Der Rize-ETF will unter anderem in die Landwirtschaft der Zukunft investieren – welche Aktien wählt er dafür aus? / Foto: Pixabay

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ETF-Test: Rize Sustainable Future of Food UCITS ETF

Kein Fleisch, kein Fisch oder andere tierische Lebensmittel, dafür moderne Landwirtschaft und neueste Verpackungslösungen: Der Rize Sustainable Future of Food ETF verspricht nicht weniger als Investitionen in die Lebensmittelindustrie der Zukunft. Wie viel Substanz steckt dahinter? ECOreporter hat sich das Aktienpaket genau angesehen.

Das erste Mal hat ECOreporter den ETF im Januar 2022 getestet. Damals sah die Redaktion Nachholbedarf bei der nachhaltigen Wirkung. Nachdem Rize entsprechende Fragen beantwortet hat, hat ECOreporter die Kategorie neu bewertet. Und natürlich auch etwaige Änderungen im Aktienpaket geprüft. Wie schneidet der ETF diesmal ab?

Anbieter des ETFs ist der britische Finanzdienstleister Rize ETF. Das Unternehmen wurde 2019 gegründet und ist nach eigenen Angaben Europas erster ausschließlich auf Themen-ETFs spezialisierter ETF-Anbieter. Rize verspricht zudem, dass alle angebotenen ETFs grundsätzlich unter Beachtung von Nachhaltigkeitskriterien zusammengestellt sind. ECOreporter hat bei Rize keine nennenswerten Investments etwa in fossile Energieträger oder Rüstung festgestellt.

Finanzen / Risiko

Der ETF wurde im August 2020 aufgelegt. Da er damit noch keine drei Jahre am Markt ist, erhält er keine Finanznote.

Hier finden Sie den aktuellen Kurs des ETFs bei ECOreporter und Details zur Wertentwicklung

Die Jahresgebühren sind mit 0,45 Prozent etwas teurer als bei vergleichbaren ETFs, insgesamt aber immer noch günstig.

Nachhaltigkeitskonzept

Der ETF ist ein Themen-ETF, der ganz auf eine nachhaltige Lebensmittelwirtschaft ausgerichtet sein soll. Dazu investiert Rize in Unternehmen, die „über die gesamte Lebensmittelwertschöpfungskette hinweg innovativ tätig sind, um so ein nachhaltigeres, sichereres und faireres Ernährungssystem für unseren Planeten aufzubauen“. Die Unternehmen sollen aus folgenden Branchen stammen:

  • Pflanzliche und Bio-Lebensmittel
  • Zusatzstoffe, Aromen und Duftstoffe
  • Lebensmittelsicherheit und -prüfung
  • Agrarwissenschaft
  • Wassertechnologie
  • Lieferkettenoptimierung
  • Nachhaltige Verpackungswirtschaft

Um für den ETF in Frage zu kommen, müssen Unternehmen mindestens 20 bis 50 Prozent ihres Umsatzes mit Geschäften aus einem dieser Bereiche erzielen, Überschneidungen sind dabei möglich. Darüber hinaus gelten eine Reihe von ESG-basierten Ausschlusskriterien. ESG steht für die Nachhaltigkeitskriterien Ökologie (E wie Environment), Soziales (S wie Social) und gute Unternehmensführung (G wie Governance).

Der ETF bildet einen Index nach, den der britische Finanzdienstleister Foxberry‘s im Auftrag von Rize erstellt. Das heißt: Rize legt die Kriterien fest, nach denen der Index zusammengestellt werden soll, Bewertung und Auswahl der Unternehmen stammt von Foxberry‘s.

Ausschlusskriterien

Der ETF schließt Unternehmen vollständig aus, die Strom aus Kohle oder Atomkraft erzeugen sowie Kohle, Öl oder Gas fördern oder Tabakprodukte herstellen. Zudem sind Firmen mit Verbindung zu geächteten Waffen (etwa Streumunition oder ABC-Waffen) tabu. Geachtet wird laut Rize auch auf Grundsätze der guten Unternehmensführung. So dürfen Firmen beispielsweise nicht in Fälle von Korruption oder „signifikante Kontroversen“ verwickelt sein.


Tomra Systems stellt Pfandautomaten und Sortiermaschinen her – ein Geschäft mit Zukunft, im doppelten Sinne. / Foto: Unternehmen

Außen vor sind Unternehmen auch, wenn mindestens 10 Prozent der Umsätze aus Geschäftsbeziehungen zu Erzeugern von Kohle- und Atomstrom oder Firmen stammen, die Kohle, Öl oder Gas fördern. Die gleiche Umsatzschwelle gilt für Militärverträge, jegliche Verbindung zu Glücksspiel, Pornografie, Alkoholproduktion und -verkauf sowie Tabakhandel.

Diese bereits strengen Ausschlusskriterien werden auch für alle anderen von Rize aufgelegten ETFs herangezogen. Darüber hinaus gibt es noch eine Liste von Ausschlusskriterien, die speziell für diesen ETF gelten.

Untersagt sind so zusätzlich Geschäfte mit Massentierhaltung, Fischfarmen sowie kommerzieller Fischerei und generell die Herstellung tierischer Lebensmittel inklusive Molkereiprodukten.

Produzenten von Palmöl und Sojabohnen sowie Unternehmen der Holzwirtschaft müssen, um für den ETF in Frage zu kommen, dem Carbon Disclosure Project (CDP) ihre Umweltdaten zur Verfügung stellen. Das CDP ist eine im Jahr 2000 in London gegründete Non-Profit-Organisation, die Umweltdaten wie Emissionen oder Wasserverbrauch durch Unternehmen und Kommunen öffentlich zugänglicher machen will.

Ebenfalls nicht investiert wird in Unternehmen, die genetisch verändertes Saatgut verkaufen – die reine Forschung an gentechnisch verändertem Saatgut ist allerdings kein K.o.-Kriterium. Auch Hersteller von chemischem Dünger und Pflanzenschutzmitteln können zugelassen sein, wenn sie sich „auch mit der Entwicklung und Kommerzialisierung biobasierter Lösungen befassen“. Tierversuche sind ebenfalls nicht ausgeschlossen.

Wie nachhaltig ist dieser ETF?

Der folgende Premium-Inhalt ist aufgrund des Artikelalters nun frei verfügbar.

Kritisch gesehen werden kann das Investment des ETFs in den niederländischen Chemiekonzern DSM, einen der weltgrößten Hersteller synthetischer Vitamine. Solche Vitamine werden oft in sehr geringen Mengen ungesunden Lebensmitteln beigemischt, die dann auf ihren Verpackungen mit diesem angeblichen Gesundheitsaspekt werben. Nach Recherchen von "Zeit Online" lobbyierte DSM auf EU-Ebene massiv gegen ein Verbot derartiger Vitaminwerbung auf ungesunden Lebensmitteln.

Ebenfalls im Aktienpaket des ETFs vertreten sind der schwedische Industriekonzern Alfa Laval und der US-Mischkonzern Ball Corporation. Alfa Laval baut etwa Kühltechnik, die nicht nur in der Lebensmittelindustrie, sondern auch in Kernkraftwerken verwendet wird. „Kernkraftanbieter in mehr als 20 Ländern nutzen Ausrüstung von Alfa Laval, um maximale Sicherheit, Effizienz, Kostenkontrolle und Betriebszeit zu erreichen“, erklärt das Unternehmen dazu auf seiner Website. Ball stellt über die Tochter Ball Aerospace & Technologies auch Komponenten für Kampfflugzeuge her.

Die Dole Food Company aus den USA ist der weltgrößte Anbieter von frischem Obst, Gemüse und Schnittblumen. Um 2010 herum versuchte  der Konzern, das Erscheinen eines Dokumentarfilms zu verhindern, in dem Dole der Einsatz des verbotenen Schädlingsbekämpfungsmittels DBCP vorgeworfen wurde. Vorwürfe gab es wiederholt auch wegen angeblich ausbeuterischer Bedingungen auf Plantagen des Konzerns, besonders in Südamerika. Gleichzeitig arbeitet Dole seit etlichen Jahren mit Organisationen wie dem WWF zusammen, um den konventionellen Bananenanbau nachhaltiger zu machen, strengt Kooperationen mit lokalen Plantagenbesitzern an und engagiert sich gegen die Abholzung von Regenwald.

Mehrere Chemie-Unternehmen im ETF (Euglena, Symrise, International Flavors & Fragrances u.a.) führen Tierversuche durch, sofern diese gesetzlich vorgeschrieben sind. 

Insgesamt investiert der ETF seiner Maßgabe entsprechend tatsächlich in ein sehr breites Spektrum von Unternehmen. Dieses reicht vom US-Fleischersatzhersteller Beyond Meat über Biochemiekonzerne wie Novozymes aus Dänemark oder den Pfand- und Sortiermaschinenhersteller Tomra aus Norwegen bis zum US-Stahlbauer Lindsay Corporation, der Bewässerungsanlagen konstruiert.

Der ETF ist zudem frei von jeder fossiler Energie, Gen-Saatgut und auch von jeglichen tierischen Lebensmitteln.

Mit 51 Aktien ist der ETF nun etwas größer als im Januar, allerdings noch immer nicht besonders breit aufgestellt. Über die Hälfte der Unternehmen kommt zudem aus den USA. An den oben aufgeführten Positionen, die noch am ehesten kritisch betrachtet werden können, hat sich nichts geändert.

Transparenz

Rize veröffentlicht das vollständige Portfolio des ETFs auf seiner Website, ebenso ausführliche Informationen zur Zusammenstellung des Index und eine Übersicht zu sämtlichen Ausschlusskriterien inklusive Umsatzschwellen. Der Anbieter informiert auch darüber, wenn etwa Kriterien verschärft werden – zuletzt war das im Oktober 2021 der Fall. Zur Nachhaltigkeit der einzelnen Aktien im ETF finden Anlegerinnen und Anleger in den öffentlich zugänglichen Dokumenten des ETFs keine Informationen.

Nachhaltige Wirkung

Rize lässt sich auf Hauptversammlungen durch den ​US-amerikanischen Stimmrechtsvertreter International Shareholder Services (ISS) repräsentieren. Anlegerinnen und Anleger erhalten von Rize auf Wunsch einen sogenannten Stewardship Report, in dem das Abstimmungsverhalten, auch zu Nachhaltigkeitsthemen, dokumentiert ist. Zudem können Investoren auf Anfrage eine Übersicht zu den individuellen Nachhaltigkeitsprofilen aller Unternehmen im ETF erhalten. Wünschenswert wäre hier lediglich, dass die Informationen von vornherein auf der Website zum Download zur Verfügung gestellt würden.

Individuelle Dialoge mit Unternehmen führt Rize nicht. Der ETF-Anbieter bittet Unternehmen aber regelmäßig um Auskünfte im Rahmen des Carbon Disclosure Project (CDP). Dabei werden auf Basis standardisierter Fragebögen und auf freiwilliger Basis Daten und Informationen zu CO2-Emissionen, Klimarisiken sowie Reduktionszielen und -strategien von Konzernen erhoben.

Stärken:

  • Viele und strenge Ausschlusskriterien
  • Keine direkten Investments in fossile Energie oder Waffen
  • Sehr transparente Homepage

Schwächen:

  • Nicht sehr breit aufgestellter ETF
  • Tierversuche nicht ausgeschlossen
  • Vereinzelt Geschäfte mit Militär und Nuklearindustrie

Fazit

Anlegerinnen und Anleger haben hier einen nachhaltigen ETF vor sich, der tatsächlich die gesamte Wertschöpfungskette der Lebensmittelindustrie abbildet und dabei in seiner Auswahl sehr streng vorgeht. So sind etwa keinerlei tierische Produkte zugelassen. Auf Anfrage können Anlegerinnen und Anleger zudem noch weitere Informationen etwa zur Zusammensetzung des ETFs erhalten. Das führt zu einer Verbesserung der Gesamtnote im ECOreporter-Test.

Ein kleines Manko: Wer hier angesichts des strikten Verbots tierischer Lebensmittel auf eine Möglichkeit für vegane Investitionen hofft, den könnte stören, dass (gesetzlich vorgeschriebene) Tierversuche nicht auch ausgeschlossen sind. Allerdings gibt es diesen Ausschluss auch in den allermeisten tiefgrünen, aktiv gemanagten Nachhaltigkeitsfonds nicht.

Tatsächlich Tierversuchsfrei ist der Beyond Investing US Vegan Climate ETF. Allerdings bestehen dessen "vegane" Investition praktisch nur aus Unternehmen, die einfach nichts mit der Lebensmittelindustrie zu tun haben.

ECOreporter-Noten:

Finanzen: --

Nachhaltigkeit: 1,7

Details zum Benotungssystem von ECOreporter finden Sie hier.

Alle bisherigen ETF-Tests finden Sie hier.

Ausschlusskriterien

Ausschlusskriterien ohne Umsatzschwelle:

  • Geächtete Waffen
  • Nuklearwaffen
  • Förderung von Kohle, Öl, Gas
  • Stromerzeugung aus Kohle, Öl, Gas
  • Stromerzeugung mit Atomkraft
  • Herstellung von Tabakprodukten
  • Verstöße gegen den UN Global Compact
  • Verstöße gegen OECD-Richtlinien
  • Beteiligung an bewaffneten Konflikten
  • Tierische Lebensmittel (Fleisch, Fisch, Milch, Eier)
  • Genetisch manipuliertes Saatgut
  • Nicht recycelbare Verpackungen
  • synthetische/Chemie-basierte Pflanzenschutzmittel
  • Palmöl, Holz und Sojabohnen ohne Zertifizierung durch das Carbon Disclosure Project (CDP)

Ausschlusskriterien mit Umsatzschwelle:

  • Militärverträge (10%)
  • Indirekte Beteiligung an Förderung von Kohle, Öl, Gas (10%)
  • Indirekte Beteiligung an Stromerzeugung aus Kohle, Öl, Gas (10%)
  • Indirekte Beteiligung an Stromerzeugung mit Atomkraft (10%)
  • Indirekte Beteiligung an Tabakgeschäften (10%)
  • Pornografie (10%)
  • Glücksspiel (10%)
  • Alkohol (10%)

Daten und Fakten

Stichtag des Tests: 18.11.2022

Name des ETFs: Rize Sustainable Future of Food UCITS ETF 

ISIN: IE00BLRPQH31 / WKN: A2P876

Nachgebildeter Index: Foxberry Tematica Research Sustainable Future of Food Index

Start des ETFs: 27.8.2020

Jährliche Gebühren: 0,45 % (Gesamtkosten)

Replikationsmethode: physisch (Indexnachbildung durch Kauf der Aktien)

Ertragsverwendung: thesaurierend

Fondsvolumen: 228 Millionen US-Dollar (11/2022)

Internet: www.rizeetf.com

Totalverlustrisiko: unwahrscheinlich, Teilverluste möglich

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