Brennstoffzellen-Pkw von Toyota. / Foto: Unternehmen

  Aktientipps, Nachhaltige Aktien, Aktien-Favoriten

Investieren in Wasserstoff: Was steckt hinter dem Trend?

Wasserstoff-Aktien: Wirklich das nächste große Ding – oder lau wie eh und je? Wasserstoff gilt als neuer Hoffnungsträger der Energiewende. Deshalb gingen viele Wasserstoff-Aktien zuletzt durch die Decke. Welche Aktien gibt es? Und um welche Papiere sollten Anleger lieber einen großen Bogen machen?

Wer vor einem Jahr Aktien des schwedischen Unternehmens PowerCell gekauft hat, kann sich nun über 400 Prozent Plus freuen. PowerCell stellt Brennstoffzellen zum Antrieb von Lkw und Schiffen mit Wasserstoff her. Etwa 60 Prozent verloren dagegen diejenigen, die vor einem Jahr auf die Aktie von FuelCell Energy setzten. Ein US-Unternehmen, das Anlagen für die Erzeugung von Strom aus Wasserstoff und Erdgas herstellt.

Ist Wasserstoff der neue Hoffnungsträger im Kampf gegen den Klimawandel? Mit ihm lassen sich Pkw, Lkw und Schiffe antreiben. Abgasfrei. Wasserstoff kann zudem als Speicher für Ökostrom dienen.

Aber: Wasserstoff ist ein Gas. Man holt es nicht einfach irgendwo her: Es muss erzeugt werden. Derzeit wird es vor allem aus Erdgas gewonnen. Das gängige Herstellungsverfahren ist die sogenannte Dampfreformierung. Dabei zerlegt heißer Dampf das Erdgas in seine Bestandteile Wasserstoff und Kohlenmonoxid. Dabei wird CO2 freigesetzt. Man kann das CO2 aber auch binden und lagern. Wie auch immer: Man braucht erst einmal Energie, um den Wasserstoff überhaupt zu erzeugen. Am umweltschonendsten geht das im Moment mittels Elektrolyse; der dafür nötige Strom stammt am besten aus Wind- oder Solaranlagen. Stellt man dann wieder Strom aus dem Wasserstoff her, kann der Wirkungsgrad mittlerweile bei über 70 Prozent liegen.


Wasserstoffspeicher des norwegischen Unternehmens Nel. / Foto: Unternehmen

Gespeichert werden kann der Wasserstoff im bereits vorhandenen Erdgasnetz. Derzeit werden weltweit 600 Milliarden Kubikmeter Wasserstoff produziert – vor allem für den Einsatz in der Industrie. Mit dieser Menge wären aber nur 1,5 Prozent des weltweiten Energiebedarfs zu decken. Geht es nach der EU, soll der Anteil von Wasserstoff am Gesamtenergieverbrauch in Europa bis 2050 ansteigen. Die Wasserstoffindustrie sieht sich in der Lage, bis 2050 bis zu 24 Prozent des Gesamtenergiebedarfs in der EU zu decken. Sagt sie. Wie das so ist mit Prognosen: Man kann ihren Wahrheitsgehalt erst im Nachhinein prüfen. Bei Prognosen über einen Zeitraum von 30 Jahren ist die Treffsicherheit allenfalls zu erahnen.

Produziert eine Brennstoffzelle aus Wasserstoff Strom und treibt damit einen Pkw an,  werden gerade einmal 30 Prozent der Energie wieder auf die Straße gebracht, die für die Wasserstofferzeugung nötig waren. Das Elektroauto, oft gescholten, ist um einiges effizienter.

Das ist wohl ein Grund dafür, dass es in Deutschland erst zwei kaufbare Brennstoffzellenautos gibt, die den Wasserstoff verwerten könnten: den Mirai von Toyota und den Hyundai Nexo. Immer wieder ist in Diskussionsforen zu lesen: Warten wir ab, das Elektroauto wird sich nicht durchsetzen, weil das Wasserstoff-Auto viel ökologischer ist. Was allerdings nicht stimmen muss. Vor allem ist es derzeit aber nicht praktikabel: In ganz Deutschland gibt es bereits mehr als 17.500 Elektro-Ladestationen (Stand: Januar 2020). Aber nur 60 Wasserstofftankstellen.

VW-Chef Herbert Diess glaubt sogar, Wasserstoff und Hybride seien "von gestern". Man solle sich auf Elektroautos konzentrieren, forderte er in einer Brandrede am 16. Januar 2020.

Welche Wasserstoff-Aktien gibt es? Und wie riskant sind sie? Erfahren Sie mehr im ECOreporter-Premiumbereich. Dort finden Sie auch eine Tabelle mit den wichtigsten Informationen zu allen Wasserstoff-Aktien. 

Der folgende Premium-Inhalt ist aufgrund des Artikelalters nun frei verfügbar.

Gibt es Wasserstoff-Aktien, bei denen sich der Einstieg jetzt lohnt?

Die Deutsche Energieagentur (Dena) schätzt sehr optimistisch , dass bis 2030 allein in Deutschland 4,1 bis 6,4 Millionen Pkw mit Wasserstoffantrieb zugelassen werden. Aber Achtung: Einen Wasserstoff-Hype gab es schon einmal, und zwar vor knapp 20 Jahren.

Damals hieß es, bis 2010 gäbe es flächendeckend Wasserstofftankstellen und Wasserstoff-Pkw. Die Realität: Gerade einmal 506 Fahrzeuge mit Wasserstoffantrieb waren laut Kraftfahrtbundesamt 2019 in der Bundesrepublik Deutschland zugelassen. 57 Millionen gemeldete Fahrzeuge gibt es insgesamt in Deutschland.

Die Wasserstoff-Aktien: Unternehmen und Geschäftsfelder

Das kanadische Unternehmen Ballard Power stellt Brennstoffzellen für den Antrieb von Bussen und Lkw her. Ballard Power schreibt aber seit Jahren rote Zahlen. Analysten rechnen erst ab 2022 mit einem positiven Jahresergebnis. Trotzdem ist die Aktie binnen zwölf Monaten um über 200 Prozent gestiegen.

Konkurrent von Ballard Power ist das schwedische Unternehmen PowerCell. Es ist als Ausgründung aus dem Fahrzeughersteller Volvo entstanden. Der deutsche Automobilzulieferer Bosch ist mit gut 11 Prozent an PowerCell beteiligt. Schätzungen zufolge soll das Unternehmen bereits 2021 die Gewinnzone erreichen. Die Umsätze hat das Unternehmen in den vergangenen Jahren kontinuierlich auf zuletzt 5,73 Millionen Euro (2018) gesteigert. Trotzdem sehr riskant – vor allem nach dem starken Kursanstieg von 3,63 auf 18,54 Euro in den letzten zwölf Monaten.

Aus den USA kommt die Firma Plug Power. Das Unternehmen stellt ebenfalls Brennstoffzellen für Pkw her sowie für Nutzfahrzeuge wie Gabelstapler, Lkw und Drohnen. Der Online-Händler Amazon hält  gut 50 Millionen der 292 Millionen Aktien des Unternehmens. Zu den Kunden zählen neben Amazon DHL und BMW. Analysten empfehlen die Aktie zwar zum Kauf, aber das Papier taugt allenfalls für höchst risikofreudige Anleger.  

Gibt es auch deutsche Unternehmen, die in dem Markt tätig sind? Ein Beispiel ist ElringKlinger. Das Hauptgeschäft der Firma aus Dettlingen (Baden-Württemberg) sind zwar Zylinderkopf- und Spezialdichtungen, aber es hat auch Brennstoffzellen für Pkw im Programm. Mit einem erwarteten Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) für 2019 von 5,6 ist die Aktie günstig bewertet. Der Aktienkurs leidet derzeit unter der schwächelnden Nachfrage aus der Automobilindustrie.  

Können Hersteller von Elektrolyseuren und Wasserstoffkraftwerken profitieren?

Das norwegische Unternehmen Nel ASA baut Anlagen zur Herstellung von Wasserstoff, sogenannte Elektrolyseure. Zudem entwickelt es Wasserstofftankstellen für Pkw und Nutzfahrzeuge und produziert auch Tanksäulen und anderes. Im Juni 2019 brach der Kurs der Aktie stark ein, als es zu einer Explosion einer Wasserstofftankstelle in der Nähe von Oslo kam. Die Aktie erholte sich wieder, nachdem sich herausstellte, dass die Explosion durch einen Montagefehler ausgelöst wurde. Branchenexperten rechnen 2021 mit einem positiven Jahresergebnis. Aber auch hier gilt: Höchst spekulativ.

Das britische Unternehmen ITM Power stellt ebenfalls Elektrolyseure her. In diesem Jahr will ITM Power eine neue Fabrik in Sheffield in Betrieb nehmen, die mit einer jährlichen Kapazität von 1 Gigawatt die weltgrößte Fabrik für Elektrolyse-Anlagen sein soll. Ein Deal mit Linde hat den Kurs der Aktie stark nach oben getrieben – ein Anzeichen für eine Kursüberhitzung.

Das US-Unternehmen FuelCell Energy ist auf Anlagen zur Stromerzeugung aus Wasserstoff und Erdgas spezialisiert. Außerdem hat es Technologien zur CO2-Abscheidung aus Kohlekraftwerken im Programm. Wann das Unternehmen die Gewinnzone erreichen wird, ist unklar.

Die spannenden Werte sind die, die nicht in der ersten Reihe der Aufmerksamkeit stehen

Hexagon Composites aus Norwegen stellt Tanks für Wasserstoff, Erdgas und Biogas her. Im Programm sind auch sogenannte Verbundzylinder, die zur Lagerung und zum Transport von Gasen unter Druck benötigt werden. Das Unternehmen ist schon lange profitabel. Die Bewertung der Aktie ist mit einem erwarteten KGV für 2019 von 48 sehr hoch.

Das Hauptgeschäft des britischen Unternehmens Johnson Matthey sind Abgas- und Prozesskatalysatoren (60 Prozent Umsatzanteil). Sie werden auch für die CO2-Abscheidung bei der Erzeugung von Wasserstoff aus fossilen Energieträgern benötigt. Außerdem stellt das Unternehmen Komponenten für Brennstoffzellen her. Das KGV der Aktie für 2019 liegt bei etwas über 13. Analysten stufen die Johnson Matthey-Aktie mehrheitlich als Halteposition ein.


Elektrolyseur von ITM Power. / Foto: Unternehmen

Das kanadische Unternehmen Dynacert hat eine Technologie zum Nachrüsten von Dieselmotoren entwickelt, die den Ausstoß von Schadstoffen und CO2 reduziert. Wasserstoff wird über die Luftzufuhr in den Motor einspeist. Der Wasserstoff dient als Katalysator und verbessert die Verbrennung des Diesels. Laut Dynacert kann der Dieselverbrauch um fast 20 Prozent gesenkt werden. Das Kraftfahrt-Bundesamt hat dem Unternehmen die Erlaubnis für die Nutzung der Technologie erteilt. Ob ein Zubehörteil, das den Diesel effizienter macht, nachhaltig ist, erscheint allerdings recht fraglich.  

Wasserstoff ist ein Industriegas. Und bei diesem Begriff denkt man an Linde. Das Unternehmen betreibt in Sachsen-Anhalt beispielsweise ein über 90 Kilometer langes Netz für die Versorgung der Industrie mit Wasserstoff. Außerdem baut Linde Elektrolyseanlagen und ist ein Joint Venture mit ITM Power eingegangen. Linde ist eine ECOreporter-Favoriten-Aktie aus der Reihe Dividendenkönige. Zum ausführlichen Unternehmensporträt gelangen Sie hier.

Auch der Linde-Konkurrent Air Liquide mischt im Wasserstoffmarkt mit. Das französische Unternehmen hat bisher weltweit 100 Wasserstofftankstellen gebaut und möchte das Tankstellennetz ausweiten. Außerdem hat Air Liquide in Dänemark und in Kanada mit der Errichtung von Produktionsanlagen für grünen Wasserstoff begonnen. Die Aktie ist mit einem erwarteten KGV für 2019 von 26 kein Schnäppchen, aber etwas günstiger als Linde bewertet.

Aber für beide Aktien gilt: Der Anteil des Wasserstoff-Geschäfts am Gesamtumsatz ist verschwindend gering. Dass Wasserstoff in der Energieerzeugung einmal eine größere Rolle spielen könnte: Derzeit ist davon wenig zu spüren. Anleger sollten sich daher nicht nervös machen lassen von all jenen Stimmen, die den nächsten großen Boom voraussagen, den man auf keinen Fall verpassen dürfe. Derzeit ist vor allem eins in der Debatte um Wasserstoff: viel heiße Luft.

Verwandte Artikel

21.01.20
 >
04.10.19
 >
02.09.19
 >
12.03.19
 >
Aktuell, seriös und kostenlos: Der ECOreporter-Newsletter. Seit 1999.
Nach oben scrollen
ECOreporter Journalistenpreise
Anmelden
x