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Biokraftstoff-Branche erwägt Klagen gegen Umweltministerium
Die deutschen Hersteller von Biosprit leiden seit Jahren unter wahrscheinlich gefälschtem Biokraftstoff aus China. Weil das Bundesumweltministerium bislang nichts dagegen unternommen hat, denken hiesige Biokraftstofffirmen jetzt offenbar über Schadenersatzklagen wegen Amtsverletzung in Milliardenhöhe nach.
Nach Recherchen des „Handelsblatts“ bereiten derzeit mindestens zwei Anwaltskanzleien entsprechende Klagen vor. Hintergrund sind die seit 2021 geltenden Regelungen für die gesetzlich festgelegten Treibhausgas-Minderungsquoten (THG), die Ölunternehmen unter anderem dadurch erfüllen können, dass sie ihren fossilen Treibstoffen Biosprit beimischen.
Abfalltreibstoff zählt doppelt
Stammt dieser aus Abfällen, zählt er für die THG unter bestimmten Bedingungen doppelt – und ist daher bei Mineralölkonzernen sehr beliebt. Sie beziehen mittlerweile einen großen Teil ihres Biosprits aus China und zahlen dafür sehr niedrige Preise. In den letzten zwei Jahren ist das Preisniveau um 80 Prozent gesunken – nach Angaben des Verbands Deutscher Biokraftstoffhersteller (VDB) eine „ruinöse Entwicklung“.
Zudem gehen Fachleute davon aus, dass der angebliche Abfall-Biotreibstoff aus China teilweise aus frischem Palmöl besteht und mit falschen Kennzeichnungen nach Europa exportiert wird (ECOreporter berichtete unter anderem hier). Branchenkennern zufolge ist es wenig wahrscheinlich, dass China innerhalb kürzester Zeit viele technisch anspruchsvolle Produktionsanlagen für Biosprit errichtet hat und über genügend Altfette und andere Reststoffe verfügt, um die derzeitigen Exportmengen herzustellen.
Das Bundesumweltministerium hat bislang keine Maßnahmen zum Schutz vor falsch ausgewiesenen chinesischen Importen eingeleitet. „Um dem Handel mit falsch deklarierten Biokraftstoffen vorzubeugen, muss das System der Nachhaltigkeitsnachweise auf EU-Ebene überprüft werden“, teilte dazu eine Sprecherin des Ministeriums auf Anfrage des „Handelsblatts“ mit. „Denn das aktuelle Problem möglicher gefälschter Biokraftstoffe besteht im gesamten EU-Binnenmarkt und nicht allein in Deutschland.“
"Existenz vieler Unternehmen gefährdet“
Dem Branchenverband VDB reicht das nicht, weil europaweite Lösungen mehrere Jahre Vorlauf bräuchten und es in anderen EU-Ländern wie Österreich, Frankreich und Belgien bereits nationale Schutzmaßnahmen gegen gefälschte Biosprit-Importe gebe. „Dem Bundesumweltministerium scheint nicht bewusst zu sein, dass es die Existenz vieler Unternehmen der Branche gefährdet“, sagte VDB-Präsident Stefan Schreiber gegenüber dem „Handelsblatt“. Nach Angaben des Verbands arbeiten bei deutschen Biokraftstofffirmen ungefähr 20.000 Menschen. Zu möglichen Klagen gegen das Bundesumweltministerium hat sich der VDB bislang nicht geäußert.
Auch an der Börse hinterlassen die Billigimporte aus China Spuren. Der Leipziger Biokraftstoff-Hersteller Verbio, in dessen Vorstand VDB-Präsident Schreiber sitzt, hat in den letzten drei Jahren 82 Prozent an Börsenwert verloren. Ein Ende des Abwärtstrends ist nicht absehbar, aktuell kostet die Aktie im Xetra-Handel 11,05 Euro (Stand 27.11.2024, 9:15 Uhr).
Im Geschäftsjahr 2023/24 brach Verbios Nettogewinn von 132 auf 20 Millionen Euro ein (ECOreporter berichtete hier). Die Aktie bleibt nach Einschätzung der Redaktion weiterhin ein riskantes Investment, auch weil die Biospritpreise bereits vor der chinesischen Exportoffensive immer wieder sehr niedrig waren. Zudem ist die Aktie mit einem erwarteten Kurs-Gewinn-Verhältnis von 36 für das laufende Geschäftsjahr hoch bewertet.
Verbio Vereinigte BioEnergie AG: ISIN DE000A0JL9W6 / WKN A0JL9W
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