Solartainer von Africa GreenTec. Anleger können sich weiterhin über ein Genussrecht an dem Unternehmen beteiligen. / Foto: Africa GreenTec

  Anleihen / AIF, Crowd-Test

Africa GreenTec: Mehr Solarparks trotz Militärputsch – wie riskant ist das Crowd-Angebot?

Africa GreenTec entwickelt, produziert und installiert sogenannte Solartainer in afrikanischen Dörfern, die nicht an das staatliche Stromnetz angeschlossen sind. Um sein Geschäft weiterzuentwickeln, bietet das Unternehmen aus Hainburg in Hessen ein Genussrecht an. Wie reagiert Africa GreenTec auf die Unruhen in zwei seiner wichtigsten Märkte? Und wie wirkt sich die Corona-Pandemie auf die Projekte aus? ECOreporter hat beim Unternehmen nachgefragt.

Das Genussrecht der Africa GreenTec AG hat ein Volumen bis zu 5 Millionen Euro. Davon sind bislang rund 1,3 Millionen Euro platziert (Stand: 13.1.2021). Ab 250 Euro können Crowdinvestoren die Vermögensanlage zeichnen. Die Rendite für die Anlegerinnen und Anleger ist abhängig von einer Unternehmenswertsteigerung und von Bilanzgewinnen der Africa GreenTec AG.

Der Solartainer ist eine mobile Solaranlage in und auf einem Container, die Strom erzeugen und speichern kann. In Mali befinden sich laut einer im Mai 2020 von Africa GreenTec veröffentlichten Standort-Grafik rund 90 Prozent der 17 Dörfer, in denen die Emittentin des Genussrechts bislang Solartainer aufgestellt sind. Im Niger existiert nach Angaben von Africa GreenTec ein offizielles „Memorandum of understanding“ mit der dortigen Regierung, das ein Volumen von 35 Millionen Euro und 50 Dörfer umfasse (Stand: Mai 2020).

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Terroranschläge im Niger

Nach Angaben des Auswärtigen Amtes (Stand: 5.1.2021) besteht in mehreren Regionen im Niger ein teils hohes Risiko von Entführungen, Gewaltkriminalität und mancherorts auch von Terroranschlägen. Westliche Staatsangehörige sind bevorzugte Entführungsopfer dschihadistischer Terrorgruppen und krimineller Banden und werden gezielt ausgespäht. In einigen an Mali grenzenden Departements komme es immer wieder zu Angriffen und Anschlägen mit improvisierten Sprengsätzen auf die Sicherheitskräfte, auf zivile staatliche Einrichtungen, traditionelle Führer sowie die Bevölkerung und Flüchtlinge. Zuletzt wurden nach Angaben des Auswärtigen Amtes bei einem Angriff auf zwei Dörfer in der Region Tillaberi am 2. Januar 2021 über 100 Dorfbewohner von Dschihadisten ermordet. Ausländer dürfen im ganzen Land außerhalb der Städte nur mit bewaffneter Eskorte reisen. Dies gelte auch für Entwicklungs- und Hilfsorganisationen.

Militärputsch in Mali


Installation eines Solartainers von Africa GreenTec in Mali. / Foto: Unternehmen

An den lokalen Betreibern in den afrikanischen Ländern ist die Africa GreenTec AG über länderspezifische Tochtergesellschaften in unterschiedlicher Höhe beteiligt. In Mali liegt die direkte Beteiligungshöhe nach ihren Angaben bei 42 Prozent (Stand: Mai 2020). Die Africa GreenTec Asset GmbH gab 2019 eine Anleihe heraus und koordiniert die Verwaltung der durch die Anleihe finanzierten Solartainer in Mali.

Ende Oktober/Anfang November 2020 wurde von den Anleihegläubigern der Africa GreenTec Asset GmbH unter anderem der Beschluss gefasst, die Laufzeit der Anleihe (ISIN: DE000A2GSGF9) um fünf Jahre bis 2032 zu verlängern. Vorausgegangen war eine Aufforderung der Africa GreenTec Asset GmbH zur Abstimmung.

Zu dem Hintergrund der Abstimmung erklärt die Africa GreenTec Asset GmbH im Unternehmensregister (Erstellung: 14.10.2020) unter anderem: „Die bereits seit Beginn der Laufzeit der Annuitätenanleihe 2017/2027 sehr unruhigen politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen Malis wurden im Laufe dieses Jahres sowohl durch den Militärputsch am 18. August 2020, der den bisherigen Staatspräsidenten Ibrahim Boubacar Keïta zum Rücktritt zwang, als auch durch die weltweite Corona-Pandemie weiter sehr stark negativ beeinflusst.“

Prognosen für Mali waren zu optimistisch

Davon abgesehen mussten laut Unternehmensregister auch Planungsannahmen im Vorlauf der Emission Anleihe im Nachhinein in deutlichem Umfang revidiert werden:

  • "Die zugesagte Unterstützung durch malische Behörden blieb bereits vor der aktuellen Krise deutlich hinter dem zugesagten Umfang zurück.
  • Die Annahmen zu den wirtschaftlichen Verhältnissen in den malischen Dörfern mussten bereits vor dem Ausbruch der Corona-Krise deutlich reduziert werden und haben sich mit dem Beginn der Corona-Pandemie und dem dadurch bedingten Ausbleiben finanzieller Unterstützungen von im Ausland lebenden und arbeitenden Maliern weiter verschlechtert.
  • Die in den Zieldörfern als existent angenommene Infrastruktur, insbesondere "Stromnetze", sind in einem sehr schlechten Zustand oder gar nicht existent, sodass diese erneuert bzw. errichtet werden müssen.
  • Von staatlichen Stellen "zugewiesene" Dörfer für eine Elektrifizierung durch Solaranlagen verfügen häufig über zu wenig Potenzial, um die erforderliche Wirtschaftskraft zur Finanzierung der erforderlichen Anlagen aufzubringen.“

Weiterhin unternehmerische Perspektiven für Mali und Niger?

Gibt es bei Africa GreenTec Überlegungen, sich aufgrund der sehr schwierigen Rahmenbedingungen im Niger und in Mali aus beiden Staaten zurückzuziehen und dort keine neuen Projekte mehr zu realisieren?

Prof. Dr. Wolfgang Rams, Mitbegründer und COO (Chief Operating Officer) der Africa GreenTec AG, beantwortet diese und weitere Fragen von ECOreporter: „Aktuell setzen wir verstärkt auf lokale Mitarbeiter und reduzieren den Einsatz deutscher Ingenieure, für die momentan ein höheres Risiko besteht als für unsere lokalen Mitarbeiter. Allerdings haben weder die Corona-Pandemie noch der Militärputsch einen negativen Einfluss auf die Entwicklung und Nutzung unserer dezentralen Anlagen gezeigt. Unterstützung haben wir in dieser außergewöhnlich anspruchsvollen Zeit durch die Soforthilfen der DEG (Deutsche Investitions- und Entwicklungsgesellschaft, Anm. d. Red.) erfahren.“

Rams erläutert weiter: „Bei unseren Projekten im Niger setzen wir im Aufbau des Teams ebenfalls verstärkt auf lokale Mitarbeiter. Die Schulungen werden von unseren in Mali ansässigen Mitarbeitern durchgeführt. Africa GreenTec wird zudem lokal von Militärkräften der nigrischen und malischen Armee unterstützt, um auf die angespannte Sicherheitslage angemessen zu reagieren und die Sicherheit unserer Mitarbeiter und Anlagen zu gewährleisten. Wir sind der Überzeugung, dass Strom, Wasser, Kühlketten und Zugang zum Internet einen wesentlichen Beitrag zu den Lebensgrundlagen und der Sicherheit der Menschen und Dörfer beitragen. Daher werden wir unsere Arbeit im Niger und in Mali fortsetzen und verstärken.“


Das Team von Africa GreenTec in Mali. / Foto: Unternehmen

Setzt Africa GreenTec künftig stärker auf Solar-Freiflächenanlagen?

In der im Unternehmensregister veröffentlichten Mitteilung der Tochtergesellschaft Africa GreenTec Asset GmbH vom 14. Oktober 2020 heißt es zu Mali: „Hierzu soll zukünftig der weitere Zubau ausschließlich mit potenziell größeren und in ihren Leistungskategorien variableren Photovoltaik-Freiflächenanlagen betrieben werden.“

Wolfgang Rams erklärt dazu: „Die mobilen Einheiten (Solartainer) werden aktuell vor allem für die Dorfentwicklung eingesetzt und können flexibel versetzt werden. In größeren Orten, bei denen die Nachfrage gesichert ist, erhalten Freiflächenanlagen den Vorzug, um die Stromerzeugungskosten weiter zu optimieren. Dadurch kombiniert Africa GreenTec die Vorteile der mobilen Anlagen und die niedrigeren Kosten der Freiflächenanlagen optimal. Die Kombination von mobilen Solarkraftwerken und Festinstallationen war von Anfang an im Modell vorgesehen und geplant. Nach fünf Jahren in Betrieb haben wir in verschiedenen Standorten gute Geschäftsbeziehungen aufgebaut, die uns und  unsere Partner als Basis für die Weiterentwicklung und Skalierung der Anlagen dient. Auch in den anderen Ländern ist geplant, die mobilen Anlagen und Festinstallationen zu kombinieren.“

Fortschritte in anderen Ländern

Im Mai 2020 hatte Africa GreenTec gegenüber ECOreporter von bereits erfolgten sowie konkret geplanten Projekten und Markteintritten in weiteren afrikanischen Ländern berichtet. Gab es bei diesen geplanten Projekten/Markteintritten in den Ländern Senegal, Niger, Madagaskar, Togo und Somalia in den letzten sieben Monaten Fortschritte?

Wolfgang Rams: „Trotz der mit der Pandemie verbundenen Herausforderungen gab es Fortschritte bei zahlreichen Projekten. Im Senegal wurde die Africa GreenTec Senegal SARL gegründet, das Pilotprojekt befindet sich im Bau und macht gute Fortschritte. Africa GreenTec wird bei den Projekten sowohl von der Bundesregierung als auch der dena (Deutsche Energie-Agentur, Anm. d. Red.) unterstützt. Zwei Solartainer sind derzeit in der Produktion, und die ImpactSite wird voraussichtlich Mitte 2021 eröffnet werden. Nach der erfolgreichen Umsetzung des Pilotprojekts steht die Evaluation der 120 Dörfer des Verbandes der grünen Gemeinden Senegals an. Hier werden, bei entsprechender Eignung, dann neue Projekte entstehen.“

Als "ImpactSites“ bezeichnet Africa GreenTecStandorte, an denen das Unternehmen neben der Bereitstellung von Strom auch die darauf aufbauenden Anwendungen fördert. Hierzu gehören nach Angaben der Emittentin Trinkwasseraufbereitung, das Ermöglichen von Kühlketten, Internetanschluss, energieeffiziente Endgeräte, moderne Maschinen für Betriebe und die Förderung von Bildung.

Verzögerungen wegen Corona

Neben dem Senegal berichtet Wolfgang Rams von Fortschritten in weiteren Ländern: „Im Niger gehen die Projekte ebenfalls gut voran. Unter anderem wurden in drei Dörfern die Stromnetze aufgebaut, und weitere Solartainer befinden sich in Produktion. Das Pilotprojekt in Madagaskar konnte mit dem nachhaltigen deutschen Energieversorger Polarstern finanziert werden. Die Umsetzung im Dorf Mahavelona hat bereits begonnen. Trotz der vielen Erfolge gab es auch Corona-bedingte Verzögerungen und Herausforderungen, insbesondere durch Reisebeschränkungen. Dies gilt vor allem für das Pilotprojekt in Togo, das aufgrund der Einschränkungen auf 2021 verschoben wurde. Die Projekte in Somalia wurden, bedingt durch die Wahlen in der Provinz Galmadug, ebenfalls auf 2021 verschoben.“

Hohe Risiken

Ende Mai 2020 hatte ECOreporter in einem Artikel geschrieben, dass für Zeichner des Genussrechts der Africa GreenTec AG sehr hohe Risiken bestehen. Diese Einschätzung gilt weiterhin. In dem Artikel erhalten Sie auch nähere Informationen zu dem Geschäftsmodell, der finanziellen Entwicklung und den Umsatzzielen des Unternehmens. Zudem erfahren Sie, welche nachhaltige Wirkung und welche Renditechancen das Genussrecht hat, das Anlegerinnen und Anleger weiterhin ab 250 Euro zeichnen können.

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