Werden Kreuzfahrten dank Technik der norwegischen Vow jetzt umweltfreundlich? / Foto: Pixabay

  Nachhaltige Aktien

Vow Asa: Macht die norwegische Aktiengesellschaft Kreuzfahrten nachhaltig?

Kreuzfahrten umweltfreundlicher? Ein sinnvolles Geschäft! Oder doch nicht? Das fragt ECOreporter-Leserin Lisa Fischer aus Hamburg. Der Grund: Sie hat über das norwegische Unternehmen Vow gelesen. Weniger Müll, weniger Emissionen durch Kreuzfahrten, das ist das Geschäftsfeld. Mehr als 100 Schiffe von namhaften Kreuzfahrt-Anbietern wie Carnival oder TUI sind nach Firmenangaben mittlerweile mit Vow-Technik ausgestattet. Vow will außerdem  Plastikmüll aufarbeiten und daraus Öl herstellen. Finanzportale im Internet schwärmen von einer „Cleantech-Perle“, der die Zukunft gehöre. Tatsächlich? ECOreporter hat sich die Aktie näher angeschaut.

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Bis Januar 2020 hieß der Konzern noch Scanship, benannte sich dann in Vow um. Wasseraufbereitung und Abfallösungen für Kreuzfahrtschiffe, das ist das Kerngeschäft. Kreuzfahrten stehen seit längerem wegen ihrer Umweltbelastung in der Kritik. Der Müll ist dabei ein zentrales Problem, wenn etwa Speisereste direkt im Meer entsorgt werden.

Profitables Kerngeschäft

Hier setzt Vow an. So werden Essensabfälle vakuumiert und damit lagerbar bis zur Verbrennung an Land – oder in emissionsarmen Brennkammern direkt an Bord. Auch für die Entschwefelung von Abgasen und die Verbrennung giftigen Ölschlamms bietet das Unternehmen technische Lösungen an. Vow sorgt also dafür, dass Kreuzfahrtschiffe sauberer und emissionsärmer werden.

Im Februar legte das Unternehmen seine Geschäftszahlen für das Jahr 2019 vor: Ein Umsatz von 37,36 Millionen Euro bedeutete ein Plus von 16 Prozent gegenüber dem Vorjahr, das operative Ergebnis vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen (EBITDA) lag mit 4,49 Millionen Euro sogar 17 Prozent über dem Vorjahr. Das sorgte bei Analysten zwar für Enttäuschung, da die Erwartungen noch höher gewesen waren. Die Auftragslage allerdings überzeugte – bei Vorlage der Zahlen im Februar waren die Orderbücher mit Aufträgen im Wert von 87,29 Millionen Euro gefüllt, ein Plus von 35 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Seitdem vermeldete Vow öffentlichkeitswirksam weitere Aufträge.

Viele Aufträge auch an Land

Als zweites Standbein dient Vow die im vergangenen Jahr zugekaufte Tochter Etia, die für das Geschäft mit Abfallverwertung an Land zuständig ist und deren Auftragsbücher ebenfalls prall gefüllt zu sein scheinen. Ein besonders beachtetes Geschäftsfeld von Etia ist die Energiegewinnung aus Bioabfällen mittels so genannter Pyrolyse.

Zudem erprobt Etia in Kooperation mit dem tschechischen Petrochemie-Konzern Unipetrol Verfahren zum chemischen Recycling: der Herstellung von umweltfreundlichem Öl aus Plastikabfällen. Mögliche Patente würden bei Vow liegen, wie das Unternehmen mitteilte.

Öl aus Plastik – ein Zukunftsmodell?

Die angebliche Umweltfreundlichkeit des Recyclings von Plastik zu Kraftstoff steht allerdings in der Kritik. Eine aktuelle Studie der Umweltschutzbewegung GAIA, eine nach eigenen Angaben weltweite Allianz von mehr als 900 Nichtregierungsorganisationen und Einzelpersonen, kritisiert das chemische Recycling scharf. Dieses sei „eine Ablenkung, keine Lösung“ für das weltweite Plastikproblem.

Der Naturschutzbund Deutschland (Nabu) fasst die Studie so zusammen: Das Verfahren sei zu unflexibel, zu ineffizient und funktioniere praktisch nur unter Laborbedingungen. Dazu sei das Verfahren selbst enorm energieaufwendig und setze toxische Stoffe in großer Menge frei, etwa Benzol, Formaldehyd und Blausäure.

Investitionen in die Technologie lohnen laut Nabu nicht. Die Forschung sollte sich weiter auf umweltfreundlichere Kunststoffe konzentrieren, die Politik auf die Förderung mechanischen Recyclings.

Vows Verfahren ist noch im Erprobungsstadium. Es bleibt abzuwarten, ob die Kritik an den bisherigen Plastik-zu-Öl-Methoden auch für Vow gelten wird.

Nur „end of the pipe“

Aktuell liegt die Vow-Aktie im Tradegate-Handel mit 3 Prozent gegenüber dem Vortag im Minus bei 2,12 Euro (22.6.2020, 14:13 Uhr). Ihr Jahreshoch hatte die Aktie im Januar bei 3,51 Euro, im März stürzte sie während des Corona-Crashs zwischenzeitlich auf 1,09 Euro ab. Mittlerweile ist sie wieder auf Erholungskurs.

Fazit: Das Geschäft von Vow ist ertragreich, aber bisher typisch „end-of-the-pipe“: Es setzt bei Auswirkungen von Umweltproblemen an, anstatt sie zu lösen. Selbst wenn die Abfälle der Kreuzfahrttouristen umweltfreundlicher entsorgt werden, Kreuzfahrten werden dadurch nur am Rande etwas umweltverträglicher.

Vow Asa: ISIN NO0010708068 / WKN A111AY

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