Meeresströmungskraftwerk in der Bay of Fundy. Anleger können sich ab ungefähr 6.500 Euro an dem neuen Projekt von reconcept beteiligen. / Foto: Unternehmen

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7 % Rendite mit RE16 Meeresenergie: Gezeitenkraftwerks-Beteiligung von reconcept

Energie aus Ebbe und Flut als grüne Geldanlage: Die reconcept 16 Meeresenergie Bay of Fundy II GmbH & Co. KG plant, an der kanadischen Atlantikküste sechs schwimmende Gezeitenströmungskraftwerke errichten und betreiben zu lassen. Ein nachhaltiges Klimaschutzprojekt? Zu riskant in der aktuellen Entwicklungsphase?

Die prognostiziere Rendite (IRR) der Kommanditbeteiligung beträgt rund 7 Prozent pro Jahr bei einer geplanten Laufzeit bis Ende 2037. Die Mindestzeichnung beträgt 10.000 Kanadische Dollar (umgerechnet rund 6.500 Euro) plus 3 Prozent Agio. Der ECOanlagecheck analysiert das Investment und benennt Stärken, Schwächen, Chancen, Risiken sowie einige Unterschiede zum Vorgängerangebot.

Rund 13 Meter beträgt bei Normalhochwasser der Unterschied zwischen Ebbe und Flut (Tidenhub) in der Bay of Fundy. Die geplanten sechs Kraftwerke mit der Bezeichnung „Force 2“ nutzen diesen Tidenhub aber nicht direkt, sondern die durch die Gezeiten erzeugte Meeresströmung. Daher werden diese Anlagen, die keinen Staudamm benötigen, auch als Meeresströmungskraftwerke bezeichnet. Die geplanten sechs schwimmenden Plattformen sollen durch ein Drehgelenk mit Seilen am Meeresboden verankert werden und sich nach der Gezeitenströmung ausrichten können. An jeder Plattform sollen sechs Unterwasserturbinen mit einer Leistung von jeweils 70 Kilowatt befestigt werden. Sie werden über Tragarme ins Wasser geschwenkt und für Wartungsarbeiten aus dem Wasser gehoben.

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Verträge teilweise noch nicht abgeschlossen?

Die Emittentin reconcept 16 Meeresenergie Bay of Fundy II GmbH & Co. KG will das geplante Emissionskapital von umgerechnet rund 8 Millionen Euro bis Ende September 2021 vollständig platzieren. In der Folge möchte sie Force 2 mittelbar über ihre kanadische Betreibergesellschaft im Oktober 2022 in Betrieb nehmen und danach 15 Jahre betreiben. Die Betreibergesellschaft soll die Projektrechte kaufen, die laut Prospekt die wirtschaftlichen Auswirkungen des Projektes vermitteln. Juristischer Eigentümer von Force 2 bleibt der jetzige kanadische Projektinhaber Sustainable Marine Energy (Canada) Ltd. Dieser gehört wie auch der kanadische Betriebsführer (inklusive Wartung), der kanadische Plattformentwickler und der deutsche Turbinenhersteller zur Schottel-Gruppe mit Hauptsitz in Spay am Rhein, die weltweit über 1.300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hat.

Die Betreibergesellschaft hat laut Prospekt derzeit bis zum 30. April 2021 exklusiv die Möglichkeit, die Projektrechte zu erwerben. Die Verträge gelten laut Prospekt größtenteils als noch nicht abgeschlossen. Nach Aussage von reconcept liegen die wesentlichen Genehmigungen und Vertragsvereinbarungen (u.a. die Marine Renewable-Electricity Area-Lizenz, der Stromanschluss- und der Stromabnahmevertrag sowie die Standortnutzungsrechte) jedoch schon vor. Diese werden aktuell von dem Projektpartner Sustainable Marine Energy gehalten und sollen – wie beim Vorgängerangebot RE13 und dessen Betreibergesellschaft – auf die Betreibergesellschaft übertragen werden. Abzuschließen sind noch die Bankfinanzierung und die sogenannte Due Diligence, in der das Projekt vor Abschluss eines Kaufvertrages durch die Betreibergesellschaft auf Risiken geprüft wird.

Hohe Kosten

Für die Durchführung der Due Diligence sind im Prospekt Kosten von umgerechnet rund 590.000 Euro angesetzt (1 Kanadischer Dollar (CAD) entspricht 0,65 Euro, Kurs 16.2.2021). Für den Abschluss der Bankfinanzierung kalkuliert reconcept mit Bankprovisionen von umgerechnet rund 340.000 Euro. Laut Prospekt erhält die reconcept GmbH für die Initiierung und Realisierung der Vermögensanlage von der Emittentin eine Mindestvergütung von 750.000 CAD, umgerechnet rund 490.000 Euro. Der reconcept Consulting GmbH stehen zudem 620.000 CAD für die Kapitalvermittlung zu. Es wird im Prospekt angenommen, dass sich die Betreibergesellschaft zu rund 68 Prozent mit Fremdkapital zu geschätzten 5,0 Prozent pro Jahr finanzieren kann.

Hoher Einspeisetarif

Der Projektverkäuferin liegt zum Abschluss eines Stromliefervertrags (Power Purchase Agreement, PPA) mit einer Laufzeit von 15 Jahren mit dem Energieversorger Nova Scotia Power eine Lizenz vor, die vom Energieministerium der kanadischen Provinz Nova Scotia (Neuschottland) vergeben wurde. Daraus resultiert laut Prospekt, dass das Projekt Force 2 jährlich für 8.392 Megawattstunden (MWh) produzierten Strom eine feste Einspeisevergütung von 530 CAD je MWh erhält, umgerechnet sind das derzeit rund 34,5 Eurocent je kWh. Zum Vergleich: Neue Windkraftanlagen in Deutschland erhielten 2020 bei den Ausschreibungen für rund 6 Cent/kWh den Zuschlag. Für weitere rund 1.678 MWh gibt es laut Prospekt ebenfalls eine Vergütung von 530 CAD je MWh. Das von der DNV GL erstellte Ertragsgutachten prognostiziert für die Kraftwerke von Force 2 unter Berücksichtigung von Verfügbarkeitsverlusten einen jährlichen Netto-Stromertrag von 9.549 MWh, der Grundlage der Prospektprognose ist.

Welche Auswirkungen hat es, wenn Force 2 weniger Strom produziert als prognostiziert? Die im Prospekt dargestellte Sensitivitätsanalyse zeigt auf, welche Auswirkungen ein Jahresenergieertrag hat, der über die gesamte Laufzeit 20 Prozent unter dem Prognosewert liegt. In diesem Fall sinkt der prognostizierte Gesamtmittelrückfluss (nach Steuern und Steuerberatungskosten in Kanada, vor Progressionsvorbehalt in Deutschland) an die Anlegerinnen und Anleger von rund 161,64 Prozent auf 99,97 Prozent. Für die Anlegerinnen und Anleger bestehen ein Währungsrisiko und ebenso eine Währungschance, wenn sie in CAD erhaltene Auszahlungen in Euro umtauschen.

Kraftwerk: ein Prototyp, keine langjährigen Erfahrungswerte


Gezeitenkraftwerk-Testanlage von reconcept. / Foto: Unternehmen

Laut Prospekt wurden im Rahmen der Prognose wesentliche technische Parameter der Gezeitenkraftwerke geschätzt, die Einfluss auf den Ertrag haben. Es handelt sich laut Prospekt bei der Technologie von Force 2 um einen Prototypen. Wesentliche Komponenten (z. B. die Turbinen) basieren zwar auf langjährig erprobten Technologien, aber das Gesamtkonzept der Gezeitenkraftwerke wurde nach reconcept-Angaben erst seit November 2017 in Schottland und seit September 2018 im raueren Klima der Bay of Fundy getestet. Die erste Gezeitenplattform der Emittentin des reconcept-Vorgängerangebots „RE13 Meeresenergie Bay of Fundy, Kanada“ wurde nach Angaben von reconcept Anfang Februar 2021 in der Bay of Fundy zu Wasser gelassen. Insbesondere hinsichtlich der geplanten Betriebszeit der Force 2-Kraftwerke von 15 Jahren bestehen somit keine Langzeit-Erfahrungen.

Sicherheit durch Vollwartungsvertrag?

Das gilt nicht nur für den Stromertrag, sondern auch für den Wartungsaufwand und die Lebensdauer der Kraftwerke. Es besteht das Risiko, dass die Kraftwerke von Force 2 nicht 15 Jahre halten und/oder die laufenden Kosten über der Prognose liegen. Die Betreibergesellschaft plant, mit dem Betriebsführer einen Vollwartungsvertrag (inklusive Betrieb, kaufmännischem Management) über die gesamte geplante Laufzeit der Kraftwerke von 15 Jahren abzuschließen. Dieser Vertrag sieht laut Prospekt eine fixe Vergütung vor. Diese ist laut Prospekt in den ersten drei Jahren nach der Inbetriebnahme mit 200.000 CAD pro Jahr gering und wird dann planmäßig ab Oktober 2025 auf 1,421 Millionen CAD (umgerechnet rund 920.000 Euro) pro Jahr erhöht und an die Inflationsentwicklung angepasst. Der Betriebsführer wird laut Prospekt eine technische Verfügbarkeit von 96 Prozent und einen Gesamtenergieertrag von 60 Prozent der im Prospekt prognostizierten 9.549 MWh garantieren (Leistungsgarantie). Allerdings ist die Haftung des Betriebsführers auf 50 Prozent seiner vertraglichen Vergütung des betreffenden Jahres bzw. bei der Leistungsgarantie auf 5 Millionen CAD für die gesamte Laufzeit gedeckelt.

Die Emittentin und/oder die Betreibergesellschaft können zudem laut Prospekt die Leistungsfähigkeit und Zahlungsfähigkeit ihrer Vertragspartner nicht abschließend beurteilen. Der vorgesehene kanadische Betriebsführer ist auch Vertragspartner bei der Errichtung der Kraftwerke. Die Betreibergesellschaft leistet dabei plangemäß Anzahlungen: insgesamt 30 Prozent des Kaufpreises vor dem geplanten Start der ersten Offshore-Plattform. Es besteht das Risiko, dass die Kraftwerke nicht fertiggestellt werden und der Vertragspartner die Anzahlungen nicht zurückzahlt. Der Vertragspartner Spicer Marine Energy Inc. wurde im Juli 2019 gegründet und hat laut Prospekt ein haftendes Kapital von 1.000 CAD.

Nachhaltigkeit und Impact

Anders als übliche Gezeitenkraftwerke benötigen die Kraftwerke von Force 2 keinen Staudamm und haben daher nach Angaben von reconcept keine massiven Einwirkungen auf Tiere und Pflanzen im Meer. Diesbezüglich ist aber noch keine abschließende Bewertung möglich, da es erst wenig Erfahrungswerte mit den neuartigen schwimmenden Gezeitenströmungskraftwerken des Force 2-Typs in der Bay of Fundy gibt. Laut Prospekt kann das Ministerium für Fischerei und Ozeane von Nova Scotia zum Schutz sich nähernder gefährdeter Meeresbewohner, wie beispielsweise Wale, die zeitweise Abschaltung von Force 2 behördlich anordnen.

Der prognostizierte Netto-Stromertrag der sechs geplanten Kraftwerke von Force 2 beträgt 9,549 Millionen kWh pro Jahr. Bei einem durchschnittlichen Stromverbrauch von 3.500 kWh können so rechnerisch rund 2.700 Haushalte mit Ökostrom versorgt werden. Gezeiten- bzw. Meeresströmungskraftwerke sind im Vergleich zu Solar- und Windenergieanlagen größtenteils derzeit (noch) nicht wettbewerbsfähig. Sie haben aber in einigen Ländern das Potenzial, zum Gelingen der Energiewende beizutragen.

Stärken

  • Standort mit hohem Stromertragspotenzial
  • Erfahrener Turbinenhersteller
  • Vollwartungsvertrag mit Verfügbarkeitsgarantie vorgesehen

Schwächen

  • Keine langjährigen Erfahrungswerte
  • Bauherrenrisiken
  • Begrenzung der Haftung des Betriebsführers
  • Verträge teilweise noch nicht abgeschlossen
  • Wirtschaftliche Abhängigkeit von hohem Einspeisetarif

Chancen

  • Niedrigere Fremdkapitalzinsen als kalkuliert
  • Höhere Stromerträge als kalkuliert
  • Wechselkursentwicklung

Risiken

  • Geringerer Stromertrag als kalkuliert
  • Geplante Lebensdauer der Kraftwerke wird nicht erreicht
  • Höhere Fremdkapitalzinsen als kalkuliert
  • Wechselkursentwicklung

Fazit:

Durch das Vorgängerangebot RE13 hat die reconcept-Gruppe Erfahrungen hinsichtlich der Verhandlungen mit Projektpartnern, Banken und Behörden gesammelt. Es ist möglich, dass daher die Genehmigungs- und Vertragsabschlussrisiken für die Kraftwerksprojekte beim vorliegenden Angebot RE16 tendenziell geringer sind als bei RE13. Zudem wurden im Vergleich zu RE13 Details der Konzeption verändert: Beispielsweise sind bei RE16 die vertraglichen Projektanzahlungen vor dem Baubeginn prozentual geringer. Die Vergütung für den Betriebsführer ist beim RE13 prospektgemäß vom Umsatz abhängig, wogegen es beim RE16 laut Prospekt eine fixe Vergütung geben soll, wodurch sich die finanziellen Risiken für die Betreibergesellschaft der Emittentin in der Betriebsphase erhöhen können.

Gezeiten- bzw. Meeresströmungskraftwerke befinden sich derzeit noch in einer frühen Entwicklungs- und Marktphase. Langjährige Erfahrungswerte für die Kraftwerke liegen nicht vor. Daher ist nicht fundiert zu beurteilen, wie wahrscheinlich es ist, dass sie den prognostizierten Stromertrag und die geplante Lebensdauer erreichen. Es bestehen erhebliche Projektrisiken. Angesichts der hohen Risiken kann die Renditeerwartung für die Anlegerinnen und Anleger als gering gelten.

Basisdaten

Anbieterin: reconcept consulting GmbH, Hamburg

Emittentin: reconcept 16 Meeresenergie Bay of Fundy II GmbH & Co. KG, Hamburg

Betreibergesellschaft: reconcept 16 Meeresenergie Bay of Fundy II Limited Partnership, Kanada

Komplementärin der Emittentin (und Alleingesellschafterin des General Partners der Betreibergesellschaft): reconcept Capital 03 GmbH, Hamburg

Treuhänderin: reconcept Treuhand GmbH, Hamburg

Beteiligungsform: Treugeber, Umwandlung in Direktkommanditist möglich

Währung: Kanadischer Dollar (CAD)

Gesamtfinanzierungsvolumen: 33,9 Millionen CAD

Eigenkapitalvolumen (ohne Agio): 12,4 Millionen CAD, Erhöhungsoption auf max. 16 Millionen CAD

Mindestzeichnungssumme: 10.000 CAD

Agio: 3,0 Prozent

Laufzeit: bis zum 31. Dezember 2037 (Plan)

BaFin-Billigung: Ja

Leistungsbilanz: Ja

Mittelverwendungskontrolle: Ja

Sensitivitätsanalyse: Ja

Haftsumme: 100 Euro je 1.000 CAD Pflichteinlage (Außenverhältnis), 100 Prozent der Pflichteinlage (Innenverhältnis)

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