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Leserfrage: Warum sind viele Fonds-Portfolios nicht aktuell einsehbar?
"Ich möchte Geld in nachhaltige Aktienfonds anlegen. Viele Fonds geben aber nur in den Jahres- und Halbjahresberichten alle Aktien an, die in ihnen enthalten sind. Wie passt das zum hohen Transparenz-Anspruch nachhaltiger Fondsanbieter?“ (Martina S.)
Wer Erdbeeren kauft, kann vor dem Bezahlen überprüfen, ob sich faule Früchte in der Schale befinden. Wer hingegen in Aktien- oder Anleihenfonds investieren möchte, muss oft die sprichwörtliche Katze im Sack kaufen. Die Fondsanbieter listen in den monatlich erscheinenden Factsheets zwar die zehn Wertpapiere mit dem größten Anteil am Fondsvolumen auf. Viele Fonds enthalten aber 70, 100 oder sogar 150 verschiedene Aktien oder Anleihen.
Sie wollen sich einen Überblick über komplette Portfolios verschaffen? Dann hilft in vielen Fällen nur das Durchwühlen der Jahres- und Halbjahresberichte. Das sind nicht sonderlich lesefreundliche Dokumente, oft mehrere hundert Seiten dick. Und die dort aufgeführten Portfolios sind manchmal schon ein Dreivierteljahr alt.
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Dieser Mangel an Transparenz findet sich nicht nur bei herkömmlichen Fondsgesellschaften wie Union Investment, DWS oder Deka, sondern auch bei nachhaltigeren Anbietern. Ökoworld, Pictet und Swisscanto beispielsweise geben ebenfalls nur die aktuellen Top-Ten-Werte ihrer Fonds an und verweisen ansonsten auf ihre Jahres- und Halbjahresberichte.
"Es wäre dumm, alle Unternehmen zu veröffentlichen“
"Würden wir alle Titel offenlegen, hätten andere Fondsmanager und Researcher viel Arbeit gespart, wenn sie unsere Portfolios nachbauen“, erläutert Ökoworld-Pressesprecher Gunter Schäfer auf Anfrage von ECOreporter. "Unsere Recherche ist einzigartig und teuer. Es wäre dumm, alle Unternehmen zu veröffentlichen.“
"Die aktuellsten Investmentideen und Umschichtungen im Portfolio sollen nicht sofort von den Mittbewerbern einsehbar sein“, sagt auch François Vetri, Head of Corporate Communications bei RobecoSAM. Die Schweizer Investmentgesellschaft veröffentlicht ihre Portfolios auf ihrer Website, allerdings mit einer Verzögerung von vier Monaten. Vetri dazu: "Die Publikation des Portfolios mit Zeitverzögerung ist Industriepraxis.“
Hohe Transparenz bei Kepler und Securvita
Keine Probleme mit der Bereitstellung aktueller Fondsdaten haben die österreichische Kapitalanlagegesellschaft Kepler-Fonds und der Hamburger Versicherungskonzern Securvita, der den GreenEffects NAI-Werte Fonds anbietet. Auf den Internetseiten beider Unternehmen finden sich tagesaktuelle Portfolios.
Die niederländische Triodos Bank und die Bonner Vermögensverwaltung Murphy & Spitz stellen die Zusammensetzung ihrer Fonds mit einer Verzögerung von drei Monaten online. Murphy & Spitz bietet darüber hinaus einmal pro Quartal ein Webinar an, in dem das Unternehmen über das komplette aktuelle Portfolio seines Umweltfonds Deutschland.
Steyler und terrAssisi: Daten auf Anfrage
Die Steyler Bank und terrAssisi gehen einen anderen Weg. Die beiden christlichen Fondsanbieter veröffentlichen außer in den Jahres- und Halbjahresberichten keine umfassenden Daten zur Zusammensetzung ihrer Fonds, schicken Anlegern auf Anfrage aber vollständige Portfolios zu – die Steyler Bank monatsaktuell, terrAssisi tagesaktuell.
"Wir stellen diese Informationen nicht täglich online, da dies für uns einen enormen administrativen Aufwand und Programmieraufwand bedeuten würde“, erklärt terrAssisi-Geschäftsführer David Reusch.
"Eine tägliche Aktualisierung bringt kaum einen Mehrwert für Anleger“
Die GLS Bank verzichtet momentan ebenfalls auf die Veröffentlichung von Portfolios außerhalb ihrer Jahres- und Halbjahresberichte. Die Bochumer Genossenschaftsbank prüft aber die Möglichkeit, zukünftig einmal pro Quartal komplette Portfolios online zu stellen. Außerdem gibt die GLS Bank jährliche Investitionsberichte heraus, in denen sie auf die Nachhaltigkeit aller investierten Unternehmen eingeht.
"Die Erläuterungen in den Investitionsberichten sind unseren Kunden wichtiger als die zeitnahe Auflistung aller Portfolio-Unternehmen“, sagt Karsten Kührlings, Abteilungsleiter Investmentfonds & Research bei der GLS Bank. Die Bank verfolge eine langfristige Anlagestrategie und habe bei ihrem GLS Bank Aktienfonds eine sehr niedrige Portfolio-Umschlagshäufigkeit von weniger als 20 Prozent pro Jahr. Das bedeutet vereinfacht gesagt: Im Laufe von zwölf Monaten werden von 90 Aktien weniger als 18 ausgetauscht. "Dies erklärt sicherlich, warum eine tägliche Aktualisierung der Portfolio-Darstellung kaum einen Mehrwert für Anleger bringt“, so Kührlings.
Die ECOreporter-Einschätzung
Natürlich ist es für Anleger komfortabel, wenn sie wie bei Kepler oder Securvita jederzeit sehen können, welche Unternehmen sich in den Portfolios befinden. Bei vielen nachhaltigen Fonds werden aber nur selten Unternehmen ausgetauscht. Daher ist es für die Einschätzung eines Fonds meist ausreichend, wenn die Portfolios drei, vier Monate alt sind.
Viele grüne Fondsanbieter bemühen sich, Daten mit dieser Zeitverzögerung bereitzustellen. Bei anderen ist in Sachen Transparenz noch Luft nach oben. Alles, was dazu beiträgt, dass Anleger sich nicht durch Jahres- und Halbjahresberichte kämpfen müssen, ist ein Schritt in die richtige Richtung.