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Anleihen / AIF, Crowd-Investment, Interview
Interview zur Geldanlage Bürgerwindpark Schönberg mit 3,5 % Zins – Anlagen bereits in Betrieb
Die Bürgerwindpark Schönberg GmbH & Co. KG betreibt einen Windpark in Mecklenburg-Vorpommern. Er besteht aus acht Windenergieanlagen des deutschen Herstellers Enercon, die seit Dezember 2019 in Betrieb sind. Um den Windpark teilweise zu refinanzieren, bietet die Projektgesellschaft ein Crowdinvestment an.
Anleger können in den Windpark investieren, indem sie ab 250 Euro ein Nachrangdarlehen der Projektgesellschaft über die Online-Plattform ecozins zeichnen. Der Zinssatz des Nachrangdarlehens beträgt 3,5 Prozent pro Jahr bei einer Laufzeit von rund 5,5 Jahren.
Im Februar lag der Windertrag des Parks 53 Prozent über Plan. Warum ist das nicht nur positiv für den Bürgerwindpark Schönberg? Warum ist die Genossenschaft als Initiatorin des Projektes nicht am Windpark beteiligt? Die Emittentin hat auch noch einen Vermögensanlagen-Prospekt bei der BaFin eingereicht: An wen soll sich das Angebot richten? Mit durchschnittlich 7,0 Metern pro Sekunde ist die Windgeschwindigkeit am Standort des Bürgerwindparks vergleichsweise hoch: Welche Auswirkungen hat das auf die Einspeisevergütung? Wirkt sich Corona auf das Angebot aus? ECOreporter hat Marcus Biermann, Geschäftsführer der Komplementärin der Emittentin, zum Projekt befragt.
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Der Windpark Schönberg im Landkreis Nordwestmecklenburg befindet sich in Ostseenähe, rund 26 Kilometer östlich der Stadt Lübeck. Die acht Enercon-Anlagen des Typs E-92 haben eine Nennleistung von jeweils 2,35 Megawatt (MW). Die Bürgerwindpark Schönberg GmbH & Co. KG, Emittentin des Nachrangdarlehens und Projektgesellschaft, hat nach eigenen Angaben für den Windpark mit Enercon einen Vollwartungsvertrag mit einer Laufzeit von 20 Jahren abgeschlossen.
Entwickelt hat das Windparkprojekt die BayWa r.e. renewable energy GmbH mit Hauptsitz in München. Sie hat nach eigenen Angaben 100 Windprojekte mit einer Nennleistung von ca. 1.500 MW umgesetzt. Die technische Betriebsführung des Windparks stellt die Baywa r.e. Operation Service GmbH. Die kaufmännische Betriebsführung wird gemäß den Angaben im ecozins-Projektprofil der Emittentin obliegen. Persönlich haftende Gesellschafterin (Komplementärin) und Geschäftsführerin der Emittentin ist die NaturEnergie Region Hannover Verwaltungs-GmbH aus Neustadt am Rübenberge in der Region Hannover. Die Komplementärin wird vertreten durch ihren Geschäftsführer Marcus Biermann. Er bildet zusammen mit Peter Trute auch den Vorstand der Energiegenossenschaft NaturEnergie Region Hannover eG, der alleinigen Muttergesellschaft der Komplementärin.
Energiegenossenschaft ist nicht am Windpark beteiligt

Marcus Biermann, Geschäftsführer der Bürgerwindpark Schönberg GmbH & Co. KG und der NaturEnergie Region Hannover Verwaltungs-GmbH. / Foto: Unternehmen
Welche Erfahrungen haben die Geschäftsführung und/oder die NaturEnergie Hannover mit der Projektierung und der kaufmännischen Betriebsführung von Windparks? Marcus Biermann erklärt gegenüber ECOreporter: "Mein Vorstandskollege Peter Trute beschäftigt sich seit 30 Jahren mit Windenergie. Ich selbst betreibe seit 20 Jahren eine Windmühle. Grundsätzlich liegt neben der technischen Betriebsführung aber auch die kaufmännische Betriebsführung vertraglich bei der BayWa r.e., unserem Generalunternehmer.“
Ist die Genossenschaft auch Gesellschafterin der Emittentin? Biermann erläutert: "Die Genossenschaft ist nicht beteiligt. Sie wird auch keinen Anteil an der Emittentin halten. Das liegt an den Regelungen des EEG 2017 und dem Bürgerprivileg. Wir konnten nicht ausschließen, dass von unseren ca. 280 Genossenschaftsmitgliedern jemand doppelt an der Ausschreibung teilgenommen hat. Die derzeitigen Gesellschafter der Emittentin sind elf Einzelpersonen aus (dem Umfeld) der Genossenschaft.“
Wer darf das Eigenkapital zeichnen?
Soll auch das geplante Kommanditkapital der Emittentin bei Anlegern platziert werden? Biermann bejaht: "Wir warten derzeit auf die Prospektbilligung. Dann gehen wir in die Einwerbungsphase und sprechen gezielt Bürger an. Keiner darf mehr als 10 Prozent der Anteile der Emittentin zeichnen.“ Richtet sich das Angebot vor allem an Bürger, die in der Nähe des Bürgerwindparks Schönberg wohnen? Biermann: "Mindestens 51 Prozent der Anteile müssen Bürger mit Erstwohnsitz im Landkreis Nordwestmecklenburg zeichnen.“
Bankfinanzierung ist abgeschlossen
Die Gesamtinvestition für den Windpark beträgt nach Angaben der Emittentin 34,9 Millionen Euro. Davon werden 30 Millionen Euro (rund 86 Prozent) über eine Bank fremdfinanziert. Nach Angaben der Geschäftsführung beträgt der Zinssatz der abgeschlossenen Darlehensverträge weniger als 1 Prozent pro Jahr bei einer Laufzeit von 19 Jahren. Das geplante Eigenkapital (Kommanditkapital) beträgt 2,9 Millionen Euro. Weitere 2 Millionen Euro sollen durch die Aufnahme von Nachrangdarlehen finanziert werden. Davon 1 Million Euro über das Nachrangdarlehen, das die Emittentin aktuell über die Crowdinvesting-Plattform ecozins anbietet. Von den geplanten 1 Million Euro sind bereits rund 47 Prozent platziert (Stand: 21.4.2020).
Anlegerkapital nachrangig
Im Zuge der Finanzierung wurden nach Angaben der Emittentin zugunsten der Bank im üblichen Umfang Sicherheiten gestellt. So wurden insbesondere die Windenergieanlagen sicherungsübereignet und die Einspeiseerlöse abgetreten. Die vertraglich vereinbarten Zahlungen an die Bank haben stets Vorrang vor den Zahlungen an die Nachrangdarlehensgeber. Das Nachrangdarlehenskapital stellt einen eigenkapitalähnlich haftenden Finanzierungsanteil des Projektes.
Gesetzliche Einspeisevergütung bis 2039

Bürgerwindpark Schönberg. / Foto: Unternehmen
Laut Projektprofil konnte sich die Emittentin bei einer Ausschreibung der Bundesnetzagentur eine Einspeisevergütung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) von durchschnittlich rund 6,8 Cent pro Kilowattstunde (kWh) über alle acht Anlagen für 20 Jahre sichern. Nach Recherchen von ECOreporter hat die Emittentin bei der Ausschreibung im Februar 2018 den Zuschlag für sechs Anlagen erhalten. Der höchste Gebotswert mit Zuschlag betrug bei diesem Ausschreibungstermin 5,28 Cent/kWh. Wie ist der Unterschied bei der Einspeisevergütung (5,28 Cent zu 6,8 Cent) und bei der Anlagenzahl (sechs zu acht) zu erklären?
Biermann erläutert: "Sechs Zuschläge hat die Emittentin erhalten. Die Anlagen sieben und acht haben jeweils einen Einzelzuschlag zusätzlich erhalten. Es sind auch getrennte Abrechnungen (Belege liegen ECOreporter vor - Anm. d. Red.). Der Zuschlagswert bezieht sich nach dem EEG 2017 immer auf 100 Prozent Standortgüte. Die Windenergieanlagen der Emittentin liegen im Mittel deutlich unter 100 Prozent. Das wird dann entsprechend über einen höheren Vergütungssatz – 6,8 Cent statt 5,28 Cent – ausgeglichen. Damit ist die Standortgüte in Deutschland nur noch wenig relevant.“
Die gemessene mittlere Jahreswindgeschwindigkeit am Standort des Bürgerwindparks Schönberg beträgt in Nabenhöhe der Windenergieanlagen durchschnittlich 7,0 Meter pro Sekunde. Das ist für einen Binnenlandstandort eigentlich vergleichsweise gut. Warum liegt der Windpark trotzdem im Mittel deutlich unter 100 Prozent Standortgüte? Biermann: "Wir müssen im Windpark eine Nachtabschaltung vornehmen bzw. den Betrieb aufgrund von Lärmüberschreitungen reduzieren. Die entsprechenden behördlichen Auflagen sind bei der Ertragskalkulation des Windparks berücksichtigt. Klagen gegen den Windpark gibt es nicht.“
Für den Standort der Windenergieanlagen in Schönberg wurden drei Wind- und Ertragsgutachten erstellt. Die Gutachter prognostizieren eine jährliche Nettoenergieproduktion von rund 37,6 Millionen kWh (P50-Wert). P50 bedeutet in diesem Zusammenhang, dass der erwartete Stromertrag mit einer Wahrscheinlichkeit von 50 Prozent nicht unterschritten wird. Berücksichtigt sind dabei Abschläge unter anderem für Verfügbarkeit und Leitungsverluste.
Hoher Windertrag im Februar
Laut Projektupdate lag der Windertrag für den Bürgerwindpark Schönberg im ersten Quartal 2020 über dem Plan. Das ist für einen Windpark wichtig, weil für das Erreichen des geplanten Jahresertrags in der Regel die windstarken Monate von Oktober bis März entscheidend sind. Und es ist nicht selbstverständlich, dass ein Windpark in den ersten Betriebsmonaten bereits die Planwerte erreicht oder sogar überschreitet, da nach der Inbetriebnahme häufig noch technische Anpassungen vorgenommen werden müssen, die zum Teil mit Abschaltungen verbunden sind. Insofern ist dem Bürgerwindpark Schönberg ein guter Start in die Betriebsphase gelungen.
Negative Börsenstrompreise verringern den Umsatzerlös
Im Februar lag der tatsächlich realisierte Windertrag (in kWh) den Angaben nach sogar rund 53 Prozent über dem Planwert. Davon verblieb nach Angaben der Emittentin in Euro ein Plus von 38 Prozent im Vergleich zum Planwert.
Der Grund: Wenn an der Strombörse der sogenannte Spotpreis für mehr als sechs Stunden negativ ist, entfällt für den Zeitraum die Einspeisevergütung. Im sehr windreichen Februar kam das oft vor. Nach Angaben von Netztransparenz.de, der Informationsplattform der deutschen Übertragungsnetzbetreiber, für insgesamt 75 Stunden. Für 10,8 Prozent der Februarstunden gab es also keinen Vergütungsanspruch für den Windstrom. Hauptsächlich an den Wochenenden lag das Stromangebot so deutlich über der Stromnachfrage, dass der Börsenstrompreis negativ wurde.
Wie bewertet die Emittentin für sich das wirtschaftliche Risiko vermehrter negativer Strompreise, auch infolge eines geringeren Stromverbrauchs aufgrund der Corona-Krise? Biermann erläutert: "Das Risiko negativer Strompreise haben wir mit durchschnittlich 2 Prozent Ertragsausfall pro Jahr einkalkuliert. Aktuell ist der Anteil höher. Corona hat da aber wenig Auswirkung. Nach der Abschaltung der Kernenergie 2022 und dem folgenden sukzessiven Ausstieg aus der Kohle wird sich das Risiko negativer Strompreise nach unserer Einschätzung entsprechend reduzieren.“
Risiko durch Corona?
Viele Crowdinvestment-Angebote sind in der Corona-Krise mit erhöhten Risiken verbunden. Das gilt beispielsweise für Start-ups, die nach Anlaufverlusten, die mit einem Geschäftsaufbau üblicherweise verbunden sind, 2020 umsatzmäßig richtig durchstarten wollten und nun durch Corona abgebremst werden.
Von Umsatzverlusten durch Corona ist die Emittentin des Bürgerwindparks Schönberg nicht direkt betroffen: Sie erhält feste gesetzliche Einspeisevergütungen. Es ist aber möglich, dass es in Corona-Zeiten bei technischen Defekten länger dauert, bis ein Serviceteam verfügbar ist und die Probleme behebt.
Grundsätzlich besteht das Risiko, dass die Emittentin mittel- bis langfristig von der Corona-Krise betroffen sein wird. Das ist beispielsweise möglich, falls in Deutschland in den nächsten Jahren die Gewerbesteuer erhöht wird, um die infolge der Corona-Krise gestiegene Staatsverschuldung abzubauen. Es kann auch nicht ausgeschlossen werden, dass Deutschland – z.B. infolge eines mehrjährigen wirtschaftlichen Zusammenbruchs wegen Corona – den Bestandsschutz aussetzt und die gesetzliche Einspeisevergütung für Windenergieanlagen rückwirkend kürzt oder streicht. Ein solches Worst-Case-Szenario ist aber derzeit nicht absehbar.
Mindestinvestition 250 Euro
Die Anleger können das Nachrangdarlehen nicht vor Ende der Laufzeit am 31. Dezember 2026 ordentlich kündigen. Die Emittentin kann das Nachrangdarlehen mit einer Frist von vier Wochen zum Ende eines jeden Kalenderjahres kündigen. In diesem Fall ist sie verpflichtet, den Nachrangdarlehensbetrag inklusive bereits angefallener Zinsen sowie einer Vorfälligkeitsentschädigung an die Anleger zurückzuzahlen. Die Vorfälligkeitsentschädigung besteht in Höhe der Zinsen, die der Nachrangdarlehensgeber bis zum Ende der Laufzeit noch erhalten hätte.
Das Nachrangdarlehen der Emittentin und Anbieterin Bürgerwindpark Schönberg GmbH & Co. KG können Anleger ab 250 Euro über die Online-Plattform ecozins zeichnen. Der maximale Anlagebetrag beträgt 25.000 Euro. Gemäß den Angaben auf ihrer Online-Plattform bietet ecozins im April Neukunden einen Bonus von 50 Euro an. Dieser gilt auch für das Projekt Bürgerwind Schönberg bei einer Mindestzeichnung von 1.000 Euro.
Fazit
Für das Crowdinvestment Bürgerwindpark Schönberg gilt bis auf Weiteres: Wichtig ist vor allem, dass der Wind weiterhin mindestens prognosegemäß weht – und darauf hat Corona keinen Einfluss. Insbesondere kurz- und mittelfristig können sich negative Börsenstrompreise auf die Erträge auswirken. Insgesamt handelt es sich um ein Investment mit mittlerem Risiko bei mittlerer Renditeerwartung (3,5 Prozent pro Jahr).