Solarnative will ins Geschäft mit kleinen Solardachanlagen einsteigen. Das dafür benötigte Geld soll unter anderem durch eine Hochzinsanleihe hereinkommen. / Foto: Solarnative

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Unabhängige Analyse: Solarnative-Anleihe 2024/2029

Die Solarnative GmbH entwickelt und produziert insbesondere Mikro-Wechselrichter für den Photovoltaikmarkt. Derzeit erfolgt der Markteintritt über sogenannte Balkonkraftwerke, als nächste Stufe sollen kleine Dachanlagen folgen. Um den geplanten Geschäftsausbau zu finanzieren, bietet Solarnative eine Anleihe mit einem Gesamtvolumen von bis zu 50 Millionen Euro an. Der Zinssatz beträgt mindestens 11,25 Prozent pro Jahr bei einer Laufzeit von fünf Jahren und liegt damit deutlich über dem Zinsniveau anderer aktueller Erneuerbare-Energien-Anleihen.

Das öffentliche Angebot endet laut Wertpapierprospekt, vorbehaltlich einer Verlängerung oder Verkürzung des Angebotszeitraums, am 28. März um 14 Uhr. Die Mindestzeichnung beträgt 1.000 Euro. Der feste jährliche Zinssatz wird laut Prospekt auf Basis eines sogenannten Bookbuilding-Verfahrens innerhalb der Zinsspanne von 11,25 Prozent bis 12,25 Prozent voraussichtlich am 28. März festgelegt. (Nachtrag: Der Zins ist auf 12,0 Prozent festgesetzt worden - Anm. d. Red.)

Börsenhandel ist vorgesehen

Die Schuldverschreibungen sollen ab der 15. Kalenderwoche 2024 an der Frankfurter Wertpapierbörse gehandelt werden können. Das öffentliche Angebot umfasst ein Emissionsvolumen von 20 Millionen Euro. Im Rahmen von weiteren Angeboten wie etwa Privatplatzierungen kann das Gesamtvolumen der Anleihe auf bis zu 50 Millionen Euro aufgestockt werden.

Die Emittentin Solarnative GmbH ist gemäß den Anleihebedingungen berechtigt, die Schuldverschreibungen insgesamt oder teilweise mit einer Kündigungsfrist von mindestens 30 Tagen vorzeitig zu kündigen, erstmals zum Ablauf des 5. April 2026. Der vorzeitige Rückzahlungsbetrag beträgt abhängig vom Rückzahlungszeitpunkt zwischen 106 und 100,5 Prozent des Nennbetrages. Die Emittentin hat zudem im Falle eines Börsengangs ein Sonderkündigungsrecht, das einen Rückzahlungsbetrag von 110 Prozent des Nennbetrags beinhaltet.

Modulintegrierter Wechselrichter und Batteriespeicher geplant

Mit dem „Smart Energy Home“ hat Solarnative ein Energiesystem vor allem für den Wohngebäudebereich entwickelt. Herzstück des Systems ist laut Prospekt der „PowerStick“, ein miniaturisierter sogenannter Mikro-Wechselrichter, der jedes Photovoltaikmodul einzeln steuert und den Gleichstrom der Module in Wechselstrom zum Eigenverbrauch durch den Betreiber der Photovoltaikanlage und zur Einspeisung ins Stromnetz umwandelt. Künftig will Solarnative Wechselrichter in die Photovoltaikmodule integrieren. Der Wechselrichter soll wesentliche Funktionen innerhalb des Moduls übernehmen – dies soll zu deutlichen Kosteneinsparungen führen.

Die Produktion und Kommerzialisierung des PowerSticks wurde Ende 2023 gestartet. Für das erste Halbjahr 2025 ist laut Prospekt die Markteinführung einer leistungsstärkeren Produktgeneration in Planung. Auf Basis der modularen Entwicklungsplattform der Emittentin soll unter anderem auch ein stationärer Batteriespeicher entwickelt werden, dessen Markteinführung für 2026 geplant ist.

Mit welchen börsennotierten Solarfirmen steht die Solarnative GmbH in Verbindung? Welche Aufgabe hat die chinesische Tochtergesellschaft? Wie sehen die Umsatz- und Ergebniserwartungen von Solarnative aus? Wohin soll das Anleihekapital fließen? Welche europäischen Märkte will die Emittentin erschließen? Welche Risiken bestehen für das Unternehmen? Ausführliche Antworten auf diese und weitere Fragen sowie das Analysefazit von ECOreporter lesen Sie nachfolgend im Premium-Bereich.

Der folgende Premium-Inhalt ist aufgrund des Artikelalters nun frei verfügbar.

Unternehmensprofil Solarnative

Die Emittentin der Anleihe, die Solarnative GmbH, hat ihren Sitz in Kriftel bei Frankfurt am Main. Sie wurde 2019 von den Geschäftsführern Hendrik Oldenkamp und Dr. Julian Mattheis unter dem Namen Joker Tech GmbH gegründet und 2021 umbenannt. Hendrik Oldenkamp ist laut Prospekt mit einem Anteil von rund 29 Prozent der einzige Gesellschafter, der mehr als 13 Prozent am Stammkapital der Emittentin hält. Julian Mattheis hält rund 7,2 Prozent.

Hendrik Oldenkamp, der Entwickler des Solarnative PowerStick, ist laut Prospekt auch alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der OKE Services mit Sitz in Den Haag. Die SMA Solar Technology AG, ein deutscher Hersteller von Wechselrichtern, war nach Prospektangaben aufgrund einer Kooperation für die Entwicklung von Mikro-Wechselrichtern mit der OKE Services alleiniger Inhaber aller von Oldenkamp in die Kooperation eingebrachten Entwicklungsergebnisse (inklusive des damit verbundenen Know-hows) sowie aller während der Kooperation entstandenen Ergebnisse inklusive Schutzrechten, Know-how und Unterlagen geworden. Solarnative hat laut Prospekt von SMA das Eigentum an diesem SMA-Mikro-Wechselrichter-Know-how mit allen Rechten und Pflichten (einschließlich der Schutzrechte) unter Verbleib eines einfachen Nutzungsrechtes bei SMA erworben. Der Kaufpreis ist in drei Raten zu zahlen, von denen laut Prospekt zwei noch ausstehen. Die Rechte sind den Angaben nach mit Zahlung der ersten Rate an Solarnative übergegangen.

Die Solarnative-Gruppe beschäftigt neben den drei Geschäftsführern zum Datum des Prospekts insgesamt 161 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, davon den Angaben nach 30 in der Entwicklung, 107 in der Fertigung und 24 im Service/Backoffice.

Die Emittentin bildet laut Prospekt zusammen mit ihrer 100-prozentigen Tochtergesellschaft, der Solarnative (Shanghai) Electronic Technology Co., Ltd mit Sitz in Shanghai, China, die Solarnative-Gruppe. Die chinesische Gesellschaft wurde Ende 2023 gegründet und soll die Steuerung der chinesischen Partner übernehmen. Derzeit beschränkt sich die Aufgabe auf die Steuerung der Lieferanten und Fertigungspartner. In Zukunft werden laut Prospekt auch chinesische Kunden dazukommen.

Deutliches Umsatzwachstum geplant

Ein laut Prospekt sehr junges, aber für Solarnative sehr bedeutsames Marktsegment im Wohngebäudebereich sind Kleinstanlagen, auch unter dem Begriff „Balkonkraftwerke“ bekannt. Derzeit ist Solarnative eigenen Angaben zufolge ausschließlich im Segment der Balkonkraftwerke tätig. Es stellt für das Unternehmen nach eigener Einschätzung vor allem während der Markteintrittsphase ein wichtiges Marktsegment dar, denn es ist durch den Aufbau der Anlage durch den Privatverbraucher (Do-it-yourself; DIY) geprägt, und die Plug&Play-Produkte von Solarnative sind darauf zugeschnitten. Im März 2024 haben der Schweizer Solarmodulhersteller Meyer Burger und die Solarnative GmbH ihre Zusammenarbeit im Bereich Balkonkraftwerke bekannt gegeben.


Bislang liefert Solarnative vor allem Mikro-Wechselrichter für Balkonsolaranlagen. / Symbolfoto: Pixabay

Die Emittentin hat laut Prospekt im Oktober 2023 erstmals Produkte im Rahmen einer sogenannten „Early-Bird Phase“ verkauft und so einen Umsatz von ca. 450.000 Euro erzielt. Nach Abschluss der Early-Bird Phase im Januar 2024 wird die Produktion laut Prospekt im ersten Quartal 2024 auf 10.000 bis 20.000 Wechselrichter pro Monat hochgefahren, was einem monatlichen Umsatz von ca. 1 bis 2 Millionen Euro entspreche. Im dritten Quartal 2024 ist die Markteinführung des Dach-Systems geplant und eine Produktionsausweitung auf 30.000 bis 50.000 Wechselrichter pro Monat. Auch für die Folgejahre ist ein deutliches Produktionswachstum vorgesehen.

Die Emittentin plant (im sogenannten Management Case) für 2024 mit einem Umsatz von rund 36 Millionen Euro und einem negativen Ergebnis vor Zinsen und Steuern (EBIT) von rund 6 Millionen Euro. Für 2025 sind im Management Case ein Umsatz von rund 139 Millionen Euro und ein positives EBIT von rund 14 Millionen Euro prognostiziert (Prognosestand: März 2024).

Geplante Investitionen

Die Emissionskosten der Anleihe belaufen sich laut Prospekt im Falle der Vollplatzierung auf ca. 1,3 Millionen Euro. Der Nettoemissionserlös des öffentlichen Anleiheangebotes beträgt demzufolge – bei vollständiger Platzierung – ca. 18,7 Millionen Euro.

Die Emittentin plant, die Nettoemissionserlöse bis zu einem Betrag von 2 Millionen Euro zur Finanzierung des Produktionshochlaufs von derzeit monatlich 10.000 auf 50.000 Wechselrichter am Standort Hofheim zu verwenden. Die Mittel sollen zur Optimierung der Produktionsprozesse und zur Erhöhung des Automatisierungsgrads des Maschinenparks verwendet werden. Ein Nettoemissionserlös von bis zu 13 Millionen Euro ist für die Finanzierung des laufenden Geschäftskapitals vorgesehen, da das Working Capital mit der Erweiterung des Produktionsvolumens ansteige.

Des Weiteren wird laut Prospekt ein Betrag von 2 Millionen Euro zur Markteinführung des Systems für Dachanlagen verwendet. Zunächst erfolge die Markteinführung in Deutschland. Die Erlöse will die Emittentin hier für Vertrieb, Marketing und technischen Service sowie als Working Capital verwenden. Nach der Markteinführung in Deutschland soll kurzfristig die Erschließung weiterer europäischer Länder folgen. Nach Deutschland sind nach Einschätzung der Emittentin im Balkonkraftwerk-Segment vor allem Österreich und die Schweiz relevante Märkte, die als Nächstes adressiert werden sollen. Bei Dachanlagen spielen laut Prospekt generell Frankreich und die Niederlande eine große Rolle, da hier viele Anlagen im Bereich 3 bis 4 Kilowattpeak (kWp) gebaut werden, die sich nach Einschätzung der Emittentin ideal für Mikro-Wechselrichter eignen.

Ein Erlös von weiteren bis zu 1,7 Millionen Euro soll zur Weiterentwicklung der bestehenden Produkte und zur Ausweitung des Produktportfolios auf Batteriespeicher und Ladestationen für Elektrofahrzeuge verwendet werden.

Für 2024 und die Folgejahre sind weitere Investitionen in den Ausbau der Fertigungskapazitäten geplant. In der nächsten Ausbaustufe soll laut Prospekt ein weiteres Werk mit ca. 10.000 m² Fläche aufgebaut werden, in dem die Fertigungskapazität schrittweise auf mehrere Gigawatt ausgebaut werden kann. Voraussichtlich werde dieser Ausbau in Deutschland stattfinden. Pro Gigawatt rechnet Solarnative mit einem Investitionsvolumen von ca. 6 bis 8 Millionen Euro. Die Finanzierung ist laut Prospekt noch offen. Denkbar ist, dass dies ca. zur Hälfte über Leasing finanziert werden könnte und durch Mittel aus der prospektgegenständlichen Anleihe.

Hohe Risiken

Bislang generiert die Emittentin laut Prospekt kaum Umsatz. Sie ist gerade erst in den Markt eingetreten mit einem ersten Angebot und will weitere Angebote aufbauen. Das führt nach Einschätzung des Unternehmens dazu, dass noch voraussichtlich längere Zeit wesentlicher Finanzierungsbedarf für den Ausbau der Geschäftstätigkeit besteht. Um die geplante Geschäftstätigkeit für die nächsten zwölf Monate zu finanzieren, erwartet Solarnative einen Kapitalbedarf von 13 Millionen Euro, der derzeit (zum Prospektdatum) nicht gedeckt ist. Des Weiteren sind laut Prospekt Investitionen von 10 Millionen Euro für Kapazitätserweiterungen geplant, die durchgeführt werden, wenn entsprechende Mittel (z. B. durch die Anleiheemission) zur Verfügung stehen. Dieser Betrag oder auch künftiger weiterer Finanzierungsbedarf könnten sich – etwa wenn der Ausbau der Geschäftstätigkeit langsamer vorangeht oder Kosten höher sind als erwartet – als (unter Umständen deutlich) umfangreicher erweisen als von der Emittentin erwartet. Sollte es Solarnative nicht gelingen, Finanzierungen hierfür zu erhalten, wäre sie laut Prospekt nicht mehr in der Lage, ihre Geschäftstätigkeit weiter auszubauen und ihre Produkte zu vermarkten.

Es besteht das Risiko, dass die von der Emittentin vertriebenen Produkte mit Fehlern behaftet sind und beispielsweise zu Schadenersatzansprüchen führen.  Solarnative hat laut Prospekt bislang nur mit wenigen Geschäftspartnern Vereinbarungen für Kooperationen und den Vertrieb abgeschlossen, sodass der Verlust eines dieser Kunden schwer zu kompensieren wäre. Bis auf den speziellen Hochfrequenztransformator stellt Solarnative laut Prospekt die Komponenten für seine Produkte nicht selbst her, sondern bezieht sie von verschiedenen Herstellern. Die Emittentin ist daher eigenen Angaben zufolge im Rahmen ihrer Geschäftstätigkeit zwingend auf Zulieferungen und Kooperationen mit Dritten angewiesen. Es besteht laut Prospekt das Risiko, dass der Umfang der Patente nicht hinreichend weit gefasst ist, um einen Schutz gegenüber Dritten zu bieten, der wirtschaftlich von Bedeutung ist oder Solarnative mögliche Wettbewerbsvorteile sichert.

Die Emittentin ist dem Risiko ausgesetzt, dass neue und/oder finanzkräftigere Wettbewerber in den Markt eintreten und Solarnative sich dann auf dem Markt nicht behaupten kann. Der zunehmende Wettbewerb im Bereich der Photovoltaik-Komponenten könnte laut Prospekt insbesondere zu Preisreduzierungen, verminderten Umsatzerlösen und Gewinnspannen sowie zu einer Expansionsunfähigkeit von Solarnative führen.

Das Wohngebäudesegment in Europa wird nach Angaben der Emittentin in Bezug auf Wechselrichter bislang von westlichen Herstellern dominiert. Die Entwicklung im Photovoltaik-Markt hat laut Prospekt jedoch gezeigt, dass sich viele deutsche Unternehmen mittel- bis langfristig nicht gegen Wettbewerber aus Asien durchsetzen konnten, die nicht nur technologische Vorsprünge nach einiger Zeit oft zu kostengünstigeren Bedingungen aufholen, sondern auch eigene Technologien entwickeln, gegen die sich Angebote aus Deutschland nicht durchsetzen. Bei den Wechselrichtern – vor allem im Wohngebäudesegment – ist nach Einschätzung der Emittentin ein drastischer Preisverfall (wie er bei Solarmodulen stattgefunden hat) nicht zu beobachten, aber auch hier folgen die Preise einem langjährigen Abwärtstrend. Es besteht das Risiko, dass chinesische Hersteller auch im Wohngebäudesegment höhere Marktanteile erlangen und dadurch ein zunehmender Preisdruck entsteht.

Die Emittentin ist derzeit in ihrer frühen Markteintrittsphase hohen Risiken ausgesetzt. Für die Anlegerinnen und Anleger bestehen erhebliche Risiken, ihr eingesetztes Kapital zu verlieren.

Fazit

Bei der Solarnative GmbH handelt es sich um ein Unternehmen mit innovativen Produkten und Technologielösungen, die insbesondere für das Marktsegment der (sehr) kleinen Solaranlagen relevant sind. Ob sich das Unternehmen aber mit seinen Produkten am Markt durchsetzen und langfristig etablieren kann, ist noch offen. Angesichts der hohen Risiken für Anlegerinnen und Anleger müsste nach Einschätzung von ECOreporter der Anleihezins im obersten Bereich der Zinsspanne (11,25 Prozent bis 12,25 Prozent) liegen, um als marktgerecht gelten zu können.

Basisdaten

Anbieterin und Emittentin: Solarnative GmbH, Kriftel
Anlageform: Anleihe (Inhaber-Schuldverschreibungen)
Emissionsvolumen: bis zu 50 Millionen Euro
Mindestzeichnungssumme: 1.000 Euro
Laufzeit: 5. April 2024 bis 5. April 2029
Zinssatz: zwischen 11,25 und 12,25 Prozent pro Jahr
Prospektbilligung: CSSF (Luxemburgische Finanzaufsichtsbehörde)
Handelbarkeit: Frankfurter Wertpapierbörse ab der 15. Kalenderwoche 2024 (Plan)
ISIN: DE000A382517

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