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Schokolade: Genuss mit bitterem Beigeschmack
Weihnachten ist das Fest der Schokokugeln und Schokoladenweihnachtsmänner. Die Bauern, die den Kakao für die oft hochpreisigen Produkte anbauen, haben laut Recherchen des renommierten Bonner Südwind-Instituts wenig zu feiern.
Obwohl viele Schokoladenprodukte ein Nachhaltigkeits- oder Fairness-Siegel tragen, leben die meisten Kakaobauern in den tropischen Anbaugebieten weiterhin in Armut. Für viele hat sich die Situation zuletzt sogar verschlechtert.
„Die Kakao- und Schokoladenindustrie muss endlich ihre Lieferketten umbauen und dauerhaft bessere Preise zahlen“, fordert der Kakaoexperte Friedel Hütz-Adams vom Südwind-Institut. „Die Situation vieler Kakao anbauender Familien hat sich in den letzten Jahren verschärft. Die Coronakrise, massive Preissteigerungen für Grundnahrungsmittel und Dünger durch den Ukraine-Krieg sowie ein über Jahre niedriger Kakaopreis sind Ursachen dafür, dass der größte Teil der Familien weiterhin unter der Armutsgrenze lebt. Viele Haushalte haben Probleme, täglich drei Mahlzeiten auf den Tisch zu stellen. Hinzu kommen häufig Kinderarbeit, schlechte Arbeitsbedingungen, unsachgemäßer Umgang mit Pestiziden und viele weitere Probleme. Von Nachhaltigkeit kann noch lange nicht die Rede sein.“
Es helfen nur höhere Kakaopreise
Seit mehr als zwei Jahrzehnten versprächen Kakao- und Schokoladenunternehmen eine Verbesserung der Situation. Geschehen sei bislang aber viel zu wenig. „Letztendlich wissen alle Unternehmen im Sektor, dass die schnellste und effizienteste Methode zur Einkommenssteigerung die Anhebung der Kakaopreise ist. Lange Zeit war die Industrie jedoch nicht bereit, mehr für Kakao zu zahlen. Zugleich fuhr ein Großteil der Unternehmen in den letzten Jahren Rekordgewinne ein“, so Hütz-Adams.
Der Südwind-Fachmann sieht Deutschland in einer besonderen Verantwortung, denn rund 10 Prozent der Kakao-Welternte werden hierzulande verarbeitet. Immerhin sei in Deutschland durch das Anfang des Jahres in Kraft getretene Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz der Druck auf die Unternehmen gestiegen, Armut in der Lieferkette nachhaltiger zu bekämpfen. Hütz-Adams: „Letztendlich sind veränderte Einkaufspraktiken erforderlich, um die Vorgaben des Gesetzes zu erfüllen. Die Unternehmen müssen langfristige Verträge mit den Bäuerinnen und Bauern sowie deren Kooperativen abschließen. Dazu gehören Preise, die endlich existenzsichernde Einkommen ermöglichen.“
Hütz-Adams sieht derzeit ein geeignetes Zeitfenster für nachhaltige Veränderungen: „Aufgrund einer – bedingt durch die Klimakrise – sehr schlechten Ernte sind die Kakaopreise in den letzten Monaten massiv gestiegen. Zugleich zeigt sich, dass trotz des hohen Preisniveaus die Unternehmen weiterhin in großen Mengen Schokolade verkaufen können, da der Kakaopreis nur einen geringen Prozentsatz der Kosten für eine Tafel Schokolade ausmacht. Die Unternehmen sollten daher, selbst wenn der Weltmarktpreis wieder fällt, an die sie beliefernden Bäuerinnen und Bauern weiterhin mindestens die derzeitigen Preise auszahlen. Das würde viele menschenrechtliche Probleme im Sektor massiv reduzieren oder sogar beenden.“