Sich klimaneutral rechnen ist schwieriger als gedacht. / Foto: Fotolia

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Greenwashing: „Klimaneutral“ wird immer mehr zum Unwort

Sehr viele CO2-Zertifikate, mit denen Unternehmen ihre Klimabilanz schönrechnen, sind offenbar wertlos. Das hat ein internationales Rechercheteam herausgefunden. Erste Firmen reagieren nun auf die Enthüllungen.

Journalisten der renommierten Zeitungen „Die Zeit“ und „Guardian“ sowie der Investigativ-Plattform Source Material werteten mehrere Studien aus und kamen zu dem Ergebnis, dass 94 Prozent der untersuchten CO2-Zertifikate, die der weltweit führende Anbieter Verra für Waldschutzprojekte vergeben hat, keine positiven Auswirkungen auf das Klima haben.

Verra streitet dies ab. Doch Unternehmen wie VW, dm und der ECOreporter-Aktien-Favorit SAP, die mit Zertifikaten von Verra vermeintlich CO2 kompensiert hatten, kündigten an, ihre Kompensationsstrategie zu überdenken. Die Supermarktkette Rewe erklärte, sie habe bereits im September 2022 ihre Zusammenarbeit mit Verra beendet.

Wirklich klimaneutral geht kaum

CO2-Zertifikate sind für Unternehmen wichtig, die als klimaneutral gelten wollen. Denn selbst keine Treibhausgase auszustoßen, ist nahezu unmöglich. Um auf netto null zu kommen, müssen die eigenen Emissionen durch Zertifikate ausgeglichen werden. Dass diese ihr Geld vermutlich nicht wert sind, verschärft die Debatte um die angebliche Klimaneutralität von Unternehmen. Raoul Roßmann, der Chef der Drogeriekette Rossmann, sagte in einem Interview mit der „Zeit“, das Label „klimaneutral“ sei „im Grunde tot“.

Die Deutsche Umwelthilfe geht derzeit juristisch gegen sieben Unternehmen vor, die sich oder ihre Produkte als klimaneutral bewerben. Die Umweltschutzorganisation  wirft den Firmen vor, nicht offenzulegen, wie sie zu dieser Aussage kommen. Auch die Umwelthilfe kritisiert in dem Zusammenhang Zertifikate aus „extrem fragwürdigen oder gar betrügerischen sogenannten Kompensationsprojekten“ (mehr dazu können Sie hier lesen).

ECOreporter bewertet in seinen Nachhaltigkeitsanalysen Aussagen zu einer vermeintlichen Klimaneutralität nur positiv, wenn das Unternehmen seine Klimaziele in erster Linie dadurch erreicht, dass es seinen Energieverbrauch senkt und Energie aus regenerativen Quellen nutzt. Kompensationsmaßnahmen sieht die Redaktion ähnlich kritisch wie die Deutsche Umwelthilfe – mittlerweile sind so viele Fälle von Betrug und Täuschung bekannt geworden, dass das gesamte System zweifelhaft erscheint.

ECOreporter untersucht regelmäßig Aktien nachhaltiger Unternehmen. Eine Übersicht finden Sie hier.

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