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Nachhaltiger ETF-Anbieter Rize: „Wir möchten eine hohe Glaubwürdigkeit unserer Produkte“ (Interview)
Der britische ETF-Anbieter Rize stellt aktuell die beiden ETFs mit der besten ECOreporter-Nachhaltigkeitsnote. Im Interview erklärt Florian Berberich, bei Rize zuständig für die Regionen Deutschland und Österreich, was den Kern der Nachhaltigkeitsstrategie von Rize ausmacht, wie Ausschlusskriterien ermittelt werden und warum die Aktienlisten der Rize-ETFs meist ziemlich kurz sind.
Rize wurde 2019 gegründet und setzt auf ein übergeordnetes Nachhaltigkeitskonzept etwa mit Ausschlusskriterien, die für alle Produkte des Unternehmens gelten. Formuliert sind diese Vorgaben in der auf der Rize-Webseite einsehbaren „Rize Future First Policy“.
Stimmrechts-Report auf Anfrage
Für einzelne ETFs gelten darüber hinaus zusätzliche Positiv- oder Negativkriterien. So sind beim Rize Sustainable Future of Food beispielsweise sämtliche tierischen Lebensmittel tabu. Unternehmen im Rize Environmental Impact 100 ETF müssen zum Erreichen bestimmter Nachhaltigkeitsziele beitragen und mehr als die Hälfte ihres Umsatzes etwa mit Erneuerbarer Energie oder mit Wasseraufbereitung erzielen. Beide ETFs haben im ECOreporter-Test die bislang beste Nachhaltigkeitsnote 1,7 erhalten.
Florian Berberich leitet das Geschäft von Rize in Deutschland und Österreich. / Foto: Rize
Beim sogenannten „Engagement“, das das Abstimmungsverhalten auf Hauptversammlungen von Unternehmen, deren Aktien Rize hält, und Dialoge zu Nachhaltigkeitsthemen mit investierten Unternehmen umfasst, sticht Rize nicht hervor. Der ETF-Anbieter lässt sich auf Hauptversammlungen durch den Stimmrechtsdienstleister ISS nach selbst definierten Richtlinien vertreten und veröffentlicht einen sogenannten „Stewardship-Report“, der das Abstimmungsverhalten dokumentiert.
Allerdings müssen Anlegerinnen und Anleger bei Rize nach diesem Report fragen, um ihn zu erhalten. Inhaltlich ist der Report etwa auf dem Niveau anderer ETF-Anbieter. Er nennt beispielsweise die Zahl der frequentierten Hauptversammlungen und Beispiele für Abstimmungen zu Nachhaltigkeitsthemen.
Weiterführende Dialoge mit Unternehmen führt Rize nicht. Allerdings verschickt man an Unternehmen Fragebögen nach dem Vorbild des Carbon Disclosure Project (CDP), um auf freiwilliger Basis Daten zu CO2-Emissionen, Klimarisiken sowie Reduktionszielen und -strategien abzufragen. Für jeden ETF werden außerdem Unternehmen genannt, die trotz einer thematisch passenden Ausrichtung für eine Aufnahme in das Aktienpaket tabu sind, inklusive einer Begründung wie beispielsweise zu hohe Umsätze mit fossiler Energie.
Lesen Sie im Premium-Bereich, was Rize-Manager Florian Berberich etwa zur Entstehung von Nachhaltigkeitskriterien sagt und zur Idee, ETFs breiter aufzustellen. Alle bislang von ECOreporter getesteten ETFs finden sie hier.
Der folgende Premium-Inhalt ist aufgrund des Artikelalters nun frei verfügbar.
ECOreporter: Herr Berberich, Rize ist auf Themen-ETFs spezialisiert. Für alle Produkte gilt dabei eine feste Liste von Ausschlusskriterien, die eine im Vergleich zu konventionellen Produkten anderer Anbieter verbesserte Nachhaltigkeit garantieren sollen. Auf welcher Basis wurde diese Kriterienliste erarbeitet?
Florian Berberich: Wir haben eine breit angelegte Analyse von SRI-Fonds [SRI steht für Socially Responsible Investment, sinngemäß übersetzt: Nachhaltiges Anlegen; ein SRI-Fonds ist also ein nachhaltiger Fonds - Anm. d. Red.] und ihrer jeweiligen Ausschlusskriterien durchgeführt. Um zu verstehen, welche Ausschlusskriterien in einem bestimmten thematischen Bereich relevanter sein könnten, haben wir sie auch aus einer thematischen Perspektive betrachtet.
Rize-ETFs setzen auf Themen von nachhaltiger Lebensmittel- und Landwirtschaft... / Foto: Pixabay
Umsatzschwellen etwa für Geschäfte mit Glücksspiel oder Rüstungsverträge sind mit 10 Prozent vergleichsweise hoch angesetzt. Auch sehr nachhaltige aktiv gemanagte Fonds räumen solche Schwellen oft ein, beschränken diese aber meist auf 5 Prozent. Warum wählt Rize höhere Umsatzschwellen?
Für jede dieser Aktivitäten, die mit einem bestimmten Schwellenwert auf unserer Ausschlussliste stehen, haben wir einen konsensbasierten Ansatz gewählt. Dies geschah auf der Grundlage von Standardfonds für nachhaltiges Investieren und deren Richtlinien, mit denen wir die typische Bandbreite für diese spezifischen Kriterien ermitteln konnten. Auf diese Weise haben wir die jeweiligen Schwellenwerte für die einzelnen Aktivitäten festgelegt. Sie variieren je nach Schweregrad der Tätigkeiten und auch je nachdem, ob das Unternehmen direkt oder indirekt Einnahmen aus diesen Tätigkeiten erzielt. Wir unterscheiden bei drei der Ausschlusskriterien (Thermalkohle, Öl und Gas sowie Kernkraft) zwischen direkter und indirekter Beteiligung in diesen Sektoren. Deshalb sind wir der Ansicht, dass die von uns festgelegten Werte ein gutes Gleichgewicht zwischen dem thematischen Ziel der einzelnen Fonds und dem Ausschluss von ESG-bezogenen Risiken schaffen.
Die Liste der Ausschlusskriterien ist auf der Rize-Website vollständig einsehbar, gemeinsam mit Informationen über die grundsätzliche nachhaltige Ausrichtung des Unternehmens. Allerdings ist der Titel dieses Dokuments mit „Rize Future First Policy“ nicht gerade selbsterklärend.
Ich stimme Ihnen zu, dass das Dokument auf den ersten Blick nicht wie ein Standard-„ESG-Ausschluss“-Dokument aussieht – aber als junges Unternehmen, das die Dinge auf seine eigene Art und Weise angehen will, fanden wir diesen Titel ideal auf unseren Slogan „Rize - Future First ETFs“ abgestimmt. Denn bei der Nachhaltigkeitspolitik geht es nach unserem Verständnis einzig darum, sicherzustellen, dass zukünftige Generationen mit den Generationen von heute sicher und harmonisch zusammenleben können.
Sie informieren in der Policy auch darüber, dass Rize sich auf Hauptversammlungen durch einen Stimmrechtsdienstleister vertreten lässt. Auf Wunsch erhalten Interessentinnen und Interessenten Berichte über das Abstimmungsverhalten bei ESG-Themen. Zudem können Sie Informationen zur Nachhaltigkeitsleistung der einzelnen Unternehmen in einem ETF bereitstellen. Gibt es Pläne, diese Berichte grundsätzlich zum Download anzubieten?
Im Zusammenhang mit der Nachhaltigkeit unserer Fonds arbeiten wir aktuell an einer neuen Form der Berichterstattung, die alle relevanten Aspekte dieser Thematik umfassen soll. Ein Teil davon könnte auf der Website zur Ergänzung der dort bereits einsehbaren Informationen veröffentlicht werden.
Rize-ETFs umfassen ein Themenspektrum von nachhaltiger Lebensmittelwirtschaft bis zu digitalen Bildungsangeboten. Der Future of Food ETF formuliert zudem weiterführende Ausschlusskriterien, der Environmental Impact 100 hat fondsspezifische Umweltkriterien. Sind entsprechende Ergänzungen auch für andere ETFs geplant? Wenn es um digitales Lernen geht, wäre beispielsweise die Frage nach der politischen Ausrichtung eines Angebots für die Nachhaltigkeit relevanter als der Ausschluss von Alkoholherstellung.
In Bezug auf den Rize Educational Tech and Digital Learning haben wir keine spezifischen Ausschlusskriterien festgelegt, weil der Fonds tatsächlich nur positive gesellschaftliche Auswirkungen auf das Bildungssystem hat. Da der dem ETF zugrunde liegende Index in erster Linie Technologieunternehmen abbildet, sind die zu erwartenden negativen Auswirkungen auf die Umwelt minimal, wenn überhaupt vorhanden. Bezüglich der "politischen Ausrichtung" eines Anbieters sind privatwirtschaftliche Unternehmen und nicht Regierungen gemeint. Die Ausschlusskriterien der Rize Future First Policy zielen darauf ab, Unternehmen dann auszuschließen, wenn sie in Bestechung und Korruption, Kontroversen, Verstöße gegen den UN Global Compact und die OECD-Leitlinien sowie schlechte Governance-Praktiken involviert sind.
Nach welchen Kriterien wählen Sie die Themen Ihrer ETFs aus? „Digitales Bezahlen“ etwa drängt sich nicht unbedingt als nachhaltiges Kernthema auf.
..bis hin zu digitaler Sicherheit oder netzwerkunterstütztem Lernen. / Foto: Pixabay
Rize ist ein thematischer ETF-Emittent mit einem starken Fokus auf nachhaltige Strategien, was nicht bedeutet, dass wir einige der bedeutsamsten und sich weltweit am schnellsten entwickelnden Veränderungen in unserer Gesellschaft ignorieren. Der digitale Zahlungsverkehr verkörpert einen solchen wichtigen und zukunftsweisenden Wandel. Dieses Thema unterliegt natürlich auch unserem strengen internen Nachhaltigkeitsrahmen, den wir bei Rize für alle unsere Fonds anwenden.
Ein Nachteil der Rize-ETFs sind die relativ kurzen Bestandslisten. Mit gerade einmal 100 Aktien ist der Rize Environmental Impact 100 bereits der am breitesten aufgestellte ETF. Gibt es Überlegungen, künftig auch größere ETFs anzubieten?
Es ist durchaus möglich, einen breiter angelegten Fonds aufzulegen, zum jetzigen Zeitpunkt haben wir diesbezüglich jedoch keine Pläne. Um ein Thema sinnvoll abzubilden, muss man Unternehmen auswählen, die ein signifikantes thematisches Engagement aufweisen, und vermeiden, dieses Engagement mit einer zu breit gefassten Auswahl zu verzerren. Letztendlich möchten wir als Emittent von Themen-ETFs eine hohe Glaubwürdigkeit unserer Produkte und einen möglichst reinen Zugang zum Investmentthema darstellen. Dieses Ziel wollen wir nicht aus dem Auge verlieren, nur damit der ETF mehr Positionen aufweist.