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ThomasLloyd: 132 Millionen Euro Verlust – Biomassekraftwerke mit Problemen
Die ThomasLloyd Cleantech Infrastructure Holding GmbH hat ihren überfälligen Jahresabschluss für das Geschäftsjahr 2020 veröffentlicht. Darin weist sie einen Jahresverlust von rund 132 Millionen Euro aus. Über eine halbe Milliarde Euro haben Privatanlegerinnen und -anleger mittelbar in das Unternehmen investiert. Wo liegen die Ursachen für die hohen Verluste? Welche wichtigen Entwicklungen gab es 2021 und 2022? Und welche Rolle spielt ein junges ThomasLloyd-Unternehmen, dessen Aktienkurs in den letzten Tagen eingebrochen ist?
Die Privatanlegerinnen und -anleger der Beteiligungsangebote CTI 5 D, CTI 9 D und CTI Vario erwarben Kommanditanteile an der Dritte Cleantech Infrastrukturgesellschaft mbH & Co. KG (CTI 5 D), Fünfte Cleantech Infrastrukturgesellschaft mbH & Co. KG (CTI 9 D) und Zweite Cleantech Infrastrukturgesellschaft mbH & Co. KG (CTI Vario D). Diese drei CTI-Beteiligungsgesellschaften investierten das Anlegerkapital jeweils als typisch stiller Gesellschafter in die ThomasLloyd Cleantech Infrastructure Holding GmbH (kurz: ThomasLloyd CIH).
Daher weist nicht nur die ThomasLloyd CIH für 2020 einen hohen Verlust aus, sondern auch die Gesellschaften der Anlegerinnen und Anleger. Die Jahresfehlbeträge betragen gemäß den Angaben in den Jahresabschlüssen 2020, die in diesem Monat veröffentlicht wurden, rund 14 Millionen Euro (Dritte Cleantech), rund 12 Millionen Euro (Zweite Cleantech) und rund 81 Millionen Euro (Fünfte Cleantech).
Die ThomasLloyd CIH hat nach eigenen Angaben im Geschäftsjahr 2020 keine Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer beschäftigt. Ihr Grundkapital wird laut Angaben im Jahresabschlussanhang von der ThomasLloyd Holdings Ltd. aus London gehalten. Geschäftsführer der ThomasLloyd CIH ist Michael Sieg, Chief Executive Officer (CEO) und Gründer der ThomasLloyd-Gruppe.
Das Infrastrukturportfolio der ThomasLloyd CIH umfasste zum 31. Dezember 2020 laut Lagebericht drei Biomassekraftwerke und eine Beteiligung an drei Solarkraftwerken, alle auf den Philippinen, sowie sechs in Betrieb befindliche Solarkraftwerke in Indien.
Verwirrung um die Biomassekraftwerke
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Im Portfolio-Report Q1/22 von ThomasLloyd (Stand: 31.3.2022) wird für zwei der Biomassekraftwerke unter „Spezifikationen Stromabnahmevertrag“ ausgeführt: „Gesetzlich garantierter Einspeisevergütungstarif von PHP 6,63 (0,15 US-Dollar) pro kWh zzgl. einer jährlichen Erhöhung des Strompreises um die Inflationsrate und einer Anpassung an Wechselkursschwankungen. Der Tarif wurde von der staatlichen Energieregulierungskommission für eine Laufzeit von 20 Jahren festgesetzt und genehmigt.“
Für das dritte Biomassekraftwerk wird ein Einspeisetarif von 6,53 Philippinischen Peso (PHP, 0,13 US-Dollar) pro Kilowattstunde (kWh) genannt. Derzeit sind 6,53 Philippinische Peso nur 0,11 US-Dollar wert (Stand: 27.9.2022). Bereits in einem Portfolio-Report von 2018 wurden die Einspeisevergütungstarife in derselben Höhe für die drei Biomassekraftwerke aufgeführt. Darüber hinaus wird im ThomasLloyd-Portfolio-Report 2018 erwähnt: „Anfang 2018 kündigte die Regierung über das Department of Energy an, dass die Verfügbarkeit des Einspeisevergütungstarifs für Biomasse am 31. Dezember 2019 eingestellt wird.“
Doch kein Einspeisetarif – und kein Stromabnahmevertrag?
Im Lagebericht 2020 (Stand: 23.2.2022) der ThomasLloyd CIH wird nun ausgeführt: „Während des Jahres 2020 befanden sich diese Anlagen in einer Lagerhaltungsphase, da das Unternehmen erwartet hatte, dass die Biomassekraftwerke im Laufe des Jahres 2020 eine Einspeisevergütungsvereinbarung erhalten würden, was sich jedoch aufgrund von landesweiten Sperrungen und einer geringeren Stromnachfrage verzögerte. Zum Zeitpunkt der Erstellung dieses Berichts bereiten sich daher alle drei Biomassekraftwerke auf den Netzanschluss vor. (...) Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Berichts ist jedes unserer Biomassekraftwerke am Netz angeschlossen und in Betrieb. Jedes Biomassekraftwerk wird sich weiterhin um einen langfristigen Stromabnahmevertrag bemühen und den Strom derzeit zum örtlichen Marktpreis abnehmen.“
Solarprojekte in Indien

Solarpark von ThomasLloyd in Indien. / Foto: Unternehmen
Die ThomasLloyd CIH hält zum 31. Dezember 2020 eine Beteiligung an SolarArise India Projects Private Limited (kurz: SolarArise). SolarArise investiert in die Entwicklung, den Bau und den Betrieb von Solarkraftwerken und hat laut Lagebericht sechs in Betrieb befindliche Anlagen mit einer Gesamtkapazität von 234 Megawatt (MW) im Portfolio. Darüber hinaus soll ein siebtes indisches Kraftwerk mit 200 MW laut Portfolio-Report voraussichtlich im dritten Quartal 2023 in Betrieb gehen. Dieses Projekt Madhya Pradesh I hat laut Lagebericht ein erfolgreiches Angebot abgegeben und den Zuschlag für einen Stromabnahmevertrag über 25 Jahre erhalten. Der Vergütungstarif beträgt laut Portfolio-Report 2,339 Indische Rupien (INR). Das sind rund 0,03 US-Dollar pro kWh.
Hohe Verbindlichkeiten – Rangrücktritt für die Anlegergesellschaften
Durch den Jahresfehlbetrag von rund 132 Millionen Euro hat sich bei der ThomasLloyd CIH zum 31. Dezember 2020 ein nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag von rund 132 Millionen Euro ergeben. Der typisch stille Gesellschafter tritt mit seinen Entnahme- und Abfindungsansprüchen im Rang hinter die Erfüllung der Forderungen von Gläubigern des Unternehmens zurück. Die Einlagen der stillen Gesellschafter (also letztlich der privaten Anlegerinnen und Anleger) haben sich laut Jahresabschluss 2020 von rund 425 Millionen Euro (2019) auf rund 411 Millionen Euro verringert. Dagegen stiegen bei der ThomasLloyd CIH die Anleihen und Wandelschuldverschreibungen von rund 45 bzw. 49 Millionen Euro auf rund 58 bzw. 76 Millionen Euro. Sowohl die Wandelanleihen als auch die Anleihen bestehen gemäß den Angaben im Jahresabschluss ausschließlich gegenüber verbundenen Unternehmen.
Hohe Abschreibungen in 2020
Auf die Beteiligung an der ThomasLloyd CTI Asia Holdings Pte Ltd. aus Singapur mit Anschaffungskosten von rund 138 Millionen Euro wurde im Geschäftsjahr 2020 eine Abschreibung von rund 83 Millionen Euro auf rund 55 Millionen Euro vorgenommen.
Der hohe Jahresverlust bei der ThomasLloyd CIH von rund 132 Millionen Euro resultiert laut Lagebericht hauptsächlich aus dieser Wertminderung. Zudem hat die ThomasLloyd CIH auf die Verzinsung von Darlehensforderungen gegenüber der ThomasLloyd CTI Asia Holdings Pte Ltd. von rund 16 Millionen Euro verzichtet. Auch bei der Beteiligung an SolarArise ist laut Lagebericht eine Wertminderung von rund 17 Millionen Euro eingetreten. Hier beträgt der Wert laut Jahresabschlussangaben bei Anschaffungskosten von rund 24 Millionen Euro nach der Abschreibung noch rund 8 Millionen Euro.
Darlehen an Management-Gesellschaften und hohe Management-Vergütung
Die Darlehensforderungen der ThomasLloyd CIH belaufen sich zum 31. Dezember 2020 laut Lagebericht auf rund 340 Millionen Euro, ein Anstieg um rund 53 Millionen Euro gegenüber dem Vorjahr. Der Zuwachs ist in erster Linie auf ein Darlehen an die ThomasLloyd Global Asset Management (Schweiz) AG von 42,5 Millionen Euro zurückzuführen, das zum 31. Dezember 2025 fällig wird. Laut Anhang wurden zum 31. Dezember 2020 die Forderungen gegenüber den assoziierten Unternehmen ThomasLloyd Global Asset Management (Schweiz) AG (rund 26 Millionen Euro) und ThomasLloyd Global Asset Management (Americas) LLC (16,5 Millionen Euro) in Darlehensforderungen mit einer Laufzeit von fünf Jahren und einer Verzinsung von 3,5 Prozent pro Jahr umstrukturiert.
Laut Angaben im Jahresabschluss wurde mit Vereinbarung vom 15. September 2018 der Vertrag der ThomasLloyd CIH mit der ThomasLloyd Global Asset Management (Schweiz) AG über Risikomanagement-Dienstleistungen sowie Asset Allocation Beratungs- und Dienstleistungen auf die ThomasLloyd Global Asset Management (Americas) LLC übertragen. Durch Vereinbarung vom 31. Dezember 2021 wurde den Angaben nach zwischen den Vertragsparteien eine in Höhe der tatsächlich in 2020 bezahlten Beträge von rund 7,7 Millionen Euro liegende Management Fee für das Jahr 2020 vereinbart.
Verkäufe von Solar-Beteiligungen
Solaranlage von Negros Island Solar Power auf den Philippinen. ThomasLloyd will seine Beteiligung an dem Kraftwerk an seine Aktiengesellschaft ThomasLloyd Energy Impact Trust verkaufen. / Foto: Thomas Lloyd
Die ThomasLloyd CIH hat laut Jahresabschluss die 2019 unter den Wertpapieren ausgewiesenen Anteile an der SolarArise India Projects Private Limited (Anschaffungskosten von rund 20,2 Millionen Euro) in 2020 veräußert. Dabei entstand den Angaben nach ein Veräußerungsverlust von rund 4,6 Millionen Euro.
Nach dem Abschluss des Geschäftsjahres 2020 hat ThomasLloyd Aktien der ThomasLloyd Energy Impact Trust PLC angeboten. Dies ist nach Angaben von ThomasLloyd (Stand: 23.2.2022) eine neue geschlossene Investmentgesellschaft, die gegründet wurde, um in ein diversifiziertes Portfolio von nicht börsennotierten nachhaltigen Energieinfrastrukturanlagen in schnell wachsenden und aufstrebenden Volkswirtschaften in Asien zu investieren.
Die ThomasLloyd CIH wird laut Jahresabschluss im Rahmen des Börsengangs ihre Anteile an der SolarArise India Private Pte Ltd. im Tausch gegen Stammaktien der ThomasLloyd Energy Impact Trust PLC einbringen. Darüber hinaus wird den Angaben nach die ThomasLloyd CTI Asia Holdings Pte Ltd. ihre Beteiligung an der Negros Island Solar Power Inc., die drei Solarkraftwerke auf den Philippinen betreibt, an den Trust verkaufen (Stand jeweils: 23.2.2022).
Aktienkurs unter Druck
Die Stammaktien von ThomasLloyd Energy Impact Trust PLC wurden nach Angaben von ThomasLloyd zum Handel im Premium Listing-Segment der Official List der Financial Conduct Authority zugelassen und werden am Main Market der Londoner Börse gehandelt.
Die Aktie (GB00BLBJFZ25) notiert in London derzeit nach einem Kursrutsch nur noch bei 0,99 US-Dollar (Stand: 29.9.2022, Handelsschluss). Am 23. September lag der Kurs noch bei 1,12 US-Dollar. Der Höchststand waren im April 1,34 US-Dollar gewesen.
Fazit
Nicht nur angesichts der Kursverluste ist es unsicher, ob die ThomasLloyd CIH davon profitieren wird, dass sie Stammaktien der ThomasLloyd Energy Impact Trust PLC hält. Mit den im Jahresabschluss 2020 angeführten Veränderungen verlagert sich der Fokus der ThomasLloyd CIH noch mehr auf die Biomassekraftwerke auf den Philippinen. 2020 verzeichnete das Portfolio einen massiven Wertverlust. Auf Basis der Angaben im Jahresabschluss und Lagebericht 2020 ist der Stromverkauf für die Biomassekraftwerke mit erheblichen Unsicherheiten behaftet. Um für mehr Aufklärung zu sorgen, wäre es zielführend, dass die ThomasLloyd CIH zügig ihren Jahresabschluss für das Geschäftsjahr 2021 veröffentlicht.