Finanzberatung in Deutschland ist oft zu teuer und orientiert sich nicht an den Bedürfnissen der Kundinnen und Kunden - auch beim Thema Nachhaltigkeit. / Foto: Pixabay

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Studie: Provisionsberatung kostet 1,7 % Rendite

ECOreporter rät: Egal ob Provisions- oder Honorarberatung – gegen schlechte Anlageempfehlungen schützt vor allem finanzielle Bildung. Informieren Sie sich vor Beratungsgesprächen über Finanzprodukte und klären Sie Ihren eigenen Bedarf. Wie lange wollen Sie Ihr Geld anlegen? Wie viel Risiko möchten Sie eingehen? Verstehen Sie, wie die Produkte funktionieren?

1,7 Prozent mehr Rendite: So viel erzielen private Investoren laut den Regensburger Forschern im Schnitt in Ländern, in denen Provisionen verboten sind. Die jährlichen Investment-Erträge könnten demnach alleine in Deutschland 98 Milliarden Euro höher sein, in ganz Europa 375 Milliarden Euro.

Deutsche Bank- und andere Finanzberater erhalten meist Provisionen für die Finanzprodukte, die sie verkaufen. Diese Gebühren, die oft wenig transparent ausgewiesen sind, zahlen die Anlegerinnen und Anleger. Das Provisionssystem trägt zudem dazu bei, dass häufig Produkte verkauft werden, die teuer sind, aber weder zu den Bedürfnissen der Kundinnen und Kunden passen noch gute Renditen bringen.

"Eine völlig unbelegte Behauptung“

In Ländern wie Großbritannien, den Niederlanden, Dänemark, Norwegen oder Australien gelten bereits seit Jahren Provisionsverbote, dort werden Beraterinnen und Berater nach Beratungszeit oder dem verwalteten Vermögen bezahlt. In Deutschland spielt Honorarberatung bislang kaum eine Rolle.

Das Regensburger Forschungsteam um Finanzprofessor Steffen Sebastian hat auch untersucht, ob ein Provisionsverbot dazu führt, dass Menschen weniger Geld anlegen – ein beliebtes Argument der deutschen Finanzbranche. Das Ergebnis: „Nach unseren Berechnungen besteht kein signifikanter Einfluss eines Provisionsverbots auf die Sparrate von Haushalten“, so Sebastian. „Die Aussage, dass durch ein Provisionsverbot weniger gespart werde, ist nach der Datenlage eine völlig unbelegte Behauptung.“
Der Finanzprofessor geht davon aus, dass Provisionszahlungen mittelfristig EU-weit abgeschafft werden: „Das Provisionsverbot ist nur aufgeschoben. Jeder Vermittler und jede Fondsgesellschaft muss jetzt eine Strategie entwickeln, um die Geschäftsmodelle anzupassen."

Für die Finanzbranche könnte dies offenbar auch Vorteile haben: Wie „Die Zeit“ berichtet, wollen die meisten Finanzberaterinnen und -berater in den Niederlanden fünf Jahre nach Einführung des Provisionsverbots nicht wieder zurück zum alten Modell.

ECOreporter rät: Egal ob Provisions- oder Honorarberatung – gegen schlechte Anlageempfehlungen schützt vor allem finanzielle Bildung. Informieren Sie sich vor Beratungsgesprächen über Finanzprodukte und klären Sie Ihren eigenen Bedarf. Wie lange wollen Sie Ihr Geld anlegen? Wie viel Risiko möchten Sie eingehen? Verstehen Sie, wie die Produkte funktionieren?

Schauen Sie dann noch auf die Kosten. Die meisten Finanzprodukte können Sie auch ohne Beratung selbst kaufen, oft ist das deutlich günstiger. Und wenn es um Nachhaltigkeit geht, brauchen Sie ohnehin einiges an Vorwissen – bei vielen Banken und Vermögensberatern bekommen Sie dazu trotz sehr grüner Werbeversprechen nicht die notwendigen Informationen.

Lesen Sie auch das ECOreporter-Dossier Nachhaltige Geldanlage: So einfach investieren Sie grün!

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