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Europäische Zentralbank erhöht Leitzins
Zum ersten Mal seit elf Jahren hebt die Europäische Zentralbank (EZB) ihren Leitzins an. Im Juli steigt er von 0,0 auf 0,25 Prozent. Was bedeutet das für die Renditen von Anleihen?
Die EZB will mit der Zinserhöhung helfen, die hohe Inflation einzudämmen. Bis Jahresende sind weitere Zinsanhebungen vorgesehen, die nächste soll wahrscheinlich im September erfolgen. Zudem wird die EZB ab Juli ihre milliardenschweren Käufe von Staatsanleihen stoppen.
Die Zentralbank geht davon aus, dass die Inflation in der EU 2022 im Schnitt bei etwa 6,8 Prozent liegen wird. Für 2023 rechnet die EZB mit einer Teuerungsrate von 3,5 Prozent, für 2024 mit 2,1 Prozent. Damit wäre die Inflation in zwei Jahren wieder auf dem politisch gewollten Niveau von ungefähr 2 Prozent angekommen.
Was heißt das für Anlegerinnen und Anleger?
Höhere Leitzinsen wirken sich auf alle anderen Zinsen aus, auch auf die von Anleihen. Allerdings gilt dies nur für neu ausgegebene Anleihen. Alte behalten ihre bisherigen Zinscoupons – Anleihen sind festverzinsliche Wertpapiere, deren Coupons nur in akuten Krisensituationen und mit Zustimmung der Investoren geändert werden können.
Das bedeutet: Alte Anleihen werden bei steigenden Leitzinsen unattraktiver, weil ihre Zinsen nun vergleichsweise niedrig sind. Und da diese Anleihen nicht mehr so gefragt sind, sinken ihre Börsenkurse. Dadurch steigen wiederum ihre Renditen, denn der feste Zinssatz wird auf den Ausgabepreis der Anleihen, den sogenannten Nominalkurs von 100 Prozent gezahlt, Investoren können die Anleihen jetzt aber beispielsweise für einen Kurs von 90 Prozent kaufen. Ein Rechenbeispiel: Eine Anleihe hat einen Nominalzins von 2 Prozent. Wer die Anleihe bei einem Kurswert von 90 Prozent erwirbt, erzielt eine Rendite von etwa 2,2 Prozent pro Jahr.
Anleihefonds verlieren an Wert
Allerdings lohnt es sich bei einem gesunkenen Kurs oft nicht mehr, Anleihen vor dem Ende ihrer Laufzeit zu verkaufen. Und insbesondere Staatsanleihen und Anleihen großer Konzerne laufen häufig so lange, dass nur wenige Investoren sie bis zum Ende halten (dann würden sie den Nominalkurs, also 100 Prozent zurückerhalten, egal was die Anleihe zu dem Zeitpunkt kostet).
Wer Misch- oder Rentenfonds hält (Renten sind ein anderes Wort für Anleihen), dürfte in den letzten Monaten bereits gemerkt haben, dass die Fonds sich schlechter entwickeln als in der Vergangenheit. Der weltweite Anleihenindex Bloomberg Global-Aggregate Total Return hat im Jahresvergleich 15 Prozent verloren – das ist für den traditionell wenig schwankungsanfälligen Anleihemarkt sehr viel. Allerdings dürfte die Zinserhöhung der EZB keine weiteren deutlichen Kursverluste auslösen. Denn erstens ist die Anhebung des Leitzinses bereits seit Monaten erwartet worden, und zweitens fällt die Zinsanpassung der EZB sehr moderat aus. In Ländern wie den USA oder Großbritannien liegen die Leitzinsen längst deutlich höher, in der EU bleibt das Zinsniveau weiterhin auf einem historisch niedrigen Niveau. Zumindest vorerst.
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