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Oldtimer anstatt Windräder - was Anleger aus der Windreich-Insolvenz lernen können
Heute startet der Prozess gegen Willi Balz, den Gründer des seit 2013 insolventen Windparkentwicklers Windreich. Die Stuttgarter Staatsanwaltschaft wirft dem Firmengründer Insolvenzverschleppung, Betrug, Gläubigerbegünstigung und weitere Vergehen vor. Anleger können aus der Windreich-Insolvenz auch heute noch etwas lernen – vor allem wenn sie in Mittelstandsanleihen investieren wollen.
Der heute 59-jährige Willi Balz sah sich als Ökostrom-Pionier. Er plante als einer der Ersten in Deutschland im großen Stil Windparks auf See. Mit dem Slogan "Windreich – die Energiewender" warb er um die Gunst der Anleger. Insgesamt 135 Millionen Euro Kapital stellten sie ihm im Rahmen der Emission zweier Anleihen zur Verfügung.
Insolvenzverschleppung, Bilanzfälschung, Gläubigerbegünstigung
Bis heute haben die Gläubiger ihr Geld nicht wiedergesehen. Denn Windreich schlitterte 2013 in die Insolvenz. Heute startet am Stuttgarter Landgericht der Prozess gegen Balz und sieben weitere Mitangeklagte. Balz wird unter anderem Insolvenzverschleppung, Betrug, Bilanzfälschung und Gläubigerbegünstigung vorgeworfen. Das Landgericht Stuttgart hat für den Fall 48 Verhandlungstage bis Ende April 2020 festgesetzt. Die Anklageschrift umfasst 521 Seiten, 19 Verteidiger stehen den Angeklagten zur Seite. Die Gläubiger fordern von dem Windreich-Gründer mehr als 300 Millionen Euro.

Windreich-Gründer Willi Balz. / Foto: Windreich
Anzeichen für ein hohes Risiko von Windreich-Anleihen gab es bereits früh. ECOreporter machten vor allem die hohen Kosten für die Offshore-Windkraft und die damals noch nicht erprobte Technologie skeptisch (einen ECOanlagecheck zu einer Windreich-Anleihe können Sie hier lesen). Hinzu kam, dass Windreich-Gründer Balz laut einem Bericht von Börse ARD Privates offenbar nicht von Geschäftlichem trennen konnte. Er soll Oldtimer für seine Sammlung aus einem Darlehen für die Windreich AG bezahlt haben – und verspielte sich damit das Vertrauen der Anleger.
Balz sieht sich als Opfer
Balz weist die Vorwürfe von sich und sieht sich als Opfer einer Verschwörung der großen Energiekonzerne. Gegner der Energiewende hätten ihn und sein Unternehmen zu Fall gebracht, äußerte er gegenüber mehreren Medien.
Anlegerschützer sehen die Sache allerdings ein wenig anders. Klaus Nieding, Vizepräsident der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW), sagte Börse ARD: "Tatsache ist, dass sich Windreich-Gründer Balz an der einen oder anderen Stelle verhoben hat. Er hat versucht, Projekte im Offshore-Windbereich zu stemmen, die ein Investitionsvolumen von mehreren Milliarden haben. Das sind Projekte, da gehen selbst Großkonzerne wie Siemens nur mit ganz spitzen Fingern dran."
Spektakuläre Insolvenzen wie die von Windreich werden laut Anlegerschützer Nieding meist mit der Erneuerbare-Energien-Branche in Verbindung gebracht. Viele Kleinanleger wollten von dem Wachstum einer Branche profitieren und legten ihr Geld in Unternehmen wie Prokon, Solar World, German Pellets & Co. an. Am Ende gingen sie leer aus. Dabei kam die Schieflage der Unternehmen meist durch das Fehlverhalten weniger Personen zustande.
Renaissance von Mittelstandsanleihen
Der Markt der Mittelstandsanleihen erlebt derzeit wieder eine Renaissance – mitsamt den damit für Anleger verbundenen Risiken. "Angesichts der anhaltenden Niedrigzinsphase suchen Anleger nach Möglichkeiten, ihr Vermögen gewinnbringend anzulegen. Dass dies gerade im Bereich der Mittelstandsanleihen mit einem hohen Ausfallrisiko verbunden ist, dessen sind sich die Anleger oftmals nicht bewusst", stellt DSW-Vize Nieding gegenüber Börse ARD fest. Er begrüße auch den Vorstoß der BaFin, den sogenannten grauen Kapitalmarkt stärker zu regulieren.
Das Fazit von Anlegerschützer Nieding: "Was man aus den Insolvenzen der vergangenen Jahre im Bereich der Mittelstandsanleihen lernen kann? Dass mit vollmundigen Renditeversprechen immer auch entsprechende Risiken verbunden sind."