Anleihen / AIF

Windenergieanleihe Grohnde-Emmerthal I – mittelbar werthaltig besichert?

Die Windenergieanleihe Grohnde-Emmerthal I soll eine Windkraftanlage im Weserbergland teilweise refinanzieren. Bei einer Laufzeit bis Ende 2038 bietet die Anleihe einen von 4,5 auf 6,0 Prozent pro Jahr ansteigenden Zinssatz. Anleger können die Anleihe ab 10.000 Euro zeichnen. Es gibt ein zweistufiges Sicherungskonzept: Verpfändung und Bürgschaft. Überzeugt das Konzept?

Der Windpark Grohnde-Emmerthal im Landkreis Hameln-Pyrmont liegt inmitten des Weserberglandes in Niedersachsen. Er besteht aus insgesamt acht Windenergieanlagen des dänischen Herstellers Vestas mit einer Nennleistung von jeweils 3,45 Megawatt (MW) und ist seit Herbst 2018 in Betrieb. Mit der Windenergieanleihe Grohnde-Emmerthal I soll die Anlage 07 des Windparks teilweise refinanziert werden, um die Umsetzung weiterer baureifer Windkraftprojekte voranzutreiben.

Bislang hat die Ebert Erneuerbare Energien Unternehmensgruppe mit Sitz in Kiel und Cremlingen (Landkreis Wolfenbüttel) laut Anlegerbroschüre 105 Windenergieanlagen realisiert. Seit 1998 projektiert, baut und betreibt sie Windkraft-, Photovoltaik- und Biogasanlagen.

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Sonderzins bei Kündigung

Bei der Anleihe handelt es sich um Inhaber-Schuldverschreibungen. Das Emissionsvolumen beträgt 999.000 Euro. Die Zeichnung der Anleihe wird über die Umweltfinanz Wertpapierhandelshaus GmbH vermittelt. Eine ordentliche Kündigung ist während der Laufzeit bis zum 31. Dezember 2038 für den Anleger nicht möglich. Die Emittentin ist berechtigt, die Schuldverschreibungen jederzeit unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von drei Monaten ordentlich zu kündigen. Im Falle einer solchen Kündigung hat die Rückzahlung der Schuldverschreibungen zum Nennbetrag zuzüglich eines einmaligen Kündigungszinses zu erfolgen. Dieser errechnet sich aus der Multiplikation der ganzen Jahre der Laufzeit (bis Ende 2038), die zum Zeitpunkt der Beendigung der Anleihe durch Kündigung noch nicht begonnen haben, mit 0,5 Prozent.

Komplexe Struktur

Emittentin der Anleihe ist die Ebert Erneuerbare Energien Windpark Grohnde Finanzierung GmbH & Co. KG mit Sitz in Kiel. Ihre persönlich haftende Gesellschafterin (Komplementärin) ist die Ebert Erneuerbare Energien Windkraft Verwaltungsgesellschaft mbH. Deren Geschäftsführer Dr. Tim Ebert ist – unmittelbar oder mittelbar – auch Geschäftsführer und Gesellschafter der im Folgenden aufgeführten Unternehmen. Daher besteht ein Potenzial für Interessenskonflikte.

Die Emittentin soll der Ebert Erneuerbare Energien Beteiligungs-GmbH & Co. KG ein Darlehen in Höhe des Nettoemissionserlöses der Anleihe gewähren. Der Darlehensvertrag ist in der Anlegerbroschüre enthalten. Die Darlehensnehmerin Ebert Erneuerbare Energien Beteiligungs-GmbH & Co. KG ist die alleinige Kommanditistin der Windpark Emmerthal WEA 07 Betriebs-GmbH & Co. KG, der Betreibergesellschaft der Windenergieanlage 07.

Die Darlehensnehmerin ist laut Anlegerbroschüre an mehreren Betreibergesellschaften von Onshore-Windenergieanlagen in Deutschland als Kommanditistin beteiligt. Diese Betreibergesellschaften werden in der Anlegerbroschüre – abgesehen von der Windpark Emmerthal WEA 07 Betriebs-GmbH & Co. KG – nicht benannt und erläutert. Der Gesellschaftszweck der Darlehensnehmerin soll den Angaben nach auch in Zukunft auf den Erwerb und das Halten solcher Beteiligungen und – darüber hinausgehend – auf Beteiligungen an weiteren Anlagen aus dem Erneuerbare-Energien-Bereich ausgerichtet sein.

Verpfändung und Bürgschaft

Die Ansprüche der Anleiheemittentin aus dem Darlehen sind besichert durch eine Bürgschaft der I.P.T. Ebert Beteiligungsgesellschaft m.b.H. zugunsten der Emittentin sowie durch die Verpfändung des Kommanditgesellschafts-Anteils an der Windpark Emmerthal WEA 07 Betriebs-GmbH & Co. KG zugunsten der Emittentin.

Der verpfändete Kommanditanteil soll sowohl die Rückzahlung des Darlehens als auch die Zinszahlungen sichern. Laut Anlegerbroschüre beträgt der geschätzte Marktwert des Kommanditanteils aktuell ca. 1,1 Millionen Euro.

Die I.P.T. Ebert Beteiligungsgesellschaft m.b.H. (I.P.T.) bündelt die Aktivitäten der Unternehmensgruppe im Bereich der Erneuerbaren Energien und der Grundstücksentwicklung. Laut Anlegerbroschüre hat die I.P.T. nach vorläufigen Zahlen das Geschäftsjahr 2019 mit einer Bilanzsumme von 18,5 Millionen Euro (Vorjahr: 15 Millionen Euro), einem Eigenkapital in Höhe von gut 2 Millionen Euro (Vorjahr: 1,5 Millionen Euro) und einem Jahresergebnis in Höhe von 0,6 Millionen Euro (Vorjahr: - 0,5 Mio. Euro) abgeschlossen. Die I.P.T. hat zugunsten der Emittentin eine selbstschuldnerische Bürgschaft bis zum Höchstbetrag von 999.000 Euro bestellt.

Risiko

Die Emittentin ist von der Erfüllung der Pflichten aus dem Darlehensvertrag durch die Darlehensnehmerin sowie der Werthaltigkeit der bestellten Sicherheiten abhängig. Sollten bei Eintritt des Sicherungsfalls die zugunsten der Emittentin bestellten Sicherheiten nicht (ausreichend) werthaltig sein, kann dies zu geringeren Ergebnissen bis hin zur Insolvenz der Emittentin führen. Das kann zur Folge haben, dass die Zahlungsansprüche der Anleger (Zinsen, Rückzahlung) aus den Schuldverschreibungen nicht oder nicht in der geplanten Höhe bedient werden können.

Der aktuelle, geschätzte Marktwert des verpfändeten Kommanditanteils wird in der Anlegerbroschüre mit 1,1 Millionen Euro angegeben. Auf Basis der vorliegenden Unterlagen zum Anleiheangebot kann der geschätzte Wert nicht fundiert beurteilt werden, da dafür wichtige Informationen zum Windparkprojekt Grohnde-Emmerthal in den Angebotsunterlagen nicht enthalten sind. Laut Aussage der Ebert Erneuerbare Energien Unternehmensgruppe wurde für die Windenergieanlagen ein Vollwartungsvertrag über 20 Jahre mit dem Anlagenhersteller Vestas geschlossen.

Grundsätzlich ist zu berücksichtigen, dass die Rückzahlung der Anleihe vertragsgemäß erst nach dem Ende der Laufzeit (am 31. Dezember 2038) erfolgt, falls die Emittentin nicht vorher die Anleihe kündigt. Ende 2038 läuft auch die 20-jährige Einspeisevergütung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) für den Windpark Grohnde-Emmerthal aus. Falls danach ein Weiterbetrieb der Anlage 07 (oder des gesamten Windparks) aus rechtlichen oder technischen Gründen nicht mehr möglich ist oder wirtschaftlich nicht sinnvoll ist, hat der zugunsten der Anleiheemittentin verpfändete Kommanditanteil voraussichtlich keinen Wert mehr oder nur noch einen geringen Wert. Das ist zu erwarten, wenn vorher auch kein Repowering erfolgt ist.

Zu den weiteren Beteiligungen und zur wirtschaftlichen Situation der Darlehensnehmerin Ebert Erneuerbare Energien Beteiligungs-GmbH & Co. KG sind in der Anlegerbroschüre keine näheren Infos enthalten. Im Unternehmensregister ist der Jahresabschluss der Darlehensnehmerin für ihr Geschäftsjahr 2018 hinterlegt. Demnach hat sie ein Eigenkapital von rund 182.000 Euro bei einer Bilanzsumme von rund 1,417 Millionen Euro, sodass die Eigenkapitalquote rund 12,8 Prozent beträgt.

Grundsätzlich gilt sowohl für die Darlehensnehmerin als auch für die I.P.T., die zugunsten der Emittentin eine selbstschuldnerische Bürgschaft bestellt hat, dass rund 18,5 Jahre ein langer Zeitraum sind. Es besteht das Risiko, dass sich bis Ende 2038 die Situation beider Unternehmen so darstellt, dass eine Rückzahlung des Darlehens an die Emittentin und in der Folge die Rückzahlung des Anleihekapitals an die Anleger nicht (vollständig) erfolgen kann.

Fazit

Die Ebert Erneuerbare Energien Unternehmensgruppe verfügt über umfangreiche Erfahrungen im Bereich Windenergie. Die Windenergieanleihe Grohnde-Emmerthal I ist in ein Sicherungskonzept eingebunden. Die komplexe Investitionsstruktur geht bei dem Angebot aber zu Lasten der Transparenz. Die Informationstiefe der Angebotsunterlagen ist teilweise nicht überzeugend. Es ist insbesondere fraglich, ob zum Zeitpunkt der geplanten Rückzahlung des Anleihekapitals nach Ende 2038 die bestellten Sicherheiten noch werthaltig sein werden.

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