überwindung, in exotische Länder zu investieren, außerhalb des börsennotierten Kapitalmarktes. Eine Schule oder eine Solaranlage in Afrika finanziert zu bekommen, das ist immer noch nicht einfach. Da braucht es Menschen, die dafür offen sind.
Frau Schröder, wir danken für das Gespräch!