Thermondo will alte Heizungen austauschen. Wer sich über die Crowd beteiligt, soll 6 Prozent Zinsen pro Jahr erhalten. / Foto: Pixabay

  Anleihen / AIF, Crowd-Investment

Thermondo: 6 % Crowdinvestment - wie riskant ist das Angebot?

Veraltete Heizungen verschwenden viel Energie und schaden so dem Klima. Die Thermondo Energy Zwei GmbH aus Berlin möchte 2.000 Altanlagen durch energieeffiziente Heizungen ersetzen. Zur deren Finanzierung hat sie nach eigenen Angaben eine Zusage über 20 Millionen Euro von einer Bank. Weitere 2 Millionen Euro sollen Crowdinvestoren beisteuern, die ab 250 Euro Nachrangdarlehen mit 10 Jahren Laufzeit zeichnen können. Wie hoch ist das Risiko? Das ECOreporter-Fazit fällt eindeutig aus.

Der folgende Premium-Inhalt ist aufgrund des Artikelalters nun frei verfügbar.

Die 2020 gegründete Projektgesellschaft und Emittentin Thermondo Energy Zwei GmbH ist auf dem Markt für Heizungscontracting in Deutschland tätig. Heizungscontracting bedeutet, dass die Emittentin Eigentümerin der Heizungsanlagen und Vertragspartnerin der Kundinnen und Kunden wird, die die Heizungsanlagen mieten. Die Muttergesellschaft der Emittentin, die Thermondo GmbH, soll die Heizungen installieren und warten.

Die Thermondo Energy Zwei GmbH soll mit 22 Millionen Euro ausgestattet werden, um 2.000 energieeffiziente Heizungsanlagen zu finanzieren. Das Fremdkapital in Höhe von 20 Millionen Euro wird laut Thermondo-Crowdfunding-Broschüre (Stand: September 2020) „über unseren langjährigen Bankpartner, die Berliner Volksbank, zur Verfügung gestellt. Die Finanzierungszusage besteht bereits. Weitere 2 Millionen Euro möchten wir über die Crowd finanzieren.“ Der vorgesehene Eigenkapitalanteil beträgt laut Vermögensanlagen-Informationsblatt (VIB, Stand: 10.8.2020) voraussichtlich null Euro.

Laut VIB sind vier Teilemissionen möglich. Es sind Nachrangdarlehen. Derzeit läuft die erste Runde. Es geht um ein Emissionsvolumen von 500.000 Euro. Davon sind laut Thermondo bislang 126.000 Euro platziert (Stand: 22.10.2020).

Risikoarmes Investment?

Die Muttergesellschaft Thermondo GmbH ist laut Crowdfunding-Broschüre „durch starke und namhafte Gesellschafter finanziert, wie z.B. der Energieversorger Eon oder der Start-up-Finanzierer Holtzbrinck Ventures. Das Investment der Emittentin ist laut Broschüre „nicht gänzlich risikofrei. So sind beispielsweise unerwartet hohe Ausfälle von Kundenzahlungen (z.B. durch eine tiefe Rezession) oder ein Verlust der Muttergesellschaft Thermondo GmbH als Installations- und Servicepartner mögliche, wenn auch sehr unwahrscheinliche Risiken. Daher ist Ihr Investment in Summe ein risikoarmes Investment.“

Ob es ich dabei tatsächlich um „sehr unwahrscheinliche“ Risiken handelt, ist fraglich. Deutschland ist 2020 infolge der Corona-Pandemie in eine Rezession gerutscht, mit einem massiven Wirtschaftseinbruch im zweiten Quartal. Es ist möglich, dass eine Ausweitung der Corona-Pandemie im Herbst/Winter die wirtschaftliche Entwicklung weiterhin stark belastet. In der Folge besteht das Risiko, dass die Ausfälle von Kundenzahlungen deutlich zunehmen.

Hohe Verluste bei der Muttergesellschaft

Der wirtschaftliche Einbruch kann auch die Muttergesellschaft Thermondo GmbH belasten. Laut Jahresabschluss 2018 hat die Thermondo GmbH 2018 einen Jahresfehlbetrag von rund 9,6 Millionen Euro verzeichnet, bei einer Bilanzsumme von rund 13,9 Millionen Euro. 2017 lag der Jahresfehlbetrag sogar bei rund 11,8 Millionen Euro. Gemäß den Angaben im Lagebericht für 2018 hat die Thermondo GmbH im Juli 2019 ein Wandeldarlehen in Höhe von rund 7,6 Millionen Euro von bestehenden Gesellschaftern und neuen Investoren zur Absicherung der Liquidität und des Wachstums sowie zum Ausbau des Produktportfolios aufgenommen. Der Jahresabschluss der Thermondo GmbH für das Geschäftsjahr 2019 ist noch nicht im Bundesanzeiger veröffentlicht (Stand: 22.10.2020).

Bankdarlehen haben Vorrang

Das einzuwerbende Crowdinvesting-Kapital soll knapp 10 Prozent des gesamten Kapitals der Thermondo Energy Zwei GmbH ausmachen. Die restlichen etwa 90 Prozent sollen als Fremdkapital von der Berliner Volksbank bereitgestellt werden. Die Finanzierungszusage der Bank besteht nach Angaben der Emittentin bereits. Aber zu welchen Bedingungen? In der Regel verlangen Banken einen Eigenkapitalanteil. Die Emittentin selbst bzw. ihre Muttergesellschaft wollen kein Eigenkapital in die Projektfinanzierung für die 2.000 Heizungseinlagen einbringen. Daher hat das Nachrangdarlehen der Anlegerinnen und Anleger laut VIB den Charakter einer unternehmerischen Beteiligung mit eigenkapitalähnlicher Haftungsfunktion.

Bankdarlehen sind gegenüber Nachrangdarlehen vorrangig zu bedienen. Im Grundsatz gilt: Je mehr nachrangiges Kapital in einem Unternehmen ist, umso geringer das Ausfallrisiko für die Bank. Im VIB heißt es: „Die Rückzahlung des Nachrangdarlehensbetrags und die Zahlung der anfallenden Zinsen an den Nachrangdarlehensgeber erfolgt unter dem Vorbehalt der Zustimmung der Berliner Volksbank eG als finanzierender Bank. (…) Die Zustimmung wird durch die Berliner Volksbank eG erteilt, wenn die Anforderungen für eine Entnahme unter dem Fremdkapitaldarlehen erfüllt sind.“

Fazit

Die Risiken für die Emittentin und deren Muttergesellschaft können sich infolge der wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Pandemie erhöhen. Das angebotene Nachrangdarlehen ist kein risikoarmes Investment, sondern für Anlegerinnen und Anleger mit hohen Risiken verbunden und überzeugt nicht.

Verwandte Artikel

21.10.20
 >
16.10.20
 >
15.10.20
 >
Aktuell, seriös und kostenlos: Der ECOreporter-Newsletter. Seit 1999.
Nach oben scrollen
ECOreporter Journalistenpreise
Anmelden
x