Florian Hauer managt neben dem Kepler Ethik Aktienfonds auch den Kepler Öko Energienfonds sowie den Fonds Kepler Ethik Mix. / Foto: Kepler

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"Die Finanzbranche ist ein starker Hebel für mehr Nachhaltigkeit“ – Interview mit Florian Hauer

Die österreichische Fondsgesellschaft Kepler gehört zu den Pionieren für nachhaltige Geldanlagen im deutschsprachigen Raum. Dr. Florian Hauer, der Manager des Kepler Ethik Aktienfonds, erläutert im Interview, wie der Fonds seine Aktien auswählt. Er erklärt, warum er in den US-Technologiekonzern Apple investiert und worauf Anleger achten sollten, wenn sie ihr Geld mit sozial-ökologischen Kriterien anlegen möchten.

Der Kepler Ethik Aktienfonds ist einer der ältesten nachhaltig ausgerichteten Aktienfonds im deutschsprachigen Raum. Wie funktioniert sein Nachhaltigkeitsansatz?

Die Aktienauswahl für unseren Fonds erfolgt in mehreren Schritten. Unser Basis-Anlageuniversum besteht aus Unternehmen, die die nachhaltigsten in ihrer Branche sind und den sogenannten Prime Status der Nachhaltigkeitsrating-Agentur ISS ESG besitzen (vormals: ISS-oekom). Aktuell sind dies nur etwa 13 Prozent der von ISS ESG insgesamt analysierten Unternehmen. Die Schwellen für den Prime Status sind branchenabhängig – Minen- oder Rohstoffkonzerne müssen viel höhere Anforderungen erfüllen als beispielsweise IT-Unternehmen. Dieses Auswahlverfahren nennt man auch einen absoluten Best-in-Class-Ansatz. In einem zweiten Schritt wenden wir spezielle Ausschlusskriterien auf das Basisuniversum an – das reduziert die Anzahl der Aktientitel nochmals um circa 2 Prozent auf etwa 11 Prozent der Unternehmen, die ISS ESG insgesamt aus Nachhaltigkeitssicht bewertet.

Wie sehen die Ausschlusskriterien aus?

Ausgeschlossen sind beispielsweise Unternehmen, die Geld mit fossilen Brennstoffen, Atomkraft, Glücksspiel und Embryonenforschung verdienen. Wir investieren prinzipiell nicht in Unternehmen, die Menschenrechtsverletzungen begehen oder grundlegende Arbeitsrechte missachten – um nur einige Beispiele zu nennen. Erst die Firmen, die diese Hürden genommen haben, analysieren wir nach Renditegesichtspunkten und investieren in sie – wenn sie uns vielversprechend erscheinen. In Sachen Nachhaltigkeit unterstützt uns zudem ein Ethik-Beirat, dem Wissenschaftler, Theologen, Vertreter von Kirchen und Nachhaltigkeitsexperten angehören.

Ihr Fonds startete 2002. Hat sich beim Nachhaltigkeitsansatz etwas über die Jahre geändert?

Das Grundkonzept blieb über die Jahre gleich.  Bei den Ausschlusskriterien gab es allerdings Anpassungen. Zur Zeit der Auflage des Fonds war die Klimakrise zum Beispiel noch nicht so stark im Zentrum des öffentlichen Interesses. Das hat sich in den letzten Jahren geändert. Wir haben uns beispielsweise entschieden, Kohleförderer und Unternehmen, die mehr als 10 Prozent ihres Umsatzes mit der Förderung von Öl verdienen, ganz aus dem Anlageuniversum auszuschließen.

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Fast 40 Prozent investiert der Fonds in Aktien aus der Eurozone, danach kommen US-Werte mit einem Anteil von gut 34 Prozent. Wieso setzen Sie vermehrt auf europäische Unternehmen? Sind sie nachhaltiger? Renditestärker waren in der Vergangenheit eher US-Aktien…

Ihre Vermutung ist richtig. Wir haben vermehrt Aktien von europäischen Unternehmen im Portfolio, weil sie laut den Analysen von ISS ESG tatsächlich im Schnitt nachhaltiger sind als US-Unternehmen. US-Konzerne hinken europäischen Unternehmen beispielsweise meist in sozialen Belangen hinterher.

Was nützt es, wenn ein Unternehmen zwar mehr Geld für Spenden für eine Arbeitslosenstiftung aufwendet, zuvor aber massenweise Mitarbeiter  entlässt? Das ist in den USA nicht selten der Fall. Hinzu kommt, dass unser Partner ISS ESG sehr viele europäische Unternehmen unter die Lupe nimmt. Dadurch haben wir ein sehr viel breiteres Spektrum an Unternehmen aus Europa, unter denen wir auswählen können.

Außerdem denken wir, dass europäische Unternehmen unter Renditegesichtspunkten aktuell attraktiv sind. Wir setzen zur Zeit auch auf viele Unternehmen mit mittlerer und niedrigerer Marktkapitalisierung. In diesem Segment gibt es in Europa viele investierbare Firmen, die gleichzeitig durch ihre Nachhaltigkeit überzeugen.

Können Sie uns sagen, welche Unternehmen Sie zuletzt neu in den Fonds neu aufgenommen haben – und warum?

Es gab einige Neuzugänge bei uns. Hervorzuheben ist beispielsweise die niederländische Telekommunikationsgesellschaft KPN. KPN bietet Telefon-, Mobilfunk-, und Serverdienstleistungen an. Zudem beteiligt sich das Unternehmen am Ausbau des Glasfaser- und 5G-Netzes.

Die KPN-Aktie war sehr günstig bewertet, als sie in den Fonds aufgenommen wurde. Das Unternehmen besticht mit seinen Nachhaltigkeitsleistungen: Es bezieht seinen Strom aus regenerativen Quellen und setzt sich stark für Datenschutzthemen ein.

Neben KPN haben wir weitere Neu-Investments getätigt in das Pharma-Unternehmen Bristol-Myers Squibb, das australische Telekommunikationsunternehmen Telstra und das US-Bildungsunternehmen Career Education – alles sehr nachhaltige und erfolgversprechende Firmen.

Im Fondsportfolio ist derzeit auch die Apple-Aktie vertreten.  Apple bezieht seinen Strom aus Erneuerbaren Quellen, setzt sich für mehr Recycling und eine verantwortungsvolle Beschaffung der Rohstoffe ein. Aber die Produkte des Unternehmens lassen sich immer schlechter reparieren und auch bei den Zulieferern gab es in der Vergangenheit Berichte über schlechte Arbeitsbedingungen.

Das Nachhaltigkeits-Rating von Apple hat sich in den letzten Jahren verbessert: Apple-Produkte verbrauchen immer weniger Energie und auch in punkto Arbeitssicherheit und Vermeidung von Gefahrenstoffen in den Fabriken schneidet Apple sehr gut ab. Aber Sie sprechen einen wichtigen Punkt an. Bei allen großen und oftmals auch sehr profitablen Konzernen ist die Nachhaltigkeit trotz gutem Nachhaltigkeits-Rating verbesserungsbedürftig.

Es gibt sehr wenige Unternehmen, die bei ISS ESG ein Nachhaltigkeits-Rating von B+ oder A- erreichen (auf einer Skala von D- bis A+)  - mir fallen da auf Anhieb nur Grünstromproduzenten oder Hersteller von Solarmodulen oder Windrädern ein. Wenn Nachhaltigkeitsfonds bei einem Konzern wie Apple einsteigen, ist das aber ein Zeichen und kann etwas zum Positiven bewirken.

Wenn das Unternehmen sich in seiner Nachhaltigkeit verschlechtert und sozial-ökologisch ausgerichtete Fonds damit drohen, Gelder abzuziehen, droht dem Konzern ein Imageschaden. Als Investor kann man auch Druck auf ein Unternehmen ausüben. Die Finanzbranche ist ein starker Hebel für mehr Nachhaltigkeit.

Die EU hat ein Maßnahmenpaket geschürt, um mehr Geld in nachhaltige Investments zu kanalisieren. Wo geht der Trend hin? Wird in der Zukunft mehr Geld nachhaltig angelegt?

Unsere Nachhaltigkeitsfonds haben über die Jahre stetig Mittelzuflüsse erlebt. 2004 verwalteten wir insgesamt gerade einmal 75 Millionen Euro in nachhaltigen Mandaten. Jetzt sind es fast 1,6 Milliarden Euro.

Zuletzt hatte die EU einen Entwurf für eine Taxonomie aller nachhaltigen Wirtschaftsbereiche vorgestellt. Bald werden auch in der Finanzberatung Nachhaltigkeitspräferenzen der Anleger abgefragt. Auch Berichtspflichten und einheitliche Standards für Green Bonds sind in der Planung. Das wird dem Markt für nachhaltige Geldanlagen weiter Auftrieb geben.

Was raten Sie Anlegern, die ihr Geld nachhaltig anlegen möchten? Worauf sollten sie besonders achten? Und was sollten sie unbedingt vermeiden?

Nachhaltigkeitssiegel sind aus unserer Sicht für Anleger ein guter Anhaltspunkt. Der Kepler Ethik Aktienfonds trägt beispielsweise das österreichische Umweltzeichen, das vom österreichischen Bundesministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus und vom Verein für Konsumenteninformation vergeben wird.

Übrigens: Wir sind eine der wenigen Fondsgesellschaften, die ihre Fonds-Portfolios tagesaktuell veröffentlicht. Anleger können beim Kepler Ethik Aktienfonds auf einen Blick erkennen, in welche Unternehmen der Fonds aktuell investiert ist. Ich persönlich würde auch raten, sich intensiv mit dem Thema sozial-ökologische Geldanlage auseinanderzusetzen. Da gibt es mittlerweile zahlreiche Informationsquellen.

Herr Dr. Hauer, wir danken Ihnen für dieses Gespräch!

Zur Person: Dr. Florian Hauer ist seit 2010 für Kepler tätig. Er hat in Linz, Cardiff und Lausanne Wirtschaftswissenschaften studiert. Er managt neben dem Kepler Ethik Aktienfonds noch den Kepler Öko Energienfonds sowie den Fonds Kepler Ethik Mix.

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