UDI hatte unter anderem in defizitäre Biogasanlagen investiert. Mittlerweile sind zahlreiche UDI-Gesellschaften pleite, Anlegerinnen und Anleger haben Millionen verloren. / Foto: UDI

  Anleihen / AIF, Wachhund

Ex-UDI-Geschäftsführer muss Schadenersatz zahlen – so riskant sind Nachrangdarlehen

Das Oberlandesgericht Dresden hat einen ehemaligen Geschäftsführer der Nürnberger Erneuerbare-Energien-Gruppe UDI zur Zahlung von Schadenersatz an Anlegerinnen und Anleger verurteilt, die 2012 und 2013 sogenannte „Festzins“-Nachrangdarlehen von UDI gezeichnet hatten. Und das Gericht findet deutliche Worte für Anbieter solcher Finanzprodukte.

Die Anlegerplattform Investmentcheck.de hat ECOreporter Abschriften von zwei Dresdener Gerichtsurteilen zukommen lassen (Aktenzeichen 8 U 493/23 und 8 U 536/23). Aus diesen geht hervor, dass ein (in den Abschriften nicht namentlich genannter) ehemaliger Geschäftsführer der UDI-Gruppe Schadenersatz wegen Mängeln in den von ihm verantworteten Verkaufsprospekten zweier Nachrangdarlehen zu leisten hat, die von mittlerweile insolventen UDI-Gesellschaften angeboten wurden.

Gefahren „verschleiert“ und „verharmlost“

Anleger seien „nicht hinreichend verständlich über die wesentlichen Eigenschaften und Risiken der angebotenen Kapitalanlage unterrichtet“ worden, heißt es in einem der Urteile. Und weiter: „Vielmehr verschleiert und verharmlost der Prospekt in unzulässiger Weise den wahren Charakter der Kapitalanlage in Gestalt eines qualifizierten Nachrangdarlehens und die daraus resultierenden Gefahren für den Anleger. An keiner Stelle des Prospekts kann der Anleger den Erläuterungen zur Nachrangigkeit klar die gegenüber einem gewöhnlichen Darlehen gesteigerte Gefahr eines Totalverlustes entnehmen. Der Prospekt erzeugt vielmehr den Gesamteindruck einer eher sicheren Kapitalanlage.“

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„Festzins“ ohne feste Zinsen

Unter anderem sei in dem Prospekt oft nur von „Darlehen“ statt von „Nachrangdarlehen“ die Rede, wodurch der Eindruck entstehen könne, es handle sich um eine herkömmliche, mit geringeren Risiken behaftete Darlehensvergabe. Zudem stünden im Prospekt häufig die Begriffe „Festzins“ und „Festzinsanlage“. Diese könnten Anlegerinnen und Anleger mit „Geldanlagen bei Banken oder Sparkassen und daher auch mit der Solidität und dem Sicherheitsniveau assoziieren, die ein solches Geldinstitut bei Festzinsanlagen“ biete. Die UDI-Nachrangdarlehen boten aber gar keine festen Zinsen – ihre Verzinsung hing von der Ertragslage des Anbieters ab und konnte daher verändert werden.

Auch bei anderen Aspekten sieht das Oberlandesgericht Prospektmängel. So sei unklar geblieben, wofür das Darlehenskapital konkret verwendet werden sollte. Außerdem heißt es in einem der Urteile: „Der Prospekt beschönigt die Folgen einer vorinsolvenzlichen Durchsetzungssperre und einer Insolvenz der Emittentin.“ Das Dokument verhülle „geradezu systematisch die gesteigerte Gefahr des Totalverlustes des Anlegerkapitals“.

Gegen die zweitinstanzlichen Urteile des Oberlandesgerichts ist keine Revision zugelassen.

Anbieter, jetzt bitte genau lesen!

Das Gericht formuliert in einem der Urteile zudem klare Anforderungen an Anbieter von Nachrangdarlehen: „Wendet sich ein Verkaufsprospekt auch an unkundige Anlageinteressenten, ist deren Empfänger- und Verständnishorizont angemessen zu berücksichtigen (BGH, Urteil vom 18.09.2012 – XI ZR 344/11, Rn. 25, juris). In diesem Kontext gilt, dass die wesentlichen Eigenschaften sowie Risiken und Nachteile in verständlicher Art und Weise darzustellen sind. Unklare und widersprüchliche Darstellungen sind zu vermeiden. Die bedeutenden Umstände sind sachlich richtig und vollständig offenzulegen, wobei eine verständliche, eindeutige und übersichtliche Sprache und Gestaltung zu wählen ist. Verharmlosende Formulierungen sind zu unterlassen. Wesentliche Konsequenzen und Informationen dürfen durch die Prospektdarstellung nicht in den Hintergrund gedrängt werden. Auch wenn ein Prospekt nicht bereits deshalb unrichtig ist, weil er formale oder stilistische Gestaltungsmängel aufweist, etwa unübersichtlich gegliedert und für den durchschnittlichen Anleger nicht leicht verständlich abgefasst ist, können solche Mängel ein solches Gewicht annehmen oder sich dergestalt anhäufen, dass das Urteil gerechtfertigt sein kann, es liege ein im Ganzen unrichtiger Prospekt vor, weil bei einem durchschnittlichen Anleger ein unzutreffender Gesamteindruck erweckt wird.“

Mehr zu den Insolvenzen der UDI-Unternehmensgruppe können Sie unter anderem hier lesen.

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