Vulcan Energy will in Deutschland Lithium fördern, etwa für E-Auto-Batterien. Volkswagen hat schon bestellt. / Foto: imago images, Joker

  Nachhaltige Aktien

Vulcan Energy-Aktie: Ist klimafreundliches Lithium ein aussichtsreiches Investment?

Das australische Start-up Vulcan Energy Resources will in Deutschland emissionsfrei Lithium gewinnen, das etwa Elektroautobauer benötigen. Bestellungen hat das Unternehmen, dessen Aktie auch an deutschen Finanzplätzen handelbar ist, bereits einige erhalten – obwohl sich die Produktion noch immer in der Testphase befindet. Wie riskant ist der Einstieg in die Aktie? Und was macht Vulcan Energy eigentlich genau?

Lithium steckt in Smartphones, Laptops und kabellosen Kopfhörern, vor allem aber ist es ein aktuell noch unverzichtbarer Teil von Elektrofahrzeug-Akkus. Bislang wird das Metall unter wenig umwelt- und klimafreundlichen Bedingungen gewonnen. Üblich sind vor allem zwei Methoden: durch die Verdunstung von Salzlauge, vornehmlich in Südamerika, und durch Bergbau, etwa in Australien.

Im sogenannten Lithium-Dreieck der Länder Bolivien, Chile und Argentinien liegt in einer Wüstenlandschaft unter ausgetrockneten Salzseen mehr als die Hälfte der weltweiten Lithiumvorräte. Um Lithium aus der Sole, also dem salzhaltigen Thermalwasser unter der Oberfläche, zu gewinnen, wird dieses in große Becken gepumpt, wo es in der Wüstensonne verdunstet. Von den Rückständen wird dann das sogenannte Lithiumchlorid getrennt.

Wenig umweltfreundliche Förderung

Das Problem: Entnimmt man zu viel der Sole, sinkt in einer der trockensten Regionen der Welt der Grundwasserspiegel. Zudem ist das Lithiumchlorid nur ein Zwischenprodukt – um es zum für die Batterien benötigten hochreinen Lithiumhydroxid weiterzuverarbeiten, wird der Rohstoff nach China verschifft.

In Australien wiederum verschwinden durch den Abbau von Lithiumerz ganze Berge. Und auch hier wird das lithiumhaltige Gestein weiter nach China transportiert, wo es zur Hydroxid-Herstellung zerkleinert und hoch erhitzt wird. Die Energie für den Vorgang liefern in der Regel fossile Brennstoffe.

Im Bergbau fallen so für eine Tonne Lithium 15 Tonnen CO2 an, im Verdunstungsverfahren sind es fünf Tonnen. Auf diese Zahlen kommt die britische Beratungsgesellschaft Minviro in einer Untersuchung, die die Treibhausgasproduktion aller Lebensphasen eines Produkts oder Rohstoffs misst.

Klimaneutral dank Geothermie?

Lithiumvorkommen gibt es aber auch in Europa, besonders im Oberrheingraben, einer Tiefebene zwischen Frankfurt und Basel, 300 Kilometer lang und bis zu 40 Kilometer breit. Die Rohstoffvorkommen, die sich wie in Südamerika in der tiefen Sole finden, sollen allein im deutschen Teil der Ebene laut Vulcan Energy ausreichen, um den Lithium-Bedarf der europäischen Automobilindustrie auf Jahre zu decken.

Vulcan Energy will dieses Lithium durch die deutsche Tochter Vulcan Energie Ressourcen mit Sitz in Karlsruhe fördern – und das auch noch völlig klimaneutral. Möglich machen sollen das Geothermiekraftwerke, die das Unternehmen sowohl erwerben als auch selbst bauen will.

Wie Vulcan Energy Geothermieanlagen nutzen will und wie attraktiv die Aktie des Unternehmens ist, erfahren Sie im Premium-Bereich.

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Geothermiekraftwerke pumpen heißes Thermalwasser aus bis zu fünf Kilometern Tiefe nach oben, um mit der Wärme der Sole Strom zu produzieren. Anschließend wird die abgekühlte Flüssigkeit zurück in den Untergrund geleitet. Vulcan Energie will sich in diesen Vorgang einschalten und aus dem Wasser, bevor es wieder in den Boden geleitet wird, das Lithium herausfiltern – beziehungsweise präzise: das Lithiumchlorid. Dieses plant Vulcan Energy selbst und vor Ort zu Lithiumhydroxid weiterzuverarbeiten, das etwa Batterien benötigen. Die für den Filterprozess nötige Energie soll CO2-frei die Geothermie selbst liefern.

„Das Wasser wird ohnehin an die Oberfläche befördert. Wir filtern das Lithium raus und können gleichzeitig mehr Energie aus dem Thermalwasser erzeugen, als wir für die Filterung des Lithiums brauchen“, erklärte Horst Kreuter, Geologe und Geschäftsführer von Vulkan Energie, im März 2021 dem „Handelsblatt“.

Noch ist das Verfahren allerdings in der Testphase. Bislang hat Vulcan Energy Lithiumchlorid nur im Labor aus der Sole isoliert und weiterverarbeitet. Um zu beweisen, dass das Verfahren auch im industriellen Maßstab umsetzbar ist, erwarb das Unternehmen Anfang Dezember 2021 für 31,5 Millionen Euro das stabil laufende Geothermiekraftwerk Insheim zwischen Landau in der Pfalz und Karlsruhe. In einem zweiten Schritt soll dort nun auch eine Pilotanlage für die Lithium-Filterung entstehen.


Am Geothermiekraftwerk Insheim soll Lithium im industriellen Maßstab gefördert werden. / Foto: imago images, Panthermedia

Ein Problem ist aktuell etwa noch die Menge an Wasser, die das Werk an die Oberfläche pumpen kann. Vulcan Energy peilt 100 Liter pro Sekunde an, derzeit schafft die Anlage aber nur 70 Liter. Ziel ist auch eine Verfeinerung des Extraktionsverfahrens, um irgendwann mehr als 90 Prozent des in der Sole enthaltenen Lithiums extrahieren zu können.

Shortseller-Ärger und namhafte Kunden

Wie im angelsächsischen Raum üblich, hat die 2018 gegründete Vulcan Energy früh den Weg an die Kapitalmärkte gesucht. Seit November 2019 ist das Unternehmen an der Australian Securities Exchange als Heimatbörse gelistet, zudem in Zweitnotiz seit Dezember 2019 an der Frankfurter Börse. Seitdem ist der Kurs um ungefähr 7.500 (!) Prozent auf aktuell 7,24 Euro gestiegen. Die Marktkapitalisierung liegt derzeit bei rund 927 Millionen Euro (Stand 20.12.2021, 16:02 Uhr).

Umsatz erzielt das Unternehmen mit seinen 76 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bislang noch nicht, für das Geschäftsjahr 2020/2021 (Juli bis Juni) werden lediglich „sonstige Erlöse“ in Höhe von 631.542 US-Dollar angegeben. Der Verlust wuchs unterdessen auf 10,8 Millionen Dollar (Geschäftsjahr 2019/20: 3,6 Millionen Dollar). Dem gegenüber steht ein Eigenkapital von 129 Millionen Dollar.

Für Ärger sorgte Anfang November ein Bericht des aktivistischen US-Shortsellers J-Capital. Der warf Vulcan Energy vor, Aktionäre mit übertriebenen Prognosen zu täuschen, um den Aktienkurs in die Höhe zu treiben. So sei etwa die angenommene Wasser-Fördermenge von 100 Litern pro Sekunde unrealistisch, im besten Fall seien 80 Liter möglich.

Vulcan Energy widersprach: J-Capital gehe von überholten Durchschnittswerten aus und berücksichtige keine technischen Fortschritte. Das Unternehmen wehrte sich in Australien auch juristisch gegen die Vorwürfe und hatte Erfolg: Der Investor musste den Report von seiner Website entfernen.

Der größte Vertrauensbeweis für Vulcan Energy besteht allerdings in den bereits abgeschlossenen Abnahmeverträgen. So bestellten unter anderem bereits die Autobauer Volkswagen aus Wolfsburg, Renault aus Frankreich und Stellantis mit Hauptsitz in den Niederlanden verbindlich größere Kontingente Lithiumhydroxid ab 2026. Zu Stellantis gehören Marken wie Peugeot, Chrysler oder Opel. Die ersten 40.000 Tonnen Lithiumhydroxid, die Vulcan Energy ab Ende 2025 jährlich produzieren will, sind laut Unternehmen bereits fast vollständig verkauft.

Fazit

Das Geschäftsmodell von Vulcan Energy ist spannend und der Bedarf der europäischen Autoindustrie an Lithium zweifellos vorhanden. Das Unternehmen befindet sich aber in einer frühen Entwicklungsphase und muss den Beweis noch erbringen, dass seine Pläne im industriellen Maßstab durchführbar sind. Anlegerinnen und Anleger brauchen hier einen langen Atem und müssen sich im Klaren sein, dass sie eine Wette abschließen. Aktuell rät ECOreporter zu großer Vorsicht.

Lesen Sie auch die ECOreporter-Dossiers zu Aktien aus dem Bereich Elektromobilität: Von Tesla bis Rivian: 20 Elektroauto-Aktien im Crash-Test und Junge Elektroauto-Aktien: Mit Vollgas in den Abgrund?

Vulcan Energy Resources: ISIN AU0000066086 / WKN A2PV3A

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