Das Stiftungsvermögen der US-Universität Harvard übertrifft mit 42 Milliarden US-Dollar das Bruttoinlandsprodukt von mehr als jedem zweiten Land der Erde. Immer noch sind rund 840 Millionen Dollar davon in fossile Brennstoffe investiert. / Foto: Pixabay

  Nachhaltige Aktien, Erneuerbare Energie

Wenn Universitäten schmutzig investieren

Universitäten, die Lehrstühle für Umweltwissenschaften unterhalten und gleichzeitig Geld in die Kohle-, Gas- und Ölindustrie investieren? Immer noch Alltag in den USA – und seit Jahren ein immer lauterer Streitpunkt zwischen Studierenden und Hochschulmanagern, zwischen Umweltaktivisten und Ölmultis. Von diesem Konflikt hat in dieser Woche "Die Zeit“ ausführlich berichtet.

Kern der Diskussion: In den USA, Kanada und auch Großbritannien besitzen Universitäten sogenannte „Endowments“, gemeinnützige Einrichtungen, die grob vergleichbar sind mit einer deutschen Stiftung. Diese Endowments verwalten Kapital und investieren es möglichst gewinnbringend – eben auch in klimaschädliche Industriezweige.

Dabei geht es um hunderte Milliarden von Dollar – bei einer Erhebung 2017 verfügten laut „Zeit“ allein die Endwoments US-amerikanischer Hochschulen über 600 Milliarden Dollar. Die Eliteuniversitäten Harvard, Yale und Stanford etwa besitzen demnach ein Vermögen von zusammen rund 100 Milliarden Dollar.

Organisierte Proteste gegen die Praxis, dieses Geld auch in die Zerstörung des Planeten fließen zu lassen, gibt es dem Wochenmagazin zufolge seit 2008. Damals gründeten Studierende am Middlebury College an der US-Ostküste die Umweltschutzorganisation 350.org, Rückendeckung erhielten sie von Dozent Bill McKibben. 

Wütende Proteste

Die seitdem tobende Debatte erhielt zuletzt etwa durch die Fridays for Future-Bewegung zusätzlichen Auftrieb und zusätzliche Öffentlichkeit. An etwa 100 US-Hochschulen sollen derzeit entsprechende Kampagnen laufen, ihre Zahl hat sich in den vergangenen zwei Jahren demnach mehr als verdoppelt.

Die Protestierenden griffen dabei zu durchaus rabiaten Methoden: So traten Studierende und Dozenten am King’s College London und an der British Columbia University in Kanada in tagelange Hungerstreiks. 2018 und 2019 gab es öffentlichkeitswirksame Proteste bei Sportveranstaltungen wie dem traditionellen Ruderrennen zwischen Oxford und Cambridge in Großbritannien, bei einem Footballmatch zwischen den Erzrivalen Harvard und Yale in den USA wurde der Platz von Klimaschützern gestürmt.

Weltweit haben sich laut "Zeit" inzwischen 180 Universitäten und Colleges in 13 Ländern verpflichtet, Investments in die fossile Energieindustrie komplett oder teilweise abzustoßen, also sogenanntes Divestment zu betreiben.

Andere wollen davon nichts wissen: die kanadische McGill University etwa. Dort kündigte 2020 Gregory Mikkelson nach 18 Jahren seine unbefristete Professur. Der Dozent konnte es nach eigenen Angaben nicht länger ertragen, an einer Universität Philosophie und Umweltwissenschaften zu lehren, die gleichzeitig klimaschädlich investierte. Nachdem auch noch Dutzende Absolventen aus Protest ihre Diplome zurückgaben, verabschiedete der Senat der Hochschule einen Divestment-Antrag.

Diskussionsbedarf auch in Deutschland

Die Universitätsleitung weigerte sich allerdings, diesen umzusetzen. Ihr Argument: Das Ausgrenzen einer ganzen Branche führe zu einem eingeschränkteren Anlagenmix des Portfolios. Das wiederum könne Auswirkungen auf Risiko und Ertrag haben – und so letztlich die Kernaufgaben der Unis erschweren, nämlich Forschung und Lehre sowie die Vergabe von Stipendien.

Mit dem aktuellen Forschungsstand deckt sich diese Haltung nicht. Stattdessen zeigen sich grüne und ethische Investments teils deutlich krisenfester, und die Auswirkungen des Klimawandels auf die Wirtschaft werden immer noch deutlich unterschätzt.

Auch in Deutschland ist die Divestment-Bewegung längst angekommen. Zwar sich die meisten Universitäten hierzulande vollständig staatlich finanziert. Es gibt aber auch einige Stiftungshochschulen, die Kapital anlegen.

So erklärte beispielsweise die Universität Göttingen 2018, künftig nicht mehr in fossile Energien zu investieren. Druck kam dabei von einer mittlerweile prominenten Klimaschützerin: Luisa Neubauer, eines der Gesichter der Fridays for Future-Bewegung.

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