Die Chancen eG könnte davon profitieren, dass sie keine herkömmlichen Studienkredite vergibt. / Foto: Pixabay

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Chancen eG meldet Gewinn – Neugeschäft ausgesetzt

Der Bildungsfinanzierer Chancen eG aus Witten hat vorläufige, noch nicht geprüfte Zahlen für das Geschäftsjahr 2022 veröffentlicht. Für 2023 besteht eine Gewinnwarnung.  Inzwischen zeigt sich die Genossenschaft aber zuversichtlich, dass die Probleme bei einem wichtigen Geschäftspartner gelöst werden können. Der Markt für Studienkredite befindet sich laut einer aktuellen Auswertung in einer schlechten Verfassung. Die Chancen eG sieht ihr Konzept der Studienfinanzierung, das keine klassische Kreditvergabe beinhaltet, bestätigt und geht von einer positiven Perspektive aus.

Die Chancen eG bietet Studienfinanzierungen nach dem Konzept des Umgekehrten Generationenvertrags an. Sie hat 2019/2020 eine börsennotierte Bildungsanleihe angeboten und vollplatziert. Im umfangreichen ECOanlagecheck zu dem Anleiheangebot erfahren Sie unter anderem mehr zum Geschäftsmodell der Genossenschaft, dem Konzept des Umgekehrten Generationenvertrags und zur gesellschaftlichen und sozialen Wirkung des Bildungsinvestments.

Die Chancen eG hat für das Geschäftsjahr 2022 einen Jahresüberschuss von rund 31.000 Euro (Vorjahr: rund 40.000 Euro) bei einer Bilanzsumme von rund 35,8 Millionen Euro (Vorjahr: rund 28,9 Millionen Euro) gemeldet. „Das ist erfreulich, auch wenn es erst mal ein Zwischenergebnis ist“, sagt Florian Kollewijn, Gründer und Vorstand der Bildungsgenossenschaft. Denn der Jahresabschluss 2022 steht noch unter dem Vorbehalt der Prüfung durch die Wirtschaftsprüfer.

Diese Prüfungsarbeiten konnten nach Angaben der Genossenschaft aufgrund der noch nicht final geklärten Fragen bei einem wichtigen Geschäftspartner und der sich daraus ergebenden Konsequenzen noch nicht abgeschlossen werden. Mit dem geprüften Jahresabschluss 2022 rechnet die Chancen eG nicht vor September. Änderungen in der Bilanz und in der Gewinn- und Verlustrechnung könnten sich vor allem noch aus Bewertungsfragen ergeben.

Derzeit keine neuen Studienfinanzierungsverträge – aber Zuversicht

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Im Mai 2023 hat die Chancen eG eine Gewinnwarnung veröffentlicht und beschlossen, bis auf weiteres keine neuen Studienfinanzierungsverträge mehr abzuschließen. Nach Aussage der Genossenschaft ist das Neugeschäft derzeit weiter ausgesetzt (Stand: 27.6.2023). In der Meldung vom 8. Mai hatte die Chancen eG erklärt: „Angesichts von Finanzschwierigkeiten eines Geschäftspartners kann nicht ausgeschlossen werden, dass diese auch das Geschäft der Chancen eG beeinträchtigen, da gegebenenfalls Wertberichtigungen auf Forderungen der Chancen eG gegenüber dem Geschäftspartner erforderlich werden. Zur Liquiditätsschonung hat die Chancen eG heute beschlossen, bis auf weiteres keine neuen Studienfinanzierungsverträge mehr abzuschließen. Ein negativer Jahresabschluss 2023 kann nicht ausgeschlossen werden.“

Inzwischen (Stand: 5.7.2023) zeigt sich die Genossenschaft zuversichtlich. Die problematische Situation bei ihrem wichtigen Geschäftspartner stabilisiere sich, und erste Schritte zur Lösung seien bereits umgesetzt; weitere Maßnahmen würden intern vorbereitet.

Kollabiert der Markt für Studienkredite?

Aufgrund der Zinswende haben sich auch für die Chancen eG die Refinanzierungskosten erhöht. Aber insbesondere auch für Studierende, die einen marktüblichen Studienkredit aufnehmen, ist das gestiegene Zinsniveau ein Problem. Laut einer Auswertung des CHE Centrum für Hochschulentwicklung ist die Zahl der neu abgeschlossenen Studienkredite in Deutschland mit 23.820 Verträgen 2022 auf einem absoluten Tiefststand angekommen. Gleichzeitig erreichte der Zinssatz des Marktführers KfW laut der Meldung vom 21. Juni 2023 mit rund 8 Prozent einen Spitzenwert. „Wir können gerade in Zeitlupe dabei zusehen, wie der Markt der Studienkredite in Deutschland kollabiert“, fasst Ulrich Müller, Experte für Studienfinanzierung beim CHE, die Entwicklung zusammen.

Die Chancen eG sieht sich daher mit ihrem Modell des Umgekehrten Generationenvertrags, bei dem kein Kredit zu fixen Konditionen zurückgezahlt werden muss, sondern die Rückzahlung einkommensabhängig ist, gut am Markt positioniert und als fairer Partner für Studierende.

Die Gewinnwarnung der Chancen eG und die derzeitige Aussetzung des Neukundengeschäfts können Auswirkungen auf den Börsenkurs der Anleihe der Genossenschaft haben. Derzeit notiert die Anleihe 2019/2031 (ISIN: DE000A2TSCT2) an der Börse Frankfurt bei nur 61 Prozent (letzter Preis vom 13.6.2023). Allerdings wurde die Anleihe in Frankfurt zuletzt im  Februar 2023 gehandelt (zu einem Kurs vom 93,5 Prozent). Aufgrund der sehr geringen Handelsvolumina hat der aktuelle Kurswert nur eine geringe Aussagekraft.

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