Mit Mikrokrediten können sich Kleinstunternehmer in den ärmeren Gegenden der Welt eine Existenz aufbauen. / Foto: Pixabay, CC0-Lizenz

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Nachhaltige Geldanlage: Zwei Mikrofinanzfonds im Test

Mit Geld Gutes tun, weit weg von Börsenturbulenzen? Und eine solide Rendite erhalten? Das geht: mit Mikrofinanzfonds. Zwei dieser Fonds treten im ECOreporter-Test gegeneinander an.

2011 erhielt das Ehepaar Nert aus der vietnamesischen Provinz Prey Veng seinen ersten Mikrokredit – 125 US-Dollar. Mit dem Geld kauften die Nerts Reis und Ferkel, bauten sich eine Existenz als Landwirte auf. Als der erste Kredit zurückgezahlt war, nahmen sie einen zweiten auf. Neben ihrem Bauernhof errichteten sie einen kleinen Shop, in dem Handy-Akkus aufgeladen werden können. Mittlerweile ist daraus ein erfolgreicher Lebensmittelladen geworden, und das Einkommen der Eheleute reicht aus, um ihren Kindern eine Ausbildung zu finanzieren.

Wie den Nerts gelingt es vielen Kleinstunternehmern in ärmeren Weltgegenden, sich mit Mikrokrediten aus der Armut herauszuarbeiten. Das Kapital für diese Kredite sammeln Mikrofinanzfonds ein. Diese Fonds gelten als vergleichsweise sichere Anlageform. Das liegt auch an dem Weg, den das Geld nimmt: Zunächst verleiht der Mikrofinanzfonds das Geld an sogenannte Mikrofinanz-Dachorganisationen. Diese wiederum vergeben es an Mikrofinanzbanken vor Ort in den Zielländern. Die Mitarbeiter dieser Banken bringen das Geld zu den Kunden. Manchmal fahren sie dazu mit dem Moped durch den Dschungel. Auf dieselbe Art holen sie dann später Zinsen und Rückzahlungen ab.

Weil ein Mikrofinanzfonds in der Regel mit Dutzenden von Mikrofinanzinstituten zusammenarbeitet, verteilen sich die Risiken. Hin und wieder gerät zwar eine Mikrofinanzbank in Schwierigkeiten. Insgesamt haben sich die Mikrofinanzfonds in den letzten Jahren jedoch als sehr solide erwiesen – auch wegen der extrem guten Rückzahlungsmoral der Kreditnehmer. Schließlich ist ein Mikrokredit für viele Menschen, die sonst nie eine Bank betreten würden, eine oft einmalige Chance, sich eine Existenz aufzubauen.

Das Anlegerinteresse ist groß

Zwei Mikrofinanzfonds treten im Test gegeneinander an. Der 2011 aufgelegte IIV Mikrofinanzfonds war lange der einzige in Deutschland zum Vertrieb zugelassene Mikrofinanzfonds. IIV ist keine römische Ziffernfolge, die Buchstaben stehen für "Invest in Visions“. Edda Schröder hat den Fonds gegründet und leitet die Invest in Visions GmbH aus Frankfurt. Zweiter Testfonds ist der KCD Mikrofinanzfonds – III. KCD steht für Kirche – Caritas – Diakonie. Die Bank im Bistum Essen (BiB) startete den Fonds 2015. Die katholische Kirchenbank investiert selbst seit vielen Jahren im Bereich Mikrofinanz.

Beide Fonds stoßen auf starkes Anlegerinteresse. Von Juni 2017 bis September 2019 ist das Volumen des IIV Mikrofinanzfonds von 415 auf 732 Millionen Euro gestiegen. Der KCD Mikrofinanzfonds – III wuchs im gleichen Zeitraum von 56 auf 90 Millionen Euro.

Stabile Wertentwicklung

Beim IIV Mikrofinanzfonds betrug der Wertzuwachs von Oktober 2018 bis Oktober 2019 1,1 Prozent. Der KCD Mikrofinanzfonds – III legte in diesem Zeitraum um 2,4 Prozent zu. Ein gutes Ergebnis, denn seit 2018 erreicht kaum noch ein Mikrofinanzfonds die früher üblichen Wertsteigerungen von jährlich 2 bis 3 Prozent. Das Zinsniveau ist in vielen Ländern gesunken, zudem drängen immer mehr Anbieter in den Mikrofinanzsektor. Vom gestiegenen Wettbewerbsdruck profitieren vor allem die Kreditnehmer: Sie erhalten ihre Darlehen zu günstigeren Konditionen.

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Trotz der geringeren Wertsteigerungen bewegen sich die Kurse der Mikrofinanzfonds weiterhin ohne größere Schwankungen aufwärts. Keiner der beiden getesteten Fonds hat bislang einen Jahresverlust erlitten. Und wenn in einem Monat ein Minus anfiel, lag es selten höher als 0,1 Prozent. Das Geschäft mit Mikrokrediten verläuft weitgehend unabhängig von den Börsen – im Gegensatz zu Investments in Aktien oder Anleihen. Daher eignen sich Mikrofinanzfonds auch für Anleger mit höherem Sicherheitsbedürfnis.

Jahresgebühren bei 2 Prozent


Mikrofinanzinstitute sind für viele Menschen die einzige Chance, einen Kredit zu bekommen.

Mikrofinanzfonds verursachen einen hohen Verwaltungsaufwand. Hier geht es schließlich nicht um schlichte Aktienkäufe, sondern darum, Geld an Mikrofinanzinstitute in meist fernen Ländern zu verleihen. Das führt zu hohen Personalkosten. Daher betragen bei den Fonds von Invest in Visions und der Bank im Bistum Essen die jährlichen Gesamtkosten (TER, Total Expense Ratio) für den Anleger etwa 2 Prozent der Anlagesumme. Die TER beinhaltet alle Kosten: Verwaltungsgebühren, Betriebskosten, Depotbankgebühren und andere. Nicht enthalten ist der einmalige Ausgabeaufschlag, der bei dem Investment in einen Fonds anfällt. Er beträgt bei beiden Mikrofinanzfonds 3,0 Prozent.

Einen Aktienfonds kann man von einem Werktag auf den anderen verkaufen. Bei Mikrofinanzfonds ist das nicht so kurzfristig möglich. Schließlich ist der Großteil des Kapitals in Krediten gebunden. Bei den beiden getesteten Fonds können Anleger einmal im Quartal Anteile zurückgeben. Der Kauf ist hingegen monatlich möglich.

Mikrofinanzfonds mit nachhaltiger Wirkung

Der IIV Mikrofinanzfonds und der KCD Mikrofinanzfonds – III haben eine sehr hohe soziale Wirkung. Denn in armen Regionen der Welt kann eine Schneiderin oft schon mit einem kleinen Kredit eine Nähmaschine erwerben und sich selbstständig machen. Herkömmliche Banken vergeben aber solche Kleinstkredite meist nicht. Sie befürchten dabei mehr Aufwand als Ertrag. Vor allem aber leben in Schwellen- und Entwicklungsländern viele Menschen nicht in der Nähe einer Bank. Sie könnten sich vielleicht Geld bei einem lokalen Kredithai leihen, die Zinsen sind dann aber exorbitant hoch. Mikrofinanzen helfen hier. Dabei sind auch die Mikrokredite nicht billig, sie werden meist mit 15 bis 30 Prozent pro Jahr verzinst, zuweilen noch höher. Das ist stattlich, liegt aber noch weit unter den Tarifen lokaler Geldverleiher.

Die Zinsen sind meist auch nur prozentual für die Kreditnehmer sehr hoch – die realen Summen sind oft niedrig. Denn wenn ein Kreditsachbearbeiter per Moped 500 Dollar zu einem Kunden im Dschungel bringt, ist das teuer. Der Zinsaufwand liegt dennoch pro Halbjahr (und bei einem Zinssatz von 20 Prozent) nur bei 50 Dollar. Dicke Gewinne fahren Mikrofinanzinstitute mit solchen Krediten nicht ein.

Sorgfältige Prüfung

Beide Fonds wählen die Mikrofinanzinstitute, mit denen sie zusammenarbeiten, nach eingehenden Prüfungen aus. Die Fonds legen Wert darauf, dass die Mikrofinanzinstitute außer Krediten weitere Dienstleistungen anbieten, zum Beispiel Sparmöglichkeiten und Versicherungen, etwa gegen Ernteausfälle. Die Mikrofinanzinstitute müssen nachweisen, dass ihre Zinsen angemessen sind und dass sie die Mikrokreditnehmer kompetent betreuen. Wenn die Mikrokredite der Umwelt nutzen, fließt das in die Bewertung durch die Fondsmanager ein. Entscheidend ist aber der soziale Nutzen der Darlehen. Die Bank im Bistum Essen baut bei der Auswahl der Mikrofinanzinstitute für den KCD Mikrofinanzfonds - III auf die umfassende Erfahrung ihrer eigenen Experten. Der IIV Mikrofinanzfonds setzt auf die Unterstützung durch Agenturen, die auf Mikrofinanzen spezialisiert sind.

Leichte Mängel bei der Transparenz

Die Jahres- und Halbjahresberichte der Anbieter listen die Mikrofinanzinstitute auf, an die die Mikrofinanzfonds Darlehen vergeben haben. Invest in Visions informiert darüber hinaus regelmäßig auf seiner Homepage über ausgewählte Mikrofinanzinstitute und einzelne Kreditnehmer. Anleger des KCD Mikrofinanzfonds - III erhalten weniger Informationen. Dafür trägt der Fonds aber das LuxFLAG-Label. Dieses Label der unabhängigen Non-Profit-Organisation Luxembourg Finance Labelling Agency garantiert, dass die Anlegergelder tatsächlich im Mikrofinanzbereich investiert werden.

Überzeugende Gesamtleistung

Beide Fonds haben im Vergleichstest überzeugt. Der IIV Mikrofinanzfonds ist einen Tick transparenter, der KCD Mikrofinanzfonds – III hat sich zuletzt besser entwickelt. Unter dem Strich schneiden beide Fonds etwa gleich gut ab. Für Anleger sind die Fonds überzeugend: Sicher, stabil, sehr nachhaltig. Und in der aktuellen Niedrigzinsphase kann auch die Rendite durchaus mithalten.

Den ausführlichen Einzeltest des IIV Mikrofinanzfonds können Sie sich hier als gestaltetes PDF herunterladen. Der Test liefert eine detaillierte Analyse des Fonds und Noten für alle getesteten Bereiche.

Den Einzeltest des KCD Mikrofinanzfonds – III finden Sie hier - ebenfalls als PDF.

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