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ETF-Test: Amundi Index MSCI World ESG Leaders Select
Weltweit in Nachhaltigkeits-Vorreiter investieren: Das verspricht der Amundi MSCI World ESG Leaders Select – zumindest seinem Namen nach. Doch wie hoch sind die Anforderungen an das Aktienpaket tatsächlich? Bei der Prüfung kommt in der ECOreporter-Redaktion schnell Skepsis auf.
Anbieter des ETFs ist der französische Vermögensverwalter Amundi, der 2010 als Gemeinschaftsunternehmen der französischen Großbanken Crédit Agricole und Société Générale gegründet wurde. Die Crédit Agricole hält nach wie vor die Mehrheit an dem Unternehmen, das mit der Übernahme des ebenfalls französischen Konkurrenten Lyxor 2021 zum zweitgrößten ETF-Anbieter Europas aufstieg. Amundi investiert Kundengelder auch in Öl, Kohle und Rüstung.
Finanzen/Risiko
Der ETF startete ursprünglich im März 2020. Im Juli 2023 ging er im neuen Amundi MSCI World ESG Leaders auf, der nach derselben Methodik zusammengestellt wird. Da er beim ursprünglichen Test noch keine drei Jahre am Markt war, erhält er keine ECOreporter-Finanznote.
Die Jahresgebühr von 0,18 Prozent ist auch für einen ETF überdurchschnittlich günstig.
Nachhaltigkeitskonzept
Der ETF investiert weltweit in 724 mittlere und große Unternehmen aus 23 Industrieländern. Dazu gehören etwa die USA, Japan oder Deutschland – nicht aber beispielsweise China, Südkorea oder auch manche EU-Länder wie Polen, die in der Finanzwelt zu den Schwellenländern gerechnet werden.
Ein „Leader“ – das lässt sich übersetzen mit Anführer oder auch Vorbild, im weiteren Sinne also jemand, der vorweg geht. Der Name „ESG Leaders“ lässt demnach annehmen, dass die Unternehmen in diesem ETF Vorreiter sein sollen bei der Erfüllung von ESG-Kriterien. ESG steht für die Bereiche Ökologie (E wie Environment), Soziales (S wie Social) und verantwortungsvolle Unternehmensführung (G wie Governance).
Was eine gute ESG-Leistung ausmacht, ist aber nicht verbindlich definiert. Und in den Unterlagen dieses ETFs ist auch keine Erklärung zu finden, wie die angebliche Vorreiterrolle definiert wird. Stattdessen wendet der ETF ein „Best-in-Class“-Verfahren an. Und das ist nicht einmal streng: Um zu den "Besten" zu zählen, reicht es schon, wenn ein Unternehmen in seiner Branche zur besseren Hälfte gehört.
Der ETF bildet so einen Aktienindex des US-Finanzdienstleisters MSCI ab. Bewertung und Auswahl der Unternehmen stammen ebenfalls von MSCI.
Ausschlusskriterien
Vollständig tabu für den ETF sind Unternehmen mit Verbindung zu geächteten Waffen (beispielsweise Landminen und Streumunition) und Nuklearwaffen sowie die Förderung von Thermalkohle und die unkonventionelle Förderung (etwa durch Fracking) von Öl und Gas.
Für die Herstellung von Tabak gilt eine Umsatzschwelle von 5 Prozent. Maximal 10 Prozent ihrer Umsätze dürfen Unternehmen mit dem Herstellen von Alkohol, der Produktion konventioneller Waffen, Glücksspiel oder mit Nuklearenergie erzielen. Für Umsätze aus Kohlestrom gilt eine Grenze von 5 Prozent. Das heißt: Konventionelle Öl- und Gasförderung sind gar nicht eingeschränkt, für Waffen, Kohle- und Atomstrom gelten Toleranzen. Die vollständigen Ausschlusskriterien finden Sie im Premium-Bereich.
Wie nachhaltig ist dieser ETF?
Der folgende Premium-Inhalt ist aufgrund des Artikelalters nun frei verfügbar.
Der ETF investiert in zahlreiche Energiekonzerne, die Geschäfte mit fossilen Brennstoffen machen, etwa die Kohlestromerzeuger Osaka Gas (Japan), Enel (Italien) und Naturgy (Spanien). Die letzteren beiden betreiben wie auch Iberdrola aus Spanien zudem Kernkraftwerke. Hinzu kommen etliche Konzerne mit Öl- und Gasgeschäften, hauptsächlich als Pipeline-, Raffinerie- und Kraftwerksbetreiber (ONEOK, Sempra Energy, Pembina Pipeline, Phillips 66, Northland Power, Enel, Neste, Equinor, Marathon Petroleum Corp. und diverse andere), aber auch als Förderer (TotalEnergies, Woodside Petroleum, Schlumberger u. a.). Die Unternehmen bleiben aber unter den gesetzten Umsatzschwellen, etwa bei der Produktion von Kohlestrom (5 Prozent) oder Atomstrom (10 Prozent).
Ebenfalls im ETF vertreten sind der Schweizer Luxuskonzern Richemont und der kanadische Einzelhändler Canadian Tire – beide fertigen und verkaufen Waffen für den zivilen Markt, insbesondere für die Jagd. Die japanischen Konzerne JFE Holdings, Komatsu und Daikin Industrieswiederum produzieren Waffen und Munition für das Militär. Mehrere Unternehmen im Aktienpaket (Akzo Nobel, CNH Industrial, MTU Aero Engines u.a.) sind darüber hinaus in begrenztem Umfang als Zulieferer für Militär und Nuklearindustrie aktiv.
Die Aktienauswahl des ETFs ist insgesamt sehr konventionell. Als kerngrünes Investment sticht nur der dänische Windanlagenbauer Vestas heraus. Hinzu kommen diverse Unternehmen mit guter Nachhaltigkeitsbilanz wie der kanadische Brennstoffzellenbauer Ballard Power oder ECOreporter-Aktien-Favoriten wie der Schweizer Sanitärkonzern Geberit oder der europäische IT-Riese SAP aus Walldorf.
Auffällig ist die US-Dominanz: In dem nominellen Welt-ETF stammen 68 Prozent der Unternehmen aus den Vereinigten Staaten. An zweiter Stelle folgt Japan mit 6,6 Prozent. Bei den Branchen dominiert der IT-Sektor mit fast 21 Prozent, es folgen Finanzwesen und Gesundheit mit 14 bis 15 Prozent. Zu den zehn größten Positionen des ETFs gehören die Softwareriesen Microsoft und Alphabet (Google), die Zahlungsdienstleister Visa und Mastercard und der Elektroautobauer Tesla.
Transparenz
Der Anbieter veröffentlicht das vollständige Portfolio des ETFs auf seiner Website. Das Aktienauswahlprinzip und die Ausschlusskriterien werden online von Amundi knapp dargestellt. Der Indexanbieter MSCI liefert weitere Informationen zum Auswahlprinzip des abgebildeten Index. Zur Nachhaltigkeit der Aktien im ETF finden Anlegerinnen und Anleger in den öffentlich zugänglichen Dokumenten des ETFs keine Informationen.
Nachhaltige Wirkung
Amundi übt nach eigenen Angaben Stimmrechte bei Hauptversammlungen aus und tritt in Dialog mit Unternehmen, auch zu Nachhaltigkeitsthemen. Anlegerinnen und Anleger finden aber keine konkreten Forderungen an Unternehmen oder Informationen zu Dialogen. Eine nachhaltige Wirkung ist daher hier nicht ausreichend nachgewiesen.
Stärken:
- Sehr günstige Gebühren
Schwächen:
- Schwaches Auswahlverfahren
- Ausschlussverfahren mit Schlupflöchern
- Investments in Öl, Kohle und Atomkraft
- Investments in Waffen und Rüstung
Fazit
Was dieser ETF anbietet, ist sehr einfach: die bei der Nachhaltigkeit besser bewertete Hälfte des konventionellen Aktienpakets des MSCI World Index. Hinzu kommen ein paar mäßig strenge Ausschlusskriterien. Der MSCI World enthält 1.600 Aktien, dieser ETF 724 – die Rechnung, wie wenig Unternehmen nach der Best-in-Class-Halbierung von Ausschlüssen betroffen sind, fällt also leicht. Am Ende reicht es immer noch für reichlich Investitionen in Öl, Gas, Kohle und Atomstrom.
ECOreporter hat schon "grüne" ETF-Aktienpakete gesehen, in denen es finsterer aussah als in diesem. Aber ESG-„Leader“? „Anführer“, die vorweg gehen, Unternehmen, die den Weg zu einer gerechteren und möglichst klimaneutralen Welt aufzeigen? Davon kann hier keine Rede sein.
Die ECOreporter-Noten:
Finanzen: --
Nachhaltigkeit: 5,3
Finanzen: --
Nachhaltigkeit: 5,3
Details zum Benotungssystem von ECOreporter finden Sie hier.
Alle bisherigen ETF-Tests finden Sie hier.
Ausschlusskriterien ohne Umsatzschwelle:
- Geächtete Waffen
- Nuklearwaffen
- Verstöße gegen den UN Global Compact
Ausschlusskriterien mit Umsatzschwelle:
- Herstellung von zivilen Schusswaffen und Munition (5%)
- Vertrieb von zivilen Schusswaffen und Munition (15%)
- Herstellung konventioneller Waffen (10%)
- Herstellung von Tabakprodukten (5%)
- Vertrieb von Tabakprodukten (15%)
- Herstellung von Alkohol (10%)
- Glücksspiel-Angebote (10%)
- Nuklearenergie (Erzeugung/Service) (10%)
- Kohlebergbau (5%)
- Unkonventionelle Öl- und Gasförderung / Fracking (5%)
- Stromerzeugung aus Kohle (5%)
Daten und Fakten
Stichtag des Tests: 7.4.2022
Name des ETFs: Amundi Index MSCI World ESG Leaders Select – UCITS ETF DR (C)
ISIN IE00016PSX47 / WKN ETF049
Nachgebildeter Index: MSCI World ESG Leaders Select 5% Issuer Capped Index (Total Return Index)
Start des ETFs: 24.6.2020
Jährliche Gebühren: 0,18 % (Gesamtkosten)
Replikationsmethode: physisch (Indexnachbildung durch Kauf der Aktien)
Ertragsverwendung: thesaurierend
Fondsvolumen: 500,9 Millionen Euro (4/2022)
Internet: www.amundietf.de
Totalverlustrisiko: unwahrscheinlich, Teilverluste möglich