Schwellenländer sind nicht nur Staaten wie Indien und Malaysia, sondern nach der Definition der Finanzindustrie auch Polen oder (hier im Bild) Griechenland. / Foto: Pixabay

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Im Test: Schwellenländer-ETF von Amundi ohne China-Aktien

Der Amundi MSCI Emerging ex China ESG Leaders Select ETF will in Nachhaltigkeitsvorreiter aus Schwellenländern investieren und dabei die Diktatur China außen vor lassen. Sind die Kriterien des ETFs streng genug für eine wirklich grüne Geldanlage? Lesen Sie den ECOreporter-Test.

Anbieter des ETFs ist der Finanzkonzern Amundi, eine Tochter der französischen Großbank Crédit Agricole. Seit Amundi 2021 den ebenfalls französischen Konkurrenten Lyxor geschluckt hat, ist das Unternehmen der größte ETF-Anbieter Europas. Amundi vertreibt auch nicht-nachhaltige ETFs, die in Öl, Kohle und Rüstung anlegen.

Finanzen/Risiko

Der ETF startete im November 2021 und hat sich finanziell schwach entwickelt. In den letzten zwölf Monaten gewann er 15,4 Prozent an Wert, der weltweite Aktienindex MSCI World legte im selben Zeitraum 32,2 Prozent zu. Auf drei Jahre gesehen stieg der Kurs des ETFs nur um 4,9 Prozent, der MSCI World hingegen um 38,3 Prozent.

Die Jahresgebühr ist mit 0,35 Prozent etwas höher als bei vergleichbaren ETFs. Die Wertschwankungen fallen niedrig aus. ECOreporter empfiehlt eine Haltedauer von mindestens fünf, besser sieben Jahren.

Nachhaltigkeitskonzept

Der ETF bildet einen Aktienindex des US-Finanzdienstleisters MSCI ab und investiert in 300 Unternehmen aus Schwellenländern. "Schwellenland" ist kein exakt definierter Begriff, die Weltbank definiert ein Schwellenland als Staat, in dem das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf zwischen 1.046 und 4.095 US-Dollar liegt. Es sind sich schnell entwickelnde Volkswirtschaften mit hohem Wirtschaftswachstum, die sich im Übergang zum Industriestaat befinden. Dazu gehören Länder wie Brasilien, Chile, Südafrika, aber auch etwa China, Südkorea oder EU-Mitglieder wie Griechenland, Ungarn und Tschechien. China bleibt bei diesem ETF außen vor.

Laut seinem Namen investiert der ETF außerdem in "ESG Leader", also Unternehmen, die beim Thema ESG besonders vorbildlich sind. ESG steht für die Bereiche Ökologie (E wie Environment), Soziales (S wie Social) und verantwortungsvolle Unternehmensführung (G wie Governance). Es gibt allerdings keine verbindliche Definition, was eine gute ESG-Leistung ausmacht.

Faktisch wendet der ETF ein "Best-in-Class"-Verfahren an. Dabei werden zunächst bestimmte nicht-nachhaltige Branchen ausgeschlossen. Dann werden in den zugelassenen Brachen Unternehmen mit der besten ESG-Bewertung ausgewählt, bis das Portfolio in jedem Sektor bei seiner Marktkapitalisierung die Hälfte des nicht-nachhaltigen MSCI EM ex China Index erreicht hat. Um zu den "Besten" zu zählen, reicht es also theoretisch schon, wenn ein Unternehmen in seiner Branche zur besseren Hälfte gehört.

Ausschlusskriterien

Vollständig tabu sind für den ETF Investments in Unternehmen mit Verbindung zu geächteten Waffen (beispielsweise Landminen und Streumunition) und Nuklearwaffen. Auch die Förderung von Kohle und die unkonventionelle Gewinnung von Öl und Gas (etwa durch Fracking) werden ausgeschlossen, nicht aber konventionelle Öl- und Gasförderung.

Bis zu bestimmten Umsatzanteilen sind den Unternehmen im ETF Geschäfte mit der Erzeugung von Kohle- und Atomstrom erlaubt, zudem mit Tabak, Alkohol, Glücksspiel und konventionellen Waffen.

Im Premium-Bereich finden Sie unter anderem die vollständige Liste der Ausschlusskriterien und eine ausführliche Einschätzung zur Nachhaltigkeit des ETFs.

Wie nachhaltig sind die Aktien in diesem ETF?

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Der ETF investiert etwa in den südafrikanischen Bergbaukonzern Sibanye-Stillwater, der größte Goldproduzent des Landes und ein Uran-Förderer. Seinen Uran-Bergbau will der Konzern in den kommenden Jahren noch stärker ausbauen.

Ebenfalls im Portfolio vertreten sind eine Reihe von Öl- und Gaskonzernen, unter anderem Orlen aus Polen, Gulf Energy Development aus Thailand, Enel Americas aus Chile, Petronas Gas aus Malaysia oder die Saudi Arabian Oil Company – besser bekannt als Saudi Aramco. Saudi Aramco, einer der größten Konzerne der Welt, fördert so viel Erdöl wie kein anderes Unternehmen. Klimaforscher gehen davon aus, dass Saudi Aramco auch der größte CO2-Produzent unseres Planeten ist. Der ETF hält zudem Aktien von Kohlestromerzeugern wie Companhia Paranaense de Energia aus Brasilien, YTL Power International aus Malaysia und Torrent Power aus Indien.

Nachhaltige Unternehmen im ETF sind etwa die Grünstromfirmen Adani Green Energy aus Brasilien und Voltronic Power Technology aus Taiwan. Konzerne wie der taiwanesische Chip-Auftragsfertiger TSMC, der brasilianische Naturkosmetikhersteller Natura oder der südkoreanische Akkuhersteller Samsung SDI verfügen über eine ordentliche Nachhaltigkeitsbilanz. Überwiegend investiert der ETF sehr konventionell, die am häufigsten vertretene Branche ist mit einem Anteil von knapp einem Drittel der Finanzsektor. Die meisten Aktien im ETF stammen mit 30 Prozent aus Indien.

Dass chinesische Unternehmen außen vor sind, kann aus nachhaltiger Sicht als positiv gelten, ECOreporter sieht Investments in die Volksrepublik kritisch. Viele chinesische Unternehmen, auch aus nachhaltigen Branchen, sind in Vorwürfe der Zwangsarbeit verwickelt und müssen sich zudem der Parteidiktatur unterordnen. Der ETF enthält aber Aktien aus anderen diktatorisch regierten Ländern mit prekärer Menschenrechtslage wie Saudi-Arabien, den Vereinigten Arabischen Emiraten, Katar und Ägypten.

Transparenz

Amundi veröffentlicht das vollständige Portfolio des ETFs auf seiner Webseite. Das Aktienauswahlprinzip und die Ausschlusskriterien stellt der Finanzkonzern online knapp dar. Der Indexanbieter MSCI liefert weitere Informationen zum Auswahlverfahren des abgebildeten Index. Zur Nachhaltigkeit der Aktien im ETF finden Anlegerinnen und Anleger in den öffentlich zugänglichen Dokumenten des ETFs mit vertretbarem Zeitaufwand keine Informationen.

Nachhaltige Wirkung

In einem jährlich erscheinenden "Stewardship Report" (deutsch etwa "Bericht über wahrgenommene Verantwortung") dokumentiert Amundi sein Abstimmungsverhalten zu ESG-Themen auf den Hauptversammlungen von Aktienunternehmen. Dabei bietet Amundi eine Übersicht, an welchen Hauptversammlungen teilgenommen wurde, und nennt Abstimmungsbeispiele, etwa wenn ein Vorstand wegen nicht erreichter Nachhaltigkeitsziele nicht entlastet wurde. Die Übersicht ist allerdings sehr grob gehalten. Amundi macht keine Angaben zu Dialogen mit Unternehmen.

Stärken

  • Im Vergleich zu aktiv gemanagten Fonds günstige Gebühren

Schwächen

  • Schwaches Auswahlverfahren
  • Investments in Öl und Gas
  • Investments in Kohle
  • Investments in Uranbergbau

Fazit

Vorreiter gibt es in der Tat in diesem ETF – allerdings sind es eher Vorreiter bei der Verursachung des Klimawandels als bei dessen Bekämpfung. Nachhaltige Anlegerinnen und Anleger sollten einen großen Bogen um dieses Produkt machen. Auch finanziell kann der ETF nicht überzeugen.

ECOreporter-Noten:

Finanzen: 4,3

Nachhaltigkeit: 6,0

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Alle bisherigen ETF-Tests finden Sie hier.

Ausschlusskriterien

Ausschlusskriterien ohne Umsatzschwelle:

  • Geächtete Waffen
  • Nuklearwaffen
  • Verstöße gegen den UN Global Compact

Ausschlusskriterien mit Umsatzschwelle:

  • Herstellung von zivilen Schusswaffen und Munition (5%)
  • Vertrieb von zivilen Schusswaffen und Munition (15%)
  • Herstellung konventioneller Waffen (10%)
  • Herstellung von Tabakprodukten (5%)
  • Vertrieb von Tabakprodukten (15%)
  • Herstellung von Alkohol (10%)
  • Glücksspiel-Angebote (10%)
  • Nuklearenergie (Erzeugung/Service) (10%)
  • Kohlebergbau (5%)
  • Unkonventionelle Öl- und Gasförderung / Fracking (5%)
  • Stromerzeugung aus Kohle (5%)

Daten und Fakten

Stichtag des Tests: 6.12.2024

Name des ETFs: Amundi MSCI Emerging ex China ESG Leaders Select UCITS ETF DR

ISIN LU2345046655 / WKN A3CR0S

Nachgebildeter Index: MSCI EM ex China Region ESG Leaders Select 5% Issuer Capped Index

Start des ETFs: 9.11.2021

Jährliche Gebühren: 0,35 % (Gesamtkosten)

Replikationsmethode: physisch (Indexnachbildung durch Kauf der Aktien)

Ertragsverwendung: thesaurierend

Fondsvolumen: 571 Millionen US-Dollar (12/2024)

Internet: www.amundietf.de

Risiko: Totalverlust unwahrscheinlich, Teilverluste möglich

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