Militärfahrzeuge an der russisch-ukrainischen Grenze. Einige nachhaltige Fonds und ETFs schließen Rüstung komplett aus, andere haben Toleranzschwellen. / foto: imago images, ITAR-TASS

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Krieg oder Frieden: Sind nachhaltige Aktienfonds und ETFs frei von Waffen und Rüstung?

Der Überfall Russlands auf die Ukraine wirft auch für die Geldanlage die Frage auf: Wie hält man es mit Waffen- und Rüstungs-Investments? Woher weiß man überhaupt, ob im eigenen Depot Panzer- oder Tretminenhersteller versteckt sind? ECOreporter zeigt im Folgenden in einem leicht lesbaren Frage-Antwort-Text, wie nachhaltige Fonds und ETFs mit diesem Thema umgehen. Gibt es rein pazifistische nachhaltige Finanzprodukte? Schließen ethische Fonds Panzer und andere Rüstungsgüter aus?

Gibt es Hintertüren, beispielsweise Toleranzgrenzen, mit denen die Fondsanbieter doch auf Waffenproduktion setzen? Sind geächtete Waffen wie Streumunition überall ausgeschlossen? Wo verläuft die Grenze für die Tabus: Sind Schlafsäcke für das Heer verbotene Investments? Und wie unterscheiden sich bei diesem Thema nachhaltige Fonds von ETFs?

Ein Thema spart dieser Beitrag aus: Die Frage, ob die Bewaffnung eines Staates – gegebenenfalls zu seiner Verteidigung – erlaubt, notwendig und nachhaltig ist. In den nächsten Tagen wird die ECOreporter-Redaktion in einem weiteren Beitrag grundsätzliche Positionen dazu aufzeigen.

Sind nachhaltige Fonds glaubhaft? Mit anderen Worten: Wenn die Anbieter nachhaltiger Fonds versprechen, nicht in Waffen zu investieren – halten sie ihr Wort?

Fast 150 nachhaltige Fonds und ETFs hat ECOreporter bisher ausführlich getestet, manche Produkte schon mehrfach. Ein Ergebnis dabei, das vielleicht positiv überraschen mag: Nach unseren Untersuchungen halten die Produkte, was sie geloben. Dass einmal ein Fonds angibt, keine Aktien von Waffenproduzenten zu kaufen, und sich dann doch die Aktie eines Unternehmens im Fonds findet, das eine Tochtergesellschaft hat, die einen kleinen Teil ihres Umsatzes mit Waffen erzielt: Das ist die absolute Ausnahme. Sie können hier also mit mehr als 99-prozentiger Sicherheit auf die Angaben der Anbieter vertrauen. Der Grund dafür sind die Nachhaltigkeitsrecherchen, die sehr professionell und mit riesigen Datenmengen durchgeführt werden und die Themen wie Waffenherstellung sicher anzeigen.

Sind also nachhaltige Fonds und ETFs waffenfrei?

Der folgende Premium-Inhalt ist aufgrund des Artikelalters nun frei verfügbar.

Nein, das kann man so pauschal nicht sagen. Es gibt etliche nachhaltige Fonds und ETFs, die Investments in Waffen oder Rüstung nicht oder nicht ganz ausschließen. Sie erlauben sich damit also selbst, Aktien beispielsweise von Waffenherstellern zu kaufen. Da sie das in ihren Anlagekriterien auch schreiben, verstoßen sie nicht gegen ihre eigenen Grundsätze.

Man mag hier aufstöhnen und denken: Also doch Waffen! Man muss den Finanzproduktanbietern aber zugutehalten, dass sie glaubhaft bleiben. Ein Fonds, der sich nachhaltig nennt oder „ESG“ (environmental, social, governance, also Umwelt, Soziales, verantwortungsvolle Unternehmensführung), definiert sich damit ja nicht automatisch als waffenfrei. Für Anlegerinnen und Anleger bedeutet das aber auch: Sie müssen genau in die Kriterien ihres Fonds schauen, um zu sehen, wie er es mit Waffen und Rüstung hält. Der Name eines Fonds (oder ETFs) sagt hierzu nicht genug.

Und hier ist dann doch Kritik an vielen Fonds und ETFs angebracht: Mittlerweile stößt ECOreporter häufig auf Produkte, die ihre Anlagekriterien eher verstecken oder nur teilweise veröffentlichen. Das geht doch gar nicht bei Produkten, die die Anbieter nachhaltig nennen, sollte man denken. Aber es wird eben praktiziert. In den ECOreporter-Tests führt ein solches Gebaren zu einer deutlichen Abwertung in der Nachhaltigkeitsnote.

Negativ- und Ausschlusskriterien: Hier erkennen Sie, ob ein Fonds Waffen oder Rüstung als Investments ausschließt

Viele nachhaltige Fonds oder ETFs haben sogenannte Negativ- oder Ausschlusskriterien. Manchmal ist auch von „negativem Screening“ die Rede. Wie auch immer: Solche Kriterien zielen darauf ab, die Beteiligung an Unternehmen zu vermeiden, die bestimmte Geschäftsfelder haben. Nehmen wir als Beispiel den Fonds Ökoworld Ökovision Classic (ECOreporter-Fondstest). Er hat ein Ausschlusskriterium so formuliert: Der Fonds investiert nicht in Unternehmen, „die Kriegswaffen und Rüstungsgüter herstellen…“. So weit, so klar. Aber jetzt geht es in die Details. Und nun kommt es auf die ganz genaue Formulierung an. Dazu die nächste Frage:


Die VW-Tochter MAN baut zusammen mit dem Rüstungskonzern Rheinmetall Militärfahrzeuge. / Foto: Rheinmetall

Wie kann ich sicher sein, dass nicht nur die Hersteller von Waffen ausgeschlossen sind, sondern auch die Händler und andere Beteiligte?

Auch hier das Beispiel Ökoworld Ökovision Classic: Das Ausschlusskriterium des Fonds sieht auch vor, dass alle, die Kriegswaffen und Rüstungsgüter vermarkten oder vertreiben oder Anlagen, Vorprodukte oder Dienstleistungen dafür bereitstellen, nicht in Frage kommen.

Anderes Beispiel: Die österreichische Sparkassen-Gruppe Erste schließt für nachhaltige Fonds Unternehmen aus, die potenziell in die folgenden Bereichen verstrickt sein können: Massenvernichtungswaffen, biologische, chemische und Atomwaffen (ABC-Waffen) und weitere.

Tochterfirmen oder Banken, die Waffenhersteller finanzieren – sind die erlaubt?

Die Frage zielt auf das Thema Beteiligungen und Verflechtungen. Auch hier wieder der Einfachheit halber ein Beispiel: Der Indexfonds GreenEffects (ECOreporter-Fondstest)formuliert das entsprechende Ausschlusskriterium so: „Nicht aufgenommen werden oder verbleiben dürfen Unternehmen, die Rüstungsgüter im engeren Sinn (wie Schusswaffen, Panzer, Minen) herstellen, und Unternehmen, die an den vorgenannten Unternehmen eine Kapitalbeteiligung besitzen oder auf deren Geschäftsführung strukturell einen maßgeblichen Einfluss ausüben."

Der Fonds Ökovision Classic von Ökoworld schließt auch Finanziers und an Waffenunternehmen beteiligte Konzerne aus. Heißt: Gewährt eine Bank Rüstungsfirmen einen Kredit, ist sie für Ökoworld nicht mehr investierbar. Ebenfalls tabu sind etwa der Volkswagen-Konzern, weil dessen Tochter MAN Militärfahrzeuge herstellt, und alle Unternehmen, die den Stahl für Raketenabschussrampen liefern.

Wie halten es nachhaltige Fonds oder ETFs mit „Dual Use“-Produkten und anderen Waren, die auch das Militär nutzt?

Dual Use-Produkte eignen sich für zivile, aber auch für militärische Zwecke. Hier geht es um Güter wie Elektronik (z.B. Sensoren), Telekommunikation, IT-Technik, Datenverarbeitungsprogramme oder andere Technologien. Mobile Energieversorgungsgeräte stellt beispielsweise der bayerische Brennstoffzellenspezialist SFC Energy her – die werden auch von Armeen genutzt. Die Schweizer Fondsgesellschaft Swisscanto definiert für ihre Nachhaltigkeitsfonds das Negativkriterium „Rüstung“ in diesem Punkt so: „Als Verstoß gelten Waffen(-systeme) sowie sonstige Rüstungsgüter, die speziell für militärische Anwendungen entwickelt wurden. Sogenannte „Dual Use-Produkte“ werden nicht berücksichtigt.“

Das heißt beispielsweise: Stellt ein Unternehmen Sensoren her, die auf Wärme reagieren, kann der Fonds seine Aktien kaufen – selbst wenn die Sensoren auch in Raketen verbaut werden, die auf die Hitze von Kampfflugzeug-Triebwerken reagieren.


Brennstoffzellensystem zur mobilen Stromversorgung von SFC Energy - fällt das schon unter Rüstung? / Foto: SFC Energy

Die Frankfurter Triodos Bank dagegen formuliert es anders: „Unternehmen, die in der Herstellung oder im Vertrieb von Dual-Use-Technologien tätig sind, werden überprüft, um sicherzustellen, dass ihre Produkte nicht entwickelt wurden, um physische Gewalt gegen Menschen oder Tiere auszuüben oder dazu beizutragen.“ Bei diesen Firmen ist es dann egal, ob ein Bauteil nicht nur in Panzern, sondern etwa auch in Baggern zu finden ist. Ein herkömmliches Textilunternehmen, das auch Unterwäsche ans Militär liefert, landet hingegen nicht auf der Ausschlussliste. Eine genaue Abgrenzung ist schwierig: Es gibt keine Liste, auf der genau vermerkt ist, welche Dual-Use-Güter investierbar sind und welche nicht. Es bleibt eine Grauzone.

Wie gehen nachhaltige Fonds mit geächteten Waffen um?

Als „geächtete Waffen“ gelten verbotene Kriegsmittel, beispielsweise die in der sogenannten Ottawa-Konvention von 1997 genannten Antipersonenminen. Auch blind machende Laserwaffen sowie alle Laserwaffen, die sowieso unter Artikel 1 der Haager Landkriegsordnung fallen, sind geächtet. Ebenso beispielsweise Uranmunition und Streubomben, weil die Anzahl der Blindgänger hoch ist. Fast alle nachhaltigen Fonds schließen kategorisch die Hersteller geächteter Waffen aus.

Sehr viele, aber nicht alle Länder der Erde haben sich dazu verpflichtet, keine geächteten Waffen herzustellen oder zu besitzen. Entsprechende Vereinbarungen wurden unter anderem in mehreren UN-Konventionen getroffen. Heißt: In weiten Teilen der Welt sind geächtete Waffen illegal – und damit auch kein Geldanlagethema.

Atomwaffen sind ein Sonderfall. Sie gehören formal nicht zu den geächteten Waffen, werden von fast allen nachhaltigen Fonds aber genauso konsequent ausgeschlossen. Der Atomwaffensperrvertrag von 1968 erlaubt den USA, Russland, Großbritannien, Frankreich und China den Besitz von Atombomben – allerdings unter der Maßgabe, diese möglichst vollständig abzurüsten. Dies ist bis heute nicht geschehen. Mittlerweile verfügen auch Staaten wie Indien, Pakistan, Israel und Nordkorea über Atomwaffen.

Meist ist der Ausschluss von geächteten Waffen so oder ähnlich formuliert: „Ausgeschlossen sind … nach dem Römischen Statut des Internationalen Strafgerichtshofes geächtete Waffen, z. B. ABC-Waffen, Landminen…“.

Was ist mit den sogenannten „Toleranzgrenzen“ – ein Einfallstor für Greenwashing?


Atomwaffen schließen die allermeisten nachhaltigen Fonds und ETFs aus. / Foto: Pixabay

Viele nachhaltige Fonds, die mit Ausschlusskriterien arbeiten, haben sogenannte Toleranzgrenzen für alle oder einige dieser Kriterien. Diese Toleranzgrenzen beziehen sich auf die Unternehmen, an denen sich die Fonds beteiligen, konkret: auf den Umsatz dieser Unternehmen mit dem ausgeschlossenen Geschäftsfeld. Es ist also nicht so, dass eine 5-Prozent-Toleranzgrenze für Waffen heißt, ein Fonds könne 5 Prozent seines gesamten Kapitals in reine Waffenhersteller investieren.

Der Fonds GreenEffects beispielsweise formuliert zu seiner Toleranzgrenze: „Nicht aufgenommen werden … Unternehmen, die … mehr als 5 Prozent ihres Umsatzes mit auf militärische Nutzungen spezialisiertem technischem Gerät erwirtschaften.“ Konkret heißt das: Erzielt ein Konzern mit insgesamt 10 Milliarden Umsatz 600 Millionen seines Umsatzes mit Rüstung (also 6 Prozent des Umsatzes), liegt er über der Grenze und kommt nicht in Frage. Andere Fonds schließen aber Waffen und Rüstung komplett aus. Auch hier: Es hilft nur, genau zu lesen.

Noch ein Zitat: Die Sparkassen-Investment-Gesellschaft Deka schrieb: „Mit Deka Nachhaltigkeitsfonds können Sie mit gutem Gewissen interessante Renditechancen nutzen. Denn sie investieren ausschließlich in Aktien oder Anleihen von Emittenten, die strengen Kriterien standhalten. Problematische Branchen oder Tätigkeitsfelder wie z. B. Rüstung, Waffen oder Atomenergie werden grundsätzlich ausgeschlossen." Dann kam ein Sternchen. Und dazu die Erläuterung: „Ausschluss zum Teil aus Praktikabilitätsgründen ab einem Umsatzanteil von mehr als 5 Prozent.“

Die Deka Nachhaltigkeitsfonds haben also Ausschlusskriterien, aber nur zu 95 Prozent, aus „Praktikabilitätsgründen“? Ist das wirklich so praktikabel? Man muss immer auch berücksichtigen, dass die betreffenden Deka-Fonds dann ja in etliche Firmen hätten investieren können, die jeweils gerade so bis zu 5 Prozent ihres Umsatzes mit Waffen erzielen. Wieder eine Art von Greenwashing? In der Tat, bei etlichen Fonds geht es in diese Richtung.

Andererseits sind in der globalisierten Wirtschaft Großunternehmen so vielfältig vernetzt, dass es für Fonds und ihre Dienstleister teilweise schwierig ist, ihre Geschäfte zu 100 Prozent zu durchschauen. Es lässt sich kaum ausschließen, dass ein Unternehmen – etwa über Beteiligungen von Tochtergesellschaften – in einem gewissen Umfang von Rüstungsgeschäften profitiert. Eine Toleranzschwelle von 5 Prozent dient daher häufig zur rechtlichen Absicherung der Fonds, dass man keinen vollständigen Ausschluss behauptet, den man nicht garantieren kann. Meist würde allerdings eine Toleranzschwelle von 3 Prozent ausreichen.

Die Praxis zeigt übrigens: Die Nachhaltigkeitsfonds nutzen in der Regel die Toleranzgrenzen gar nicht aus. Fonds, die beispielsweise 5 Prozent Waffeninvestitionen oder 5 Prozent Atomenergie bei einem Unternehmen dulden, haben hier meist in Wirklichkeit null Prozent angelegt. Mancher Fondsanbieter zieht die Toleranzschwelle aber besonders weit, etwa bei 30 oder sogar 50 Prozent. In dem Fall würde das Negativkriterium „Rüstung“ wohl nur noch reine Waffenhersteller ausschließen. Das ist 100 Prozent Greenwashing und bewusste Falschetikettierung.

Dass es auch anders geht, zeigt beispielsweise die Steyler Ethik Bank aus St. Augustin bei Bonn: Sie schreibt für ihre Fonds vor: „Kontroverse Waffen: Unternehmen, die kontroverse Waffen oder Schlüsselkomponenten für diese herstellen, schließen wir konsequent aus (Umsatzschwelle 0 Prozent). Hierzu zählen auch geächtete Waffen – nach dem „Römischen Statut des Internationalen Strafgerichtshofes“ sind dies z. B. ABC-Waffen und Landminen.

Militärische Ausrüstung: Die Steyler Ethik Bank investiert nicht in Produzenten und Händler von sonstigen Rüstungsgütern, sofern diese mehr als 1 Prozent ihres Gesamtumsatzes damit erzielen.“


Für manchen ethisch-ökologischen Fonds sind auch Jagd- und Sportwaffen tabu. / Foto: Pixabay

Was gilt für zivile Waffen?

Gewehre, Pistolen und andere Waffen, die teilweise auch für sportliche Zwecke eingesetzt werden, sind teilweise auch ein Thema für nachhaltige Fonds. Erst ein Blick in die Fondskriterien bietet die Gewähr dafür, wie der Fonds hier agiert. Beispiel: Die Fonds der genannten Steyler Bank. Sie schreibt: „Zivilwaffen: Auch für die Produktion von Waffen für den zivilen Gebrauch gilt bei uns eine 0-Prozent-Umsatzschwelle.“

Und wenn Fonds keine Ausschlusskriterien haben, sondern nach dem Best-in-Class-Verfahren investieren?

Mit der Best-in-Class-Anlagestrategie wählt ein Fonds die Unternehmen für sein Portfolio aus, die im Branchenvergleich in ökologischer, sozialer und ethischer Hinsicht die höchsten Standards setzen bzw. besser abschneiden als ihre Mitbewerber innerhalb eines Sektors (Branchenleader-Ansatz). Für Unternehmen aus jeder Branche ermittelt ein Best-in-Class-Research (meint: Recherche) ein Nachhaltigkeitsranking, also eine Reihenfolge. So werden die Firmen ermittelt, die effizienter, ökologischer und sozialer sind als ihre Konkurrenz. Der erhoffte Effekt: Die Nachhaltigkeitsbesten sollen ihrer Branche Wege zu mehr Nachhaltigkeit aufzeigen.

Letztlich geht es bei dem Best-in-Class-Prinzip darum, die Nachhaltigkeitsbesten einer Branche durch die Hereinnahme in Nachhaltigkeitsfonds zu fördern und die weniger nachhaltigen Unternehmen dazu zu bewegen, den „Besten" zu folgen. So soll eine Art Wettbewerb um mehr Nachhaltigkeit initiiert werden. Nicht zuletzt aus Renditegründen erscheint diese Auswahl sinnvoll. Für die Nachhaltigkeitsfonds hat dieser Ansatz den Vorteil, dass sie ihr Portfolio breiter und damit sicherer aufstellen können, weil sie auf Firmen aus bestimmten Branchen nicht grundsätzlich verzichten müssen.

Achtung: Dabei kann es sich auch um Branchen handeln, deren Produkte oder Produktionsweisen nicht als nachhaltig gelten. Also auch Waffenhersteller! Es klingt paradox, aber nach diesem Verfahren wäre der Panzerhersteller mit dem geringsten Wasserverbrauch und einem guten Sozialsystem im Unternehmen eventuell nachhaltig. Natürlich, der Krieg in der Ukraine hat jetzt die Frage aufgeworfen, ob ein Staat nicht selbstverständlich das Recht hat, sich gegen Angriffe zu verteidigen, und damit auch die Möglichkeit haben muss, entsprechende Waffen zu kaufen. Und irgendjemand muss diese Waffen dann ja auch herstellen. ECOreporter wird auf diese Problematik in einem nächsten Bericht zum Thema Waffen eingehen. An dieser Stelle nur so viel: Nachhaltige Fonds, die nur nach dem Best-in-Class-Verfahren vorgehen, können auch Waffenhersteller und -händler usw. kaufen.

Welche nachhaltigen Fonds sind streng, wenn es um den Ausschluss von Waffen- und Rüstungsinvestitionen geht?

Viele nachhaltige Fonds schließen Rüstungsunternehmen vollständig aus. Von den Fonds mit den besten Nachhaltigkeitsnoten im ECOreporter-Test toleriert es nur der Erste (WWF) Stock Environment, wenn ein investiertes Unternehmen einen geringen Teil seines Umsatzes mit Waffen oder Rüstung erzielt (mehr dazu können Sie hier lesen). De facto finden sich aber auch in diesem Fonds keine Rüstungs-Investments. Produkte, die ausschließlich fürs Militär hergestellt werden, etwa Panzermotoren oder Steuereinheiten für Lenkraketen, sind für besonders nachhaltige Fonds ebenfalls fast vollständig tabu. Geächtete Waffen sowieso.

Diese Fonds mit sehr guten ECOreporter-Nachhaltigkeitsnoten schließen Waffen und Rüstung komplett aus:

Reine Aktienfonds:

  • Ethius Global Invest
  • Murphy&Spitz - Umweltfonds Deutschland
  • GLS Bank Aktienfonds
  • Erste Green Invest
  • Triodos Pioneer Impact Fund
  • B.A.U.M. Fair Future Fonds
  • Steyler Fair Invest - Equities
  • Erste Responsible Stock Global
  • Swisscanto Equity Fund Sustainable Global Water
  • Triodos Global Equities Impact Fund
  • Prima - Global Challenges G
  • green benefit Global Impact Fund
  • Ökoworld Ökovision Classic
  • H&A Prime Values Equity A
  • Ökoworld Klima

Mischfonds:

  • UmweltSpektrum Mix A
  • GLS Bank Klimafonds
  • Ökobasis One World Protect
  • FairWorldFonds
  • Ökoworld Rock ´N´ Roll Fonds
  • Steyler Fair Invest - Balanced


Nachhaltige Fonds mit weniger strengem Auswahlverfahren beschränken sich meist darauf, die geächteten Waffen auszuschließen. Bei herkömmlichen Waffen und Rüstungsgütern gelten hingegen oft Toleranzschwellen.

Wie verhalten sich nachhaltige ETFs bei Waffen und Rüstung?

Bei nachhaltigen ETFs sind Waffen oft als Ausschlusskriterium benannt. So schließt bislang jeder von ECOreporter getestete ETF geächtete Waffen aus. Nicht aber Atomwaffen: Mit dem L&G Europe ex UK Equity hat die Redaktion bereits einen ETF analysiert, in dessen Aktienpaket sich europäische Hersteller von Nuklearwaffen finden (den Test können Sie hier lesen).

Da ETFs nahezu immer einen bestimmten Index nachbilden, kommt es darauf an, welche Ausschlusskriterien der Indexanbieter für ein bestimmtes Aktienpaket formuliert. Diese gelten dann auch für den ETF. Ein Beispiel: Alle ETFs, die auf den MSCI ESG Leaders Indizes des US-Finanzdienstleisters MSCI basieren, schließen Herstellung und Vertrieb von Waffen und Munition für den zivilen Markt aus. Allerdings mit einer Umsatzschwelle (Toleranzgrenze) von 5 Prozent. Ein ETF wie der Amundi MSCI Europe ESG Leaders Select (ECOreporter-Test)darf also durchaus in Unternehmen investieren, die Waffen ans Militär oder die Polizei liefern. Und dieser ETF tut das auch – in seinem Bestand findet sich etwa der niederländisch-britische Industriekonzern CNH Industrial, der unter anderem Schützenpanzer baut.

Die MSCI SRI Filtered ex Fossil Fuels Indizes hingegen schließen neben zivilen Waffen auch militärische Waffen aus. Daher sind hier deutlich weniger Rüstungsunternehmen investierbar. Eine Aktienliste aus dieser Indexfamilie bildet beispielsweise der Amundi Index MSCI Europe SRI ETF (ECOreporter-Test) nach.

Diese ETFs schließen nach ECOreporter-Recherchen zivile und militärische Waffen ohne Umsatzschwelle aus:

  • Rize Medical Cannabis and Life Sciences ETF
  • Rize Education Tech and Digital Learning ETF
  • Rize Sustainable Future of Food ETF
  • Rize Cybersecurity and Data Privacy ETF
  • Beyond Investing US Vegan Climate ETF
  • Lyxor Net Zero 2050 S&P 500 Climate PAB ETF
  • Lyxor Net Zero 2050 S&P Eurozone Climate PAB ETF
  • Warburg Invest Global Challenges Indexfonds

Fazit

Es ist möglich, in nachhaltige Fonds und ETFs zu investieren, die nichts mit Waffen oder Rüstung zu tun haben. Und: Bei den fast 150 Fonds- und ETF-Tests, die ECOreporter bisher durchgeführt hat, haben wir nur äußerst wenige und minimale Fälle von Verstößen gegen die eigenen Auswahlkriterien zu Waffen gefunden. Aber die Kriterien sind eben höchst unterschiedlich und manchmal schwer oder teilweise gar nicht zu finden.

Wer wissen will, welche nachhaltigen Fonds und ETFs Waffen und Rüstung ausschließen, muss entweder in die Anlagekriterien der einzelnen Fonds schauen. Und diese sehr sorgfältig lesen. Oder sich an die oben stehenden Fondslisten halten – dann kann man sicher sein, dass es sich auch bei den anderen Inhalten um wirklich streng nach Nachhaltigkeit ausgewählte Werte handelt.

Alle ECOreporter-Fondstests und viele weitere Informationen zu nachhaltigen Fonds finden Sie hier.

Die ETF-Tests der Redaktion können Sie hier lesen.

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