Maersk will ab 2023 das erste klimaneutrale Containerschiff einsetzen. Ist die Aktie der weltgrößten Reederei für nachhaltige Anlegerinnen und Anleger interessant? / Foto: Pixabay

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A.P. Moller-Maersk: eine Schiffsaktie auf einem grüneren Weg?

Bietet ein Hafenproblem in China eine Einstiegschance, um eine dänische Schifffahrtsaktie zu kaufen? Ein Hafenproblem, das mehr Auswirkungen haben wird als der vor Kurzem blockierte Suez-Kanal? Und eine Aktie, die nicht grün ist, aber zu einem Unternehmen gehört, das bei der Transformation der weltweiten Schifffahrt zu einer klimaneutralen Branche ganz weit vorne schwimmt?

Neun Zehntel des weltweiten Warenverkehrs erledigen Schiffe. Doch die Containerriesen stoßen pro transportierter Tonne und pro Kilometer weit mehr Schadstoffe aus als der Landverkehr, insbesondere Schwefel- und Stickstoffoxide.

Seeschiffe werden zum großen Teil mit Schweröl betrieben. Das ist im Grunde eine Art Teer, der in den Dieselmotoren verbrannt wird – kein Vergleich zu dem Diesel, den PKW an der Tankstelle tanken. Der hohe Schwefelgehalt des Öls ist eine enorme Belastung für Mensch und Umwelt(s. Kasten). 

Zum Vergleich: Während die Schwefelmenge im Kraftstoff für den Straßenverkehr einen Anteil von 0,001 Prozent nicht überschreiten darf, liegt der seit 2015 gültige Grenzwert für Schiffskraftstoff selbst in sogenannten Schwefelkontrollgebieten mit 0,10 Prozent immer noch um das 100-fache höher.

Eine Milliarde Tonnen CO2 jährlich

Und die CO2-Bilanz der Containerriesen fällt pro Tonnenkilometer zwar günstiger aus als die des Landverkehrs. Dennoch pumpt der Schiffsverkehr jährlich etwa eine Milliarde Tonnen Kohlendioxid in die Atmosphäre, circa 2,6 Prozent der globalen ⁠CO2⁠-Emissionen. Ganz Deutschland produzierte 2020 „nur“ 739 Millionen Tonnen Kohlenstoffdioxid.

Aufgrund seiner globalen Ausrichtung wird der weltweite Schiffsverkehr in erster Linie durch die Internationale Seeschifffahrtsorganisation (IMO), eine Einrichtung der Uno, geregelt. Eine Studie der IMO geht davon aus, dass die CO2-Emissionen des Seeverkehrs ohne politische Gegenmaßnahmen bis 2050 um bis zu 250 Prozent im Vergleich zu 2012 (938 Millionen Tonnen) ansteigen könnten. Dennoch scheiterte erst vor wenigen Wochen eine IMO-Konferenz daran, strengere Richtlinien für den Klimaschutz festzulegen.

Weder konnten sich die 174 beteiligten Staaten auf einen globalen CO2-Preis von 100 Dollar für die Schifffahrt einigen, obwohl diesen auch Reedereien wie Hapag Lloyd und Maersk unterstützen. Noch gab es wenigstens Zustimmung für eine kleine Abgabe auf Treibstoff von zwei Dollar pro Tonne, mit der die Entwicklung neuer Kraftstoffe finanziert werden könnte. Auch dieser Vorschlag kam von den Reedereien selbst.

Während die EU und die USA einen strengeren Klimakurs befürworten, stemmen sich Länder wie Brasilien, Indien, China, Russland und Saudi-Arabien dagegen. Sie sehen ihren wachsenden Wohlstand gefährdet, wenn sich der Welthandel und damit Exporte verteuern.

Nun könnten die EU und die USA auf eigene Klimaregeln für die Schifffahrt setzen. Brüssel arbeitet schon am Emissionshandel für die Schifffahrt, die ähnlich wie der innereuropäische Luftverkehr in den Handel mit Verschmutzungsrechten integriert werden könnte. Das EU-Parlament hat sich bereits dafür ausgesprochen.

Maersk plant das erste klimaneutrale Schiff für 2023

Die größte Reederei der Welt, A.P. Moller-Maersk aus Dänemark, ist auch an der Spitze, wenn es um Maßnahmen für eine umweltfreundlichere Schifffahrt geht. Dafür unabdingbar sind alternative Kraftstoffe, die das kritische Schweröl ersetzen können.

Es gibt zwar emissionsärmere Alternativen wie Marinedieselöl (MDO) und ⁠sogenanntes LNG, Erdgas in seiner dichtesten Form. Doch beide haben eigene Probleme.

So ist Marinedieselöl sehr teuer. Und LNG steht zunehmend in der Kritik, weil es dabei sowohl in der Herstellung als auch bei der Verbrennung im Schiffsmotor zum sogenannten Methanschlupf kommt, dem Entweichen von Methan. Durch die höhere Treibhausgaswirksamkeit von Methan kann die bessere Klimagasbilanz aufgehoben oder sogar ins Negative umgekehrt werden.

Umweltbelastung durch Containerschiffe

Schweröl besteht aus Rückstandsölen der Raffinerie. Diese teerähnliche Substanz enthält deutlich mehr Schwefel, Stickoxide und andere Schadstoffe als Kraftstoffe, die an Land eingesetzt werden. Um das Schweröl zu verwenden, muss es energieintensiv zur Pumpfähigkeit erhitzt und von Feststoffen gesäubert werden. Aus dieser Aufbereitung fallen Rückstandsschlämme (“Sludge“) an, die im Hafen entsorgt werden müssen – teilweise aber immer noch illegal im Meer landen.

Da die meisten Schiffe in Küstennähe fahren, belasten die Schiffsabgase auch die Luftqualität in Hafenstädten und Küstenregionen. An den vielbefahrenen Schifffahrtsrouten der Welt, etwa an der US-amerikanischen Ostküste und selbst nördlich von Hamburg, gibt es viele Atemwegserkrankungen, die auf die Schiffe zurückzuführen sind. Zudem kommt es zur ⁠Versauerung⁠ von Böden und Gewässern.

Alternativ zur Verwendung schwefelarmer Kraftstoffe gibt es die Entschwefelung der Abgase über ein Abgasreinigungssystem, Scrubber genannt. Dabei müssen die gleichen Schwefeldioxid-Konzentrationen wie im Betrieb mit schwefelreduziertem Kraftstoff erreicht werden. Kritik gibt es hier an sogenannten „offenen“ Scrubber-Systemen, die Schwefeloxid mittels Meerwasser aus den Abgasen entfernen und das kontaminierte Wasser zurück in die Ozeane leiten.

Auch sonst wird die Meeresumwelt durch die Seeschifffahrt erheblich belastet: Durch das Einschleppen von standortfremden Organismen als Bewuchs oder mit dem Ballastwasser, das Einbringen von Abwasser und Abfällen ins Meer, Schadstoffe aus Abgasen oder Ölverunreinigungen sowie Schiffslärm bis hin zu umweltschädlichen Chemikalien im Schiffsanstrich.

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Eine Lösung sieht Maersk in der Nutzung von Methanol. Während viele Reedereien aus Unsicherheit bezüglich neuer Umweltbestimmungen neue Schiffsbestellungen aufschieben, will Maersk bereits 2023 das erste mit Alkohol betankte Containerschiff vom Stapel laufen lassen. Dieses soll komplett CO2-neutral auf den Weltmeeren unterwegs sein.

Der Konzern wäre dem eigenen Zeitplan damit deutlich voraus – ursprünglich hatte Maersk das erste klimaneutrale Schiff bis 2030 angekündigt. Das Methanol soll aus eigener Herstellung stammen.

Ab sofort will die Reederei zudem auch alle anderen Neuzugänge in der Flotte mit Antriebslösungen versehen, die mit dem langfristigen Ziel einer vollständigen Dekarbonisierung vereinbar seien, heißt es. Allerdings setzt Maersk zunächst noch auf einen Dual-Fuel-Motor. Das heißt: Sollte nachhaltig hergestelltes Methanol nicht in ausreichender Menge verfügbar sein, kann wieder auf Schweröl umgestellt werden.


Rund 90 Prozent des weltweiten Warenverkehrs werden per Schiff abgewickelt. / Foto: Pixabay

Der Konzern will zudem noch weitere alternative Kraftstoffe erproben, insbesondere Ammoniak und eine LEO genannte Mischung aus Methanol und Lignin, einem Abfallprodukt der Papierherstellung. Maersk betreibt mit dem Mærsk Mc-Kinney Møller Center for Zero Carbon Shipping ein eigenes Forschungsinstitut, das sich insbesondere mit alternativen Antrieben für Containerschiffe befasst.

Maersk hat den CO2-Ausstoß seit 2008 fast halbiert

Den CO2-Ausstoß seiner Flotte hat Maersk laut eigener Darstellung seit 2008 bereits um 46 Prozent reduziert. Bis 2030 sollen es 60 Prozent werden, ab 2050 soll die Flotte vollständig klimaneutral sein. Die Branche insgesamt konnte sich bisher nur zum Ziel einer Halbierung der Emissionen bis 2050 durchringen.

Die Nachhaltigkeits-Ratingagentur V.E (ehemals Vigeo Eiris) bewertet die CO2-Ziele des Unternehmens und die Pläne für die generelle Reduzierung von Emissionen als engagiert. V.E hebt zudem die Berichterstattung über „unfallbedingte Verschmutzung“ durch das Unternehmen hervor: Maersk berichte hier umfassend über Maßnahmen, „einschließlich Risikobewertungen und Präventionsverfahren“.

Die Maersk-Aktie ist auch in mehreren von ECOreporter getesteten nachhaltigen Fonds enthalten. Darunter sind etwa der Ökoworld Ökovision Classic oder der Steyler Fair Invest.

Weltweit beschäftigt der Konzern nach eigenen Angaben mehr als 76.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Die Maersk-Flotte ist mit 693 Schiffen (Stand: 2020) die größte der Welt und liegt klar vor der Nummer zwei, der schweizerischen Reederei Mediterranean mit 569 Schiffen.

Nachdem Maersk 2020 unter der Coronakrise gelitten hatte, profitierten die Dänen im ersten Quartal des laufenden Geschäftsjahres von deutlich gestiegenen Frachtraten. Der Umsatz legte um 30 Prozent auf 12,4 Milliarden US-Dollar (10,3 Milliarden Euro) zu.

Vor allem aber verdiente der Konzern erheblich mehr: Unter dem Strich stand ein bereinigter Gewinn von rund 2,7 Milliarden US-Dollar (rund 2,26 Milliarden Euro), verglichen mit knapp 200 Millionen Dollar im Vorjahresquartal.

Das Quartalsergebnis entsprach damit beinahe dem gesamten Gewinn im Jahr 2020. Damals hatte der Nettogewinn 2,96 Milliarden Dollar (rund 2,46 Milliarden Euro) betragen.

Aussichtsreich: Maersk-Aktie immer noch günstig bewertet

Die Maersk-Aktie gibt es in zwei Versionen, als eine A-Aktie und eine B-Aktie. Der Unterschied ist schnell erklärt: A-Aktien enthalten Stimmrechte, B-Aktien nicht. Finanziell sind beide Aktien gleichgestellt, das heißt, Aktionäre beider Klassen erhalten dieselbe Dividende. ECOreporter betrachtet im folgenden die A-Aktie, die Kurse sind aber sehr ähnlich gelaufen. B-Aktien werden allerdings in einem höheren Volumen gehandelt.

Für das Geschäftsjahr 2020 plant Maersk, eine Dividende von umgerechnet 44,37 Euro pro Aktie zu zahlen, beim aktuellen Aktienkurs von 2.348 Euro im Handel an der Börse Frankfurt (Stand: 30.6.2021) entspricht das einer Dividendenrendite von 1,9 Prozent. Nach eigenen Angaben ist es Politik des Konzerns, jährlich zwischen 30 bis 50 Prozent seines Nettogewinns auszuschütten.


Mit dem chinesischen Hafen Shenzhen-Yantian ist aktuell der viertgrößte Containerhafen der Welt wegen eines Corona-Ausbruchs gesperrt. / Foto: imago images, VCG

Die Maersk-Aktie hat sich lang- wie mittelfristig sehr stark entwickelt. Auf Sicht von fünf Jahren hat sie rund 134 Prozent an Wert gewonnen, innerhalb der vergangenen zwölf Monate ist der Kurs um 145 Prozent gestiegen (Stand: 30.6.2021).

Auch 2021 hat die Aktie, von einem kurzen Tief zwischen Ende Januar und Mitte März abgesehen, kontinuierlich zugelegt. Erst Mitte Juni erreichte sie mit 2.408 Euro ein neues Allzeithoch. Dennoch ist sie mit einem erwarteten Kurs-Gewinn-Verhältnis für 2021 von 6 sehr günstig bewertet.

Aktuelle Probleme in der Schifffahrt

Corona bleibt aktuell allerdings ein Risiko für die Seefahrt. So ist im chinesischen Shenzhen-Yantian wegen eines Virusausbruchs aktuell der viertgrößte Containerhafen der Welt gesperrt. Hunderte Frachter stehen dort im Stau. Dies werde "viel größere Störungen verursachen als die Ever Given, die den Suez-Kanal im März für sechs Tage blockierte", erklärte Vincent Clerc, Geschäftsführer von Maersk für den Bereich Ocean & Logistics.

Im Hamburger Hafen blockiert unterdessen bereits seit Tagen ein fast 200 Meter langes Schiff Terminal 5. Bei fünf Mitgliedern der Besatzung war eine Corona-Infektion nachgewiesen worden, Terminal und Containerriese stehen unter Quarantäne.

Fazit: Maersk ist keine grüne Aktie. Aber das Unternehmen scheint sich um eine Verbesserung seiner Klimabilanz ernsthaft zu bemühen, hat schon einige Erfolge dabei erzielt und übertrifft seinen eigenen Zeitplan. Fonds, denen ECOreporter strenge Nachhaltigkeitskriterien bescheinigt, halten die Aktie ebenfalls als Investition für geeignet. Und das Kurs-Gewinn-Verhältnis ist sehr gut. Sollten sich durch die Hafenprobleme derzeit Kursrücksetzer ergeben, wäre das eine Möglichkeit zum Einstieg. Nachhaltige Anlegerinnen und Anleger sollten dabei allerdings die ECOreporter-Richtlinien für das Anlegen in Krisenzeiten beachten.

A.P. Moller-Maersk A/S Class A: ISIN: DK0010244425 / WKN: 861929

A.P. Moller-Maersk B: ISIN: DK0010244508 / WKN: 861837

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