Aktien von Ölkonzernen und Rüstungsunternehmen sind gar nicht ausgeschlossen, für Kohle gelten großzügige Toleranzen. Trotzdem will auch dieser ETF ein nachhaltiges Produkt sein. Wie gut gelingt ihm das? / Foto: Royal Dutch Shell

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ETF-Test: SPDR® STOXX Europe 600 ESG Screened ETF

Fast 600 nachhaltige europäische Unternehmen in einem Aktienpaket: Das verspricht dieser ETF. Sein Name: SPDR Stoxx Europe 600 ESG Screened. ECOreporter hat ihn getestet - und Erstaunliches festgestellt.

Anbieter des ETFs ist der US-Vermögensverwalter State Street Corporation über seine ETF-Plattform SPDR. Die State Street Corporation ist der viertgrößte Vermögensverwalter der Welt und investiert selbst auch in Kohle, Öl und Atomkraft.

Finanzen/Risiko

Der ETF startete im September 2019. Da er damit noch keine drei Jahre am Markt ist, erhält er keine ECOreporter-Finanznote.

Hier finden Sie den aktuellen Kurs des ETFs bei ECOreporter und Details zur Wertentwicklung

Die Jahresgebühren von 0,12 Prozent sind selbst für einen ETF sehr günstig.

Nachhaltigkeitskonzept

Der ETF bildet den Stoxx Europe 600 ESG-X nach, einen angeblich nachhaltigen Aktienindex auf Basis des nicht-nachhaltigen Stoxx Europe 600. Dieser umfasst 600 der größten europäischen Konzerne. Die Indizes werden aufgelegt von der Stoxx Limited, einer schweizerischen Tochter der Deutsche Börse AG.

Stoxx bewertet auch die Nachhaltigkeit der Unternehmen, zur Anwendung kommen sollen dabei ESG-Kriterien. ESG steht für Umwelt (E wie Environment), Soziales (S wie Social) und gute Unternehmensführung (G wie Governance).

Eine tatsächliche ESG-Bewertung der Unternehmen findet aber gar nichts statt: Für den ETF kommen stattdessen alle Unternehmen in Frage, die nicht gegen bestimmte Ausschlusskriterien verstoßen. In den ETF schaffen es so immerhin 585 von 600 Unternehmen aus dem „normalen“ Stoxx 600. Mit anderen Worten: Nur 15 von 600 Unternehmen wurden ausgeschlossen. Sind die allermeisten der 600 größten europäischen Unternehmen tatsächlich derart nachhaltig?

Ausschlusskriterien

Der ETF schließt Unternehmen aus, die an umstrittenen Waffen beteiligt sind oder Tabak produzieren. Zudem gilt bei der Förderung von Kraftwerkskohle und bei Kohlestromerzeugung eine Umsatzschwelle, diese liegt aber bei sehr großzügigen 25 Prozent.

Nicht ausgeschlossen sind etwa Ölkonzerne, Atomkraft, herkömmliche Rüstungsindustrie oder Glücksspiel-Unternehmen.

Wie nachhaltig ist dieser ETF?

Der folgende Premium-Inhalt ist aufgrund des Artikelalters nun frei verfügbar.

Der ETF investiert beispielsweise in die Energiekonzerne Energias de Portugal, Electricite de France und weitere, die Kohle- und/oder Atomkraftwerke betreiben. Die Bergbauunternehmen BHP, Glencore und Rio Tinto fördern viel Kohle – aber nicht genug, um vom ETF ausgeschlossen zu werden. Nach Erkenntnissen der Nachhaltigkeits-Ratingagentur V.E (früher: Vigeo Eiris) liegt der Kohle-Umsatz dieser großen Konzerne bei Förderung und Stromerzeugung jeweils unter 25 Prozent, womit die Kriterien des ETFs nicht verletzt sind.

Auch an zahlreichen Ölkonzernen hält der ETF Beteiligungen, darunter Schwergewichte wie Royal Dutch Shell aus den Niederlanden und BP aus Großbritannien.

Ebenfalls im ETF vertreten sind mehrere Hersteller konventioneller Waffen, etwa der Düsseldorfer Rüstungsspezialist Rheinmetall oder der Essener Industriekonzern Thyssenkrupp, der Marineschiffe und Torpedos baut.

Auch Alkoholhersteller (Anheuser-Busch InBev, Carlsberg, Diageo u.a.) und Unternehmen, die Pelze verkaufen (Christian Dior, LVMH, Hermes International u.a.), finden sich im ETF. Die Chemiekonzerne Bayer aus Leverkusen und BASF aus Ludwigshafen vertreiben gentechnisch verändertes Saatgut.

Allgemein investiert der ETF in konventionelle große und mittlere europäische Unternehmen, teils auch mit guter oder sogar kerngrüner Nachhaltigkeitsbilanz (Novo Nordisk, Verbund, Vestas u.a.). Zu den zehn größten Positionen gehören der umstrittene schweizerische Lebensmittelriese Nestlè, der französische Luxuskonzern LVMH Moet Hennessy Louis Vuitton und das Walldorfer IT-Unternehmen SAP.

Transparenz

Der ETF-Anbieter State Street Corporation veröffentlicht das vollständige Portfolio des ETFs auf der Website seiner Investment-Management-Abteilung SSGA. Das Aktienauswahlprinzip und die Ausschlusskriterien sind online ausführlich dargestellt; es gibt keine Informationen, die Anlegerinnen und Anleger nur auf der Homepage des Indexanbieters Stoxx finden würden. Zur Nachhaltigkeit der Unternehmen, deren Aktien der ETF hält, finden Anlegerinnen und Anleger mit vertretbarem Zeitaufwand keine Angaben.

Nachhaltige Wirkung

SSGA übt nach eigenen Angaben Stimmrechte bei Hauptversammlungen aus und tritt in Dialog mit Unternehmen, auch zu Nachhaltigkeitsthemen. Anlegerinnen und Anleger finden mit vertretbarem Zeitaufwand aber keine konkreten Forderungen an Unternehmen oder Informationen zu Dialogen. Eine nachhaltige Wirkung ist daher hier nicht ausreichend nachgewiesen.

Stärken:

  • Niedrige Gebühren
  • Breite Streuung

Schwächen:

  • Sehr schwaches Auswahlverfahren
  • Investments in Kohle- und Atomstrom
  • Investments in Ölkonzerne
  • Investments in Rüstung
  • Investments in Gentechnik

Fazit:

Nachhaltigkeit steht zwar im Namen dieses ETFs, spielt bei der Auswahl der Aktien aber fast keine Rolle. Kein Produkt für nachhaltige Anlegerinnen und Anleger.

Die ECOreporter-Noten:

Finanzen: --

Nachhaltigkeit: 6

Details zum Benotungssystem von ECOreporter finden Sie hier.

Alle bisherigen ETF-Tests finden Sie hier.

Daten und Fakten

Stichtag des Tests Nachhaltigkeit: 23.6.2021

Stichtag des Tests Finanzen: 23.6.2021

Name des ETFs:  SPDR® STOXX Europe 600 ESG Screened UCITS ETF (Acc)

ISIN: IE00BK5H8015 / WKN: A2PPQZ

Nachgebildeter Index: STOXX Europe 600 ESG-X Index

Start des ETFs: 30.09.2019

Jährliche Gebühren: 0,12 % (Gesamtkosten)

Replikationsmethode: physisch (Indexnachbildung durch Kauf der Aktien)

Ertragsverwendung: thesaurierend

Fondsvolumen: 72,4 Millionen Euro (6/2021)

Internet: www.ssga.com/de

Totalverlustrisiko: unwahrscheinlich, Teilverluste möglich

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