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Nachhaltige Aktien, Erneuerbare Energie
Was es mit dem Hype um den Wasserstofftruck-Hersteller Nikola auf sich hat
Nikola will die Revolution. Mit seinen Wasserstoff- und Elektro-Antrieben für Lkw und Kleinlaster möchte das US-Startup den Markt erobern, den derzeit noch Diesel-Fahrzeuge beherrschen. Mit Lithium-Ionen-Batterie sollen Nikola-Laster 500 Kilometer weit kommen, mit Brennstoffzellen bis zu 1.100 Kilometer schaffen.
Allerdings: Bislang gibt es von diesen Lastwagen nur Prototypen. Ausgeliefert hat die Nikola Corporation, eine Aktiengesellschaft, noch kein einziges Fahrzeug. Es gibt keinen Umsatz und keinen Gewinn. Trotzdem hat das Unternehmen einen Börsenwert von circa 26 Milliarden US-Dollar. Lohnt hier ein Investment?
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Vor fünf Jahren gegründet, ging Nikola am 4. Juni 2020 an die Börse – über einen ungewöhnlichen Weg: Nikola fusionierte mit der bereits börsennotierten Zweckgesellschaft Vectoiq. Vectoiq wurde daraufhin in Nikola Motor umbenannt, seitdem wird die Aktie unter dem Tickersymbol NKLA an der Nasdaq gehandelt.
Nach der Fusion schoss der Kurs der Nikola-Aktie in die Höhe, von etwa 34 US-Dollar am 4. Juni stieg die Aktie innerhalb von fünf Tagen bis auf fast 80 US-Dollar. Aktuell notiert die Aktie an der Nasdaq bei rund 68 US-Dollar, das entspricht einem Börsenwert von etwa 24 Milliarden US-Dollar (Stand: 29.6.2020, 22 Uhr).
Vorbestellungen für 10 Milliarden Dollar
Bei der Fertigung und Entwicklung der Fahrzeuge arbeitet Nikola mit etablierten Herstellern wie der Fiat Chrysler-Tochter CNH Industrial und Zulieferern wie Bosch zusammen. Die Versorgung mit Wasserstoff soll das norwegische Unternehmen Nel sicherstellen.
Mit Nel plant Nikola zudem eine weitere Kooperation: Gemeinsam will man in den USA 700 Wasserstoff-Tankstellen installieren, um die Versorgung der künftigen Truck-Flotte sicherzustellen.

Der Nikola Tre mit Elektroantrieb. / Foto: Nikola Corp.
In Serie gehen soll zunächst der Nikola Tre, noch mit Elektroantrieb statt Brennstoffzelle. Vom Band rollen soll das erste Fahrzeug 2021 – in Ulm, wo der Lastwagen in einem Werk des italienischen Nutzfahrzeugherstellers Iveco gebaut wird.
Der erste Wasserstoff-Truck, der Nikola Two, soll dann ab 2023 gefertigt werden. Insgesamt sollen in Ulm 35.000 Trucks jährlich gebaut werden. Nikola hat nach eigenen Angaben bereits 14.000 Vorbestellungen im Wert von mehr als 10 Milliarden US-Dollar erhalten. Größter Kunde ist der Brauerei-Konzern Anheuser Busch, der allein schon 800 Wasserstoff-Trucks geordert hat.
Weitere Trucks will Nikola in Arizona bauen. Mit durch den Börsengang eingenommenen Geldern plant Nikola, in dem US-Bundesstaat die erste eigene Fabrik zu errichten. Dort sollen ab 2023 jährlich 50.000 Fahrzeuge hergestellt werden.
Zusammen mit dem Werk in Ulm könnten ab 2023 damit 85.000 Fahrzeuge jährlich ausgeliefert werden. Zum Vergleich: Daimler, der Weltmarktführer bei Nutzfahrzeugen, verkaufte 2018 rund 500.000 Lkw.
Kritiker warnen vor einer Blase
Wenig überraschend hat die rasante Wertsteigerung von Nikola Kritiker auf den Plan gerufen. Gary Black, ehemaliger Chef der Investmentgesellschaft Aegon Asset Management, warnt vor einer Blase, die gefährlich für Privatanleger sei. Er verglich die Begeisterung für Nicola mit dem Cannabis-Hype, den auch ECOreporter bereits analysiert hat.
Für Unruhe sorgte auch ein Bericht der Nachrichtenagentur Bloomberg Mitte Juni. Dieser unterstellte Nikola, bei der Präsentation des Prototyps eines Brennstoffzellen-Lkw 2016 die Leistungsfähigkeit des Fahrzeugs übertrieben zu haben. Nikola musste zugeben, dass sich tatsächlich keine Brennstoffzelle in dem Truck befand. Dies sei aber auch nie behauptet worden.

Trevor Milton, Gründer und CEO von Nikola. / Foto: Nikola Corp
Nikola-Gründer und -Chef Trevor Milton, den der Börsengang rechnerisch zum Milliardär gemacht hat, nimmt solche Kritik gelassen. Im Interview mit dem US-Sender CNBC erklärte er, Nikola-Aktionäre hätten andere Prioritäten: „Sie kümmern sich mehr um die Auswirkungen ihres Handelns auf die Umwelt“, so Milton. Sie würden sagen: „‚Oh, Sie sind sechs oder acht Monate von einem Umsatz entfernt?‘ Es ist ihnen egal. Sie sagen: ‚Wissen Sie was? Sie verändern die Welt. Sie werden die Emissionen mehr reduzieren als jeder andere, in den wir investieren.'“
Im Clinch mit Tesla
Öffentlichkeitwirksame Angriffe auf Nikola kommen auch von Tesla-Chef Elon Musk. Der macht aus seiner Verachtung für die Wasserstoff-Technik keinen Hehl, bezeichnet sie als „einen Haufen Müll“. Brennstoffzellen, „fuel cells“, nennt er mit Vorliebe „fool cells“ – Idiotenzellen. Einen Tag nach dem Nikola-Börsengang twitterte Musk eine Reihe von Schmähnachrichten über die „unglaublich dumme“ Wasserstofftechnologie.
Die Unternehmen Nikola und Tesla haben sich nicht nur beide nach dem Erfinder Nikola Tesla benannt. Sie sind auch Konkurrenten. So plant Tesla, mit dem Tesla Semi Truck ebenfalls einen E-Lkw auf den Markt zu bringen. Beide Firmen drängen zudem in den lukrativen US-Markt für Pick-up-Trucks.
So bestätigte Nikola-Chef Milton gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters, dass die Produktion des Pick-up-Modells Badger („Dachs“) „2022 oder früher“ starten werde. Drei etablierte Autohersteller würden sich derzeit für ein Joint Venture mit Nikola bewerben. Erste Reservierungen für das Fahrzeug will Nikola bereits ab Ende Juni entgegennehmen. Das Serienmodell des Fahrzeugs möchte Nikola im Herbst 2020 präsentieren.

Konkurrenz für Tesla: Nikolas Pick-up „Badger“: / Foto: Nikola Corp
Mit einer Gesamtreichweite von 965 Kilometern soll der Badger Teslas Cybertruck ausstechen: Für den Tesla ist eine Reichweite von 800 Kilometern angekündigt.
In Sachen Lkw befinden sich Nikola und Tesla zudem seit zwei Jahren in einem Rechtsstreit. Nikola wirft dem E-Auto-Pionier vor, das Design des Semi Trucks bei Nikola gestohlen zu haben, und verlangt Schadenerdsatz. Tesla sieht das anders.
Nur für Zocker
Was ist zu halten von der Nikola-Aktie? Sie ist eine Spekulation auf ein zukünftiges Geschäftsmodell. Noch gibt es kein Produkt und keine Produktion. Das Unternehmen profitiert derzeit vom Hype um Wasserstoff. Tesla hatte mit den Modellen S und X bereits zwei Fahrzeuge auf dem Markt, bevor die gleiche Marktkapitalisierung erreicht war wie bei Nikola heute.
Nikola hat je nach Quelle zwischen 250 und 300 Mitarbeiter. Die Daimler AG beschäftigt ungefähr 300.000 Menschen. Nikolas Marktkapitalisierung beträgt umgerechnet etwa 21 Milliarden Euro, Daimlers 38 Milliarden Euro.
So schön die Vorstellung auch ist, das Lkw abgasfrei mit Wasserstoff fahren, der mit Hilfe von Wind und Solarenergie hergestellt wurde: Die Nikola-Aktie ist kein Investment, sondern eine Wette. Nichts für Anleger, eher für Zocker.
Nikola Motors: ISIN US6541101050 / WKN A2P4A9