Screenshot von LeihDeinerUmweltGeld.de. Auf Anfragen wird bei der Plattform schon seit Monaten nicht mehr reagiert. / Screenshot: ECOreporter

  Crowd-Investment, Wachhund

Keine Projekte, keine Kommunikation: Was ist los auf LeihDeinerUmweltGeld?

Die Crowd-Investment-Plattform LeihDeinerUmweltGeld (abgekürzt: LDUG) ist für Anfragen nicht erreichbar, und auf der Seite gibt es aktuell kein Projekt, in das Anlegerinnen und Anleger investieren können. ECOreporter hat beim Betreiber der Plattform nachgehakt.

Die Warteschleife gibt es noch: Wer die LDUG-Hotline anruft, der hört – in einer für schwerhörige Menschen komfortablen Lautstärke – Fahrstuhlmusik und eine Bandansage, die mitteilt, dass der nächste freie Mitarbeiter für das eigene Anliegen reserviert sei. Allein: Dieser Mitarbeiter nimmt den Hörer nicht ab. Handgestoppte 31 Minuten und 27 Sekunden ist die längste Zeit, die ein ECOreporter-Redakteur bei mehreren Versuchen in der Warteschleife verbracht hat - letztlich erfolglos.

Kein aktuelles Angebot

Auch E-Mails laufen bei der Plattform offenbar ins Leere. Schriftliche Anfragen bleiben unbeantwortet, egal ob direkt an die Adresse der auf der Seite aufgeführten Pressesprecherin verschickt oder über das Online-Kontaktformular – wer Letzteres nutzt, erhält allerdings noch eine automatische Eingangsbestätigung.

Ein Leser hatte ECOreporter auf das Problem aufmerksam gemacht. Diversen Internet-Beiträgen zufolge, etwa auf kritische-anleger.de, besteht das Problem bereits seit Monaten: Reihenweise beschweren sich dort Nutzer, auf Anfragen werde nicht reagiert, telefonisch sei niemand erreichbar. Hinzu kommen schlechte Erfahrungen mit durch die Plattform vermittelten Projekten, gerade bei Immobilien.

Unter "Aktuelle Projekte" bietet LDUG derzeit lediglich das Nachrangdarlehen Wattner SunAsset 10 an – dieses ist allerdings bereits vollständig platziert. Anlegerinnen und Anleger finden also derzeit kein Angebot auf LDUG, in das sie investieren könnten.

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Betreiber von LDUG ist die Portagon GmbH, die bis Sommer 2021 CrowdDesk GmbH hieß. Hier immerhin gelingt die Kontaktaufnahme umgehend: Man sei sich bewusst, dass "LeihDeinerUmweltGeld.de in einigen Fällen bei der Kommunikation hinter den Erwartungen der Anleger:innen zurückgeblieben" sei, erklärt Nicolas Nonnenmacher, Head of Communication & Community, auf Anfrage von ECOreporter.

Der Grund sei, dass Portagon "in den vergangenen Jahren sein Geschäftsmodell stärker auf die eigene Software und den Betrieb anderer Plattformen ausgerichtet" habe. Beabsichtigt sei, "LeihDeinerUmweltGeld.de weiterzuentwickeln", dazu stehe man aktuell "im Austausch mit dem Investorenbeirat" von LDUG. Zuletzt habe man am 10. Januar gesprochen und wolle nun "zeitnah das weitere Vorgehen vorstellen".

Details dazu, wie genau diese "Weiterentwicklung" aussehen soll, nennt Nonnenmacher nicht. Anlegerinnen und Anleger werde man über die Situation informieren, "sobald wir dem Investorenbeirat das weitere Vorgehen vorgestellt und Verbesserungen umgesetzt haben". Mit anderen Worten: Vorerst wird es wohl bei der Funkstille von Seiten LDUG bleiben.

Zahlungsverzögerungen von Projekten würden weiter an investierte Anlegerinnen und Anleger kommuniziert. Dies erfolge elektronisch über Software. Und zu kommunizieren gibt es genug: Seit der Gründung 2013 hat LDUG 68 Projekte vermittelt, bei 21 davon gibt es aktuell Zahlungsverzögerungen.

Wie ist die finanzielle Situation bei Portagon?

Die Portagon GmbH selbst scheint aktuell finanziell abgesichert: Im Mai 2021 sicherte sich das Unternehmen über eine Finanzierungsrunde 8,5 Millionen Euro. Hauptkapitalgeber war das österreichische Investmentunternehmen Round2 Capital, das nach eigener Aussage insbesondere europäische Start-ups mit digitalen und nachhaltigen Geschäftsmodellen finanziert.

Die Geschäfte von Portagon waren zuvor nicht gut gelaufen. Für 2020 verbuchte das Unternehmen einen Nettoverlust von 1,5 Millionen Euro, 2019 lag das Minus bei 0,7 Millionen Euro. Zudem beliefen sich die Verbindlichkeiten Ende 2020 auf 2,3 Millionen Euro, die Summe aus offenen Forderungen und Cash-Beständen betrug hingegen nur 1,1 Millionen Euro. Bilanziell war Portagon Ende 2020 überschuldet. Das Unternehmen hatte eine Finanzspritze also bitter nötig.

Was können Anlegerinnen und Anleger nun tun?

Als Betreiberin von LDUG können sich Anlegerinnen und Anleger, die das Kommunikationsverhalten der Plattform bemängeln, an die Portagon GmbH wenden. Diese wird allerdings möglicherweise darauf verweisen, nur als Vermittlerin von Angeboten zu fungieren. Um Informationen zum Stand ihrer Investments zu erhalten, bleibt Anlegerinnen und Anlegern dann nur, direkt mit dem jeweiligen Anbieter in Kontakt zu treten.

ECOreporter rät bei Crowd-Angeboten grundsätzlich zur Vorsicht. Zur Altersvorsorge taugen Crowd-Projekte aus Sicht der Redaktion nicht. Einige hilfreiche Ratschläge zur Einschätzung von Angeboten, die um Ihr Geld werben, können Sie im Dossier Nachhaltige Crowd-Investments: Schlauer Schwarm? lesen.

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