Dr. Ernesto Garnier, Geschäftsführer der Einhundert Energie GmbH. / Foto: Unternehmen

  Anleihen / AIF, Crowd-Investment

Crowd-Investment Einhundert Energie: 7 % Zins und Solarstrom für Mieter

Die Einhundert Energie GmbH betreibt Solar-Mieterstromanlagen. Weil das Kölner Unternehmen weiter wachsen will, bietet es über die Crowd ein Nachrangdarlehen an. Geschäftsführer Dr. Ernesto Garnier spricht im ECOreporter-Interview über Chancen und Risiken des Angebots – und die Auswirkungen der Corona-Krise auf sein Unternehmen.


Strom-App von Einhundert Energie. / Foto: Unternehmen

Einhundert Energie betreibt Photovoltaikanlagen auf Gebäuden und verkauft den Strom an die Mieter im Gebäude. Das Unternehmen hat eine Software-Plattform entwickelt, deren App Kostentransparenz für Mieter und Vermieter ermöglicht und die Verwaltung der Mieterstromanlage erleichtert. Zur Finanzierung des Geschäftsausbaus hat Einhundert Energie ein Nachrangdarlehen begeben. Das bietet einen Zins von 7,0 Prozent pro Jahr bei einer geplanten Laufzeit bis Ende 2024. Anleger können das Angebot ab 300 Euro über die Online-Plattform wiwin zeichnen.

Mit dem Nachrangdarlehenskapital plant die Emittentin Einhundert Energie GmbH, ihren Vertrieb auszubauen (Personal und Marketing), die Software-Plattform weiterzuentwickeln (IT- und Produktentwicklung), Prozesse zu automatisieren und weitere Projekte zu realisieren. Die Emittentin verfolgt das Ziel, sich als kompetenten und verlässlichen Partner für die Immobilienwirtschaft zu positionieren.

Welchen Mehrwert bietet die von Einhundert Energie entwickelte App? Schadet der immer noch nicht abgeschaffte 52-Gigawatt-Solardeckel der Entwicklung des Unternehmens? Muss die Umsatzprognose aufgrund der Corona-Krise angepasst werden? Mit welcher Rendite können Immobilieneigentümer rechnen? Diese und weitere Fragen hat ECOreporter Dr. Ernesto Garnier gestellt. Garnier (Unternehmensbereich Strategie, Finanzen, Kundengeschäft) bildet zusammen mit Markus Reinhold (Produktentwicklung) die Geschäftsführung und das Gründerteam der Einhundert Energie GmbH.

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Erhöhte Risiken

Die Geschäftsplanung der Emittentin sieht vor, das operative Geschäft in den nächsten drei Jahren in die Profitabilität zu führen. Der letzte aufgestellte Jahresabschluss der Einhundert Energie GmbH, die Mitte 2017 gegründet wurde, bezieht sich auf das Geschäftsjahr 2018. Demnach hat die Emittentin 2018 einen Fehlbetrag von rund 284.000 Euro verzeichnet (2017: Verlust von rund 73.000 Euro).


Dr. Ernesto Garnier (l.) und Markus Reinhold, Gründer von Einhundert Energie. / Foto: Unternehmen

Das Emissionsvolumen des Nachrangdarlehens beträgt maximal 1,25 Millionen Euro. Die Emittentin plant nach eigenen Angaben, die Zins- und Rückzahlungen an die Anleger aus Kapitalrücklagen und dem operativen Kapitalfluss zu finanzieren. Bei der Einhundert Energie GmbH handelt es sich um ein Unternehmen in einer frühen Unternehmensphase, die mit erhöhten Risiken einhergeht. Insbesondere wenn sich die Geschäftsidee am Markt nicht durchsetzt oder der geplante Geschäftsaufbau nicht wie erhofft umgesetzt werden kann, besteht für Anleger ein Totalverlustrisiko.  

Hohes Potenzial für Solar-Mieterstromprojekte

Nach Angaben des Unternehmens nehmen im Durchschnitt zwei von drei Endverbrauchern eines Gebäudes das Stromlieferangebot der Einhundert Energie GmbH an. Ende Februar 2020 waren nach Angaben der Emittentin 125 Gebäude mit mehr als 1.300 Endverbrauchern an ihre Software-Plattform angebunden.

Hinsichtlich der Anzahl der geeigneten Gebäude ist das Ausbaupotenzial für Solar-Mieterstromprojekte in Deutschland sehr hoch. Allerdings sind die politischen, rechtlichen, steuerrechtlichen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für Mieterstromprojekte in Deutschland so schwierig, dass das Ausbaupotenzial bislang bei Weitem nicht ausgeschöpft wird.

ECOreporter: Herr Dr. Garnier, der Markt für Photovoltaik-Mieterstrom ist hart umkämpft. Welchen konkreten Mehrwert bietet Einhundert Energie Mietern und Immobilieneigentümern im Vergleich zu den Angeboten der Konkurrenz?

Dr. Ernesto Garnier: Unsere eigens entwickelte Software-Plattform visualisiert und verarbeitet die Energieflüsse im Gebäude in Echtzeit, was für Vermieter und Mieter in unserer App volle Transparenz und Kontrolle über den Stromverbrauch und entsprechende Kosten bedeutet. Vermieter haben zudem die Leistung ihrer PV-Mieterstromanlagen stets im Blick und können alle regulatorischen Meldepflichten digital abwickeln. Außerdem bietet die App ihnen eine vereinfachte Übersicht über die Stromkosten des Gebäudes, wie die des Allgemeinstroms.

Für Mieter bedeutet die Transparenz und Kontrolle konkret, dass sie monatlich exakt zahlen, was sie an Strom verbrauchen, und nie wieder nachzahlen. In der App haben sie ihren Verbrauch, ihre Kosten sowie die entsprechende CO2-Ersparnis im Vergleich zum deutschen Strommix stets im Blick. Allein die Transparenz im Stromverbrauch, zeigen Studien, führt außerdem zu einer Reduktion des Verbrauchs und folglich auch der Kosten um 5 bis 15 Prozent. Im Übrigen kommen wir nicht zur Einschätzung, dass der Markt “Photovoltaik-Mieterstrom” hart umkämpft ist. Vielmehr zeigen die Zahlen, dass der Markt, gemessen am Potenzial, noch sehr wenig erschlossen ist. Unserer Analyse zufolge sind erst rund 0,5 Prozent der potenziellen Bestandsgebäude mit Mieterstromanlagen ausgestattet.

Die Einhundert Energie GmbH entwickelt und betreibt die Software-Plattform. Für die Planung und Installation der Photovoltaikanlagen und der digitalen Zählertechnik arbeiten Sie mit Partnerunternehmen zusammen. Sind das überregionale Firmen oder jeweils in der Region ansässige kleinere Handwerksbetriebe?

Wir haben sowohl einen überregionalen Partner als auch mehrere regionale Partner. Aktuell rekrutieren wir weitere überregionale Partner für unser bundesweites Wachstum. Für die Zählertechnik arbeiten wir mit Discovergy zusammen, dem führenden Komplettanbieter für Smart Metering-Lösungen, können aber technologisch mit allen digitalen Messstellenbetreibern zusammenarbeiten.

Da der 52-Gigawatt-Solardeckel weiterhin gilt, ist unsicher, ob künftig überschüssiger Solarstrom, der nicht von den Mietern abgenommen wird oder werden kann, eine Einspeisevergütung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz erhält. Wie verändert sich dadurch die Projekt-Kalkulation Ihres Unternehmens?

Die Kalkulation verändert sich meist nur geringfügig, da der von unseren Anlagen produzierte Strom zu großen Teilen im Gebäude bleibt und nicht ins Netz eingespeist wird. Zwar fällt bei Erreichen des Solardeckels nach aktueller Logik auch die Mieterstromförderung für den produzierten Strom weg, der im Gebäude genutzt wird, allerdings ist diese Förderung derzeit so gering und die Anforderungen so restriktiv, dass wir sie in vielen Fällen ohnehin nicht in Anspruch nehmen. Klar ist: Will die Politik den Ausbau von Mieterstrom wirklich unterstützen, vor allem im Bestand, muss der Solardeckel fallen und die Mieterstromförderung überarbeitet werden. Das hatte die Regierung übrigens bereits für 2019 versprochen. Wir hängen von solch einer Verbesserung zwar nicht ab, erwarten aber, dadurch als Unternehmen noch schneller zu wachsen und damit die CO2-Reduktion im Gebäudebestand zu beschleunigen.


Mieterstromanlagen in Wachtberg. / Foto: Einhundert Energie

Die Einhundert Energie GmbH erwirtschaftete 2019 nach eigenen Angaben etwa 300.000 Euro Umsatz und prognostiziert 2,5 Millionen Euro Umsatz für das Jahr 2020. Mittlerweile wird für 2020 in Deutschland infolge der Corona-Krise ein deutlicher Konjunktureinbruch erwartet. Haben Sie Ihre Umsatzprognose für 2020 aufgrund der veränderten Situation inzwischen aktualisiert?

Wir würden es für fahrlässig halten, die Umsatzprognose vor Anfang April zu aktualisieren. Die Dynamik der wirtschaftlich-gesellschaftlichen Veränderungen lässt eine seriöse Anpassung der Prognose noch nicht zu. Was wir sagen können: Die Nachfrage bricht nicht ein, im Gegenteil. Allein am letzten Wochenende gingen knapp 30 Anfragen online bei uns ein. Unsere Großkunden sind fest entschlossen, die gemeinsamen Projekte zügig umzusetzen. Wir erwarten also Stand heute keinen Umsatzrückgang und auch keinen Rückgang unseres Wachstums. Wir rechnen aber mit Verzögerungen, da die Installation und Inbetriebnahme neuer Anlagen in der aktuellen Situation mehr Zeit in Anspruch nimmt. Dies könnte dazu führen, dass ein Teil der für 2020 geplanten Umsätze erst 2021 realisiert wird. Ein signifikanter Teil der für 2020 geplanten Anlagen ist aber bereits in der Umsetzungsphase.

Eine PV-Mieterstromanlage kommt nach Ihren Angaben in der Regel für 20 bis 40 Prozent des Strombedarfs im Gebäude auf. Der restliche Strombedarf wird durch den Zukauf von Ökostrom gedeckt. Von welchen Anbietern kaufen Sie diesen Ökostrom? Hat er das Grüner Strom Label (GSL) oder das Ok-Power-Label?

Für die Beschaffung unseres Ökostroms arbeiten wir mit etablierten Partnern zusammen, die sich der Energiewende verschrieben haben, und setzen auf offizielle Herkunftsnachweise. Herkunftsnachweise bescheinigen, wie und wo Strom aus Erneuerbaren Energien hergestellt wurde, und werden in Deutschland zentral vom Umweltbundesamt verwaltet. So wird nicht nur die Qualität des Ökostroms sichergestellt, sondern auch, dass eine gewisse Menge einer bestimmten Qualität nur einmal gehandelt wird. Entsprechend hat dieser hinzugekaufte Ökostrom kein Label. Den Handel und die Qualitätssicherung des Stroms selbst führt derzeit die Firma Next Kraftwerke für uns durch. Der Großteil des von uns gekauften Ökostroms stammt aus Wasserkraftwerken in Österreich.

Haben Sie einen Wettbewerbsnachteil gegenüber Marktakteuren im Solar-Mieterstrom-Segment, die Ökostrom nicht zukaufen müssen, weil sie selbst Ökostrom produzieren?

In der Regel verkaufen und kaufen alle Marktakteure Ökostrom bzw. entsprechende Zertifikate über die gängigen Handelsplätze oder Plattformen mit marktüblichen Preisen. Sollten sie eigene Erzeugungsanlagen betreiben, liegen die Gestehungskosten in der Regel nicht unter den Stromhandelspreisen, sondern eher darüber. Somit ergibt sich daraus kein Wettbewerbsnachteil.

Der Immobilieneigentümer kauft die PV-Mieterstromanlage und verpachtet sie dann an die Emittentin. Wie viele Jahre läuft der Pachtvertrag? Wie hoch ist die Renditeerwartung für den Immobilieneigentümer (IRR, pro Jahr)?

Die  Verträge haben in der Regel eine Mindestlaufzeit von acht Jahren und können dann beidseitig gekündigt werden. Die Renditeerwartung schwankt natürlich von Projekt zu Projekt. In der Regel liegt sie im Bereich von 3 bis 7 Prozent pro Jahr. Bauherren mit KfW-Förderung können in der Gesamtbetrachtung inklusive Tilgungszuschuss auch deutlich mehr erwirtschaften.

Einhundert Energie betreibt die PV-Mieterstromanlage und vermarktet den lokal erzeugten Strom im Gebäude. Sind die Mieter des Gebäudes verpflichtet, den lokal erzeugten Strom von Ihnen abzunehmen? Wie hoch ist derzeit bei den Einhundert-Projekten ca. der Strompreis für die Mieter?

Bei unseren Mieterstromprojekten beliefern wir die Mieter, die sich bei uns als Stromkunde anmelden, mit günstigem Ökostrom. Das heißt, wir sind ihr augenscheinlich klassischer Energieversorger, mit dem sie einen Vertrag über ein oder maximal zwei Jahre abschließen. Der Vermieter hat damit nichts zu tun. Die Mieter sind natürlich nicht dazu verpflichtet, uns als Energieversorger auszuwählen, aber bei den Konditionen aus günstigem Ökostrom sowie Kostentransparenz macht es für sie absolut Sinn. Es gibt dabei nicht “den Ökostrompreis” für unsere Kunden, sondern er ist, wie auch bei herkömmlichen Stromversorgern, regional verschieden. In der Regel ist unser Strompreis aber günstiger als der des örtlichen Grundversorgers.

Herr Dr. Garnier, besten Dank für die Antworten!

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