Wie nachhaltig kann ein Aktienpaket sein, in dem der britisch-niederländische Mineralölkonzern Shell steckt? / Foto: Shell

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ETF-Test: HSBC Europe Sustainable Equity UCITS ETF

Der HSBC Europe Sustainable Equity ETF möchte ein Aktienpaket mit weniger Kohlenstoffemissionen und fossilen Brennstoffen, dafür mit ökologischen, sozialen und verantwortungsvoll geführten europäischen Konzernen schnüren. Wie gut hält er dieses Versprechen ein?

Anbieter des ETFs ist die britische Großbank HSBC. Sie selbst will noch bis 2030 Kohlekraftwerke und Kohlebergbau finanzieren, weltweit soll die Kreditvergabe dafür sogar erst 2040 enden.

Finanzen/Risiko

Der ETF startete im Juni 2020. Da er damit noch keine drei Jahre am Markt ist, erhält er keine ECOreporter-Finanznote.

Hier finden Sie den aktuellen Kurs des ETFs bei ECOreporter und Details zur Wertentwicklung

Die Jahresgebühr von 0,15 Prozent ist auch für einen ETF überdurchschnittlich günstig.

Nachhaltigkeitskonzept

Der ETF legt in 306 mittlere und große europäische Unternehmen an. Bei der Auswahl der Aktien wendet der ETF ein Best-in-Class-Verfahren an, das aus zwei Schritten besteht. In der Praxis ist es allerdings weniger eine Auswahl der Besten als vielmehr ein Ausschluss der „Worst-in-Class“, der Nachhaltigkeitsschlechtesten. Und auch nur der allerschlechtesten.

Zunächst müssen die Unternehmen in ihrer Branche zu der Hälfte gehören, die weniger CO2 produziert und fossile Brennstoffe verbraucht als die andere Hälfte – schon das ist großzügig bemessen. Noch großzügiger ist Schritt zwei bei der Aktienauswahl: Unternehmen müssen bei einer ESG-Bewertung zu den „besten“ 80 Prozent gehören. Das bedeutet umgekehrt: Nur die schlechtesten 20 Prozent sind ausgeschlossen.

ESG steht für Kriterien in den Bereichen Ökologie (E wie Environment), Soziales (S wie Social) und gute Unternehmensführung (G wie Governance). Diese Kriterien sind allerdings nicht verbindlich definiert.

Mit seinem Verfahren bildet der ETF einen Index des britischen Indexanbieters FTSE Russell ab, einer Tochter der Londoner Börse (London Stock Exchange Group). Für die Auswahl und Bewertung der Aktien ist FTSE Russell verantwortlich.

Ausschlusskriterien

Der ETF schließt Investments in Tabakhersteller und Unternehmen mit Verbindung zu geächteten Waffen (etwa Streumunition oder ABC-Waffen) aus. Auch Konzerne, die gegen den UN Global Compact verstoßen, sind tabu. Für Pornografie und Glücksspiel gelten genauso wie für Kohle, Atomkraft und Waffenherstellung Umsatzschwellen von 5 oder 10 Prozent. Eine detaillierte Auflistung der Ausschlusskriterien finden Sie im Premium-Bereich.

Keine Beschränkungen gibt es etwa bei Erdöl- oder Gasgeschäften.

Wie nachhaltig ist dieser ETF?

Der folgende Premium-Inhalt ist aufgrund des Artikelalters nun frei verfügbar.

Der ETF investiert in mehrere Energieversorger mit fossilen Geschäftsbereichen, etwa Engie aus Frankreich und Endesa aus Spanien, die beide Kohle-, Öl-, Gas- und Atomkraftwerke betreiben. Hinzu kommen Aktien der Bergbauriesen Glencore (Schweiz), sowie BHP Billiton und Rio Tinto (beide britisch-australisch), die Kohle- und Uranbergbau betreiben. Laut Geschäftsberichten bleiben die Umsätze aus fossiler Energie und Kohleförderung unter den jeweils relevanten Umsatzschwellen.

Auch mehrere Ölkonzerne sind im Aktienpaket vertreten, darunter die Branchenriesen BP (Großbritannien), TotalEnergies (Frankreich) und Shell (britisch-niederländisch).

Ebenfalls kritisch gesehen werden können Beteiligungen an Zulieferern für Militär und Nuklearindustrie (CNH Industrial NV, Saint Gobain SA, Vinci SA u. a.), Chemiekonzernen, die Geschäfte mit Gentechnik und Pestiziden machen (BASF, Bayer u. a.), und an Alkoholherstellern (Diageo, Heineken, Anheuser-Busch InBev u. a.).

Positiv hervor stechen beispielsweise die Grünstromerzeuger Siemens Gamesa (Spanien), Verbund (Österreich), Orsted und Vestas (beide Dänemark). Auch finden sich im Aktienpaket Konzerne mit vorbildlicher Nachhaltigkeitsbilanz, etwa die Deutsche Post DHL Group (Bonn) oder der Klebstoffkonzern Henkel (Düsseldorf).

Insgesamt bleiben die Investments des ETFs aber sehr konventionell mit vielen kritischen Beteiligungen. Zu den zehn größten Aktienpositionen gehören der umstrittene Schweizer Lebensmittelhändler Nestlé, der französische Luxuskonzern LVMH, der etwa mit Pelzen handelt, der Alkoholhersteller Diageo und der Energieversorger Enel mit einem großen fossilen Geschäftsanteil.

Transparenz

Der Anbieter veröffentlicht das vollständige Portfolio des ETFs auf seiner Website. Das Aktienauswahlprinzip und die Ausschlusskriterien sind auf der Website von HSBC knapp dargestellt. Der Indexanbieter FTSE liefert weitere Informationen zum Auswahlprinzip des abgebildeten Index. Zur Nachhaltigkeit der Unternehmen, deren Aktien der ETF hält, finden Anlegerinnen und Anleger in den öffentlich zugänglichen Dokumenten des ETFs keine Informationen.

Nachhaltige Wirkung

HSBC übt nach eigenen Angaben Stimmrechte bei Hauptversammlungen aus und tritt in Dialog mit Unternehmen, auch zu Nachhaltigkeitsthemen. Anlegerinnen und Anleger finden aber keine konkreten Forderungen an Unternehmen oder Informationen zu Dialogen. Eine nachhaltige Wirkung ist daher hier nicht ausreichend nachgewiesen.

Stärken:

  • Günstige Gebühren
  • Investments in zahlreiche grüne Unternehmen

Schwächen:

  • Schwaches Auswahlverfahren
  • Viele kritische Investments (u. a. fossile Energie, Atomkraft, Gentechnik)

Fazit

Wenn einige der größten Mineralölkonzerne, Kohleförderer und fossilen Energieversorger der Welt in einem Aktienpaket stecken – wer ist dann überhaupt noch ausgeschlossen? Das ohnehin sehr schwache Auswahlverfahren schafft es aus Sicht der Redaktion nicht einmal, die allerfragwürdigsten Investments zu vermeiden. Ein weiterer Greenwashing-ETF, der mit nachhaltiger Geldanlage nichts zu tun hat.

Die ECOreporter-Noten:

Finanzen: --

Nachhaltigkeit: 6,0

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Alle bisherigen ETF-Tests finden Sie hier.

Ausschlusskriterien ohne Umsatzschwelle:

  • Geächtete Waffen
  • Herstellung von Tabakprodukten
  • Unternehmen, die gegen den UN Global Compact verstoßen

Ausschlusskriterien mit Umsatzschwelle:

  • Herstellung/Vertrieb/Dienstleistungen Waffen und Waffenzubehör zivil und militärisch (10%)
  • Vertrieb von Tabakprodukten (10%)
  • Herstellung Pornografie (5%)
  • Vertrieb Pornografie (10%)
  • Betrieb Einrichtungen für Glücksspiel (5%)
  • Vertrieb Zubehör Glücksspiel (10%).
  • Kohlebergbau (10%)
  • Stromerzeugung aus Kohle (10%)

Weitere Einschränkungen

  • Atomkraft (25 Prozent der gesamten Erzeugungskapazität)

Daten und Fakten

Stichtag des Tests: 24.3.2022

Name des ETFs: HSBC Europe Sustainable Equity UCITS ETF

ISIN: IE00BKY55W78 / WKN: A2PXVM

Nachgebildeter Index: 100% FTSE Developed Europe ESG Low Carbon Select Index

Start des ETFs: 4.6.2020

Jährliche Gebühren: 0,15 % (Gesamtkosten)

Replikationsmethode: physisch (Indexnachbildung durch Kauf der Aktien)

Ertragsverwendung: thesaurierend

Fondsvolumen: 79,6 Millionen Euro (3/2022)

Internet: www.assetmanagement.hsbc.de

Totalverlustrisiko: unwahrscheinlich, Teilverluste möglich

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