Ohne Genossenschaften gäbe es in Deutschland deutlich weniger Wind- und Solaranlagen. / Foto: Pixabay

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Nachhaltige Rendite mit Genossenschaftsanteilen – so funktioniert's

Hohe nachhaltige Wirkung, basisdemokratische Strukturen und durchaus auch attraktive Renditen – Beteiligungen an nachhaltigen Genossenschaften können spannende grüne Geldanlagen sein. ECOreporter erklärt, was diese Beteiligungen von anderen Investments unterscheidet und worauf Anlegerinnen und Anleger achten sollten.

Was hat Die Tageszeitung (taz) gemeinsam mit der GLS Gemeinschaftsbank und der DENIC, der Registrierungsstelle für Internetdomains mit der Endung .de? Es ist die Rechtsform: Sie alle sind Genossenschaften. Genauso wie die Volks- und Raiffeisenbanken, viele EDEKAs, Dorfläden, Fischereien, Handwerker-Einkaufsgemeinschaften, Taxizentralen, Weinkellereien und nicht zuletzt Bürgerenergiegesellschaften. Rund 8.000 Genossenschaften soll es 2023 in Deutschland gegeben haben; je nach Quelle schwanken die Zahlen leicht.

Statistisch gesehen sind die Deutschen ein Volk der Genossinnen und Genossen, denn mit 20 Millionen Mitgliedern ist rein rechnerisch fast ein Viertel der Deutschen Teil einer Genossenschaft. Weltweit haben Genossenschaften, anderswo auch Kooperativen genannt, laut dem Portal Deutschland.de sogar rund 800 Millionen Mitglieder in über 100 Ländern. Sie sichern 100 Millionen Arbeitsplätze, sind aber auch Motoren der Innovation und Transformation: So hatten deutsche Bürger*innen-Energie-Genossenschaften nach Angaben der EnBW-nahen Karlsruher Stiftung Energie & Klimaschutz bis 2021 beispielsweise immerhin 3,2 Milliarden Euro in Erneuerbare-Energie-Kraftwerke investiert.

Ob groß oder klein: gleiches Stimmrecht für alle

Um Mitglied einer Genossenschaft zu werden, erwirbt man einen Genossenschaftsanteil. Und damit kann die Mitgliedschaft auch als Geldanlage interessant werden, denn für jeden Anteil wird in der Regel eine Dividende ausgeschüttet, die durchaus interessante Höhen erreichen kann. Zusätzlich erhält man in der Regel ein Stimmrecht, kann also bei den Generalversammlungen einer Genossenschaft abstimmen, etwa bei den Vorstandswahlen. Das ist eine Parallele zur GmbH oder Aktiengesellschaft.

Aber es gibt einen wesentlichen Unterschied bei den Stimmrechten: In einer Aktiengesellschaft kann beispielsweise eine einzelne Aktionärin die Stimmmehrheit haben, in einer GmbH ein Gesellschafter. Dagegen hat in der Regel jedes Genossenschaftsmitglied nur eine einzige Stimme – unabhängig davon, wie viele Anteile es erworben hat. Das ist ein Grund dafür, warum die Genossenschaft als „urdemokratische“ Rechtsform gilt. Zudem können außenstehende Investoren nicht die Geschäftspolitik bestimmen.

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In Deutschland bildet ein eigenes Genossenschaftsgesetz für all das die rechtliche Basis. Darin ist auch vorgeschrieben, dass jede Genossenschaft Mitglied eines Prüfungsverbandes sein muss, der regelmäßig Wirtschaftlichkeit und Rechtmäßigkeit kontrolliert. Was wiederum dazu führt, dass die Genossenschaften in Deutschland die Unternehmensform mit der niedrigsten Insolvenzquote sein sollen.

Teilweise ist bei Genossenschaften die Höhe der Mitgliedschaftsanteile begrenzt. So bei der EWS Schönau, die Genossenschaftsanteile nicht als Geldanlage betrachtet, sondern in erster Linie als eine Förderung ihres Geschäftszwecks: des Ausbaus der Erneuerbaren Energien. Daher, so der EWS-Vorstand Armin Komenda, liege die Anteilsobergrenze bei 5.000 Euro.

Ausschüttungen in unterschiedlicher Höhe


Auch an der GLS Bank aus Bochum können sich Anlegerinnen und Anleger beteiligen. / Foto: GLS Bank

Die Höhe der Ausschüttung lag 2021 und 2022 bei den nachhaltigen Genossenschaften, die sich ECOreporter angesehen hat, zwischen null und nahezu 12 Prozent. Hier zeigt sich, dass solche Investments unternehmerische Risiken beinhalten – es kann gute und schlechte Jahre geben. Von daher sind die Genossenschaften auch sehr vorsichtig mit Prognosen zu möglichen künftigen Dividenden.

ECOreporter wird in weiteren Geschichten unterschiedliche Genossenschaften zeigen, in die meist Private und Stiftungen investieren können. Das Spektrum reicht vom Wohnungsbau über Bürgerenergie und eine Bank bis zu Mikrofinanzen in Schwellenländern. Es sind sehr bekannte Namen dabei, genauso aber Organisationen, die in der Regel nur Fachleute kennen oder die nur lokal geläufig sind. Allesamt sind es Beispiele – in manchen Bereichen gibt es wenige weitere andere, in anderen eine Vielzahl, etwa beim Wohnen oder bei Banken.

Risiken, Haftung und Laufzeit bei Genossenschaftsanteilen

Geht eine Genossenschaft trotz der regelmäßigen Kontrollen durch ihren Prüfverband pleite, ist in der Regel auch das Geld verloren, das die Mitglieder in die Genossenschaftsanteile investiert haben. Aber es kann noch schlimmer kommen: Die Mitglieder haben – nur im Fall einer Insolvenz – die gesetzliche Pflicht zum sogenannten Nachschuss, um die Schulden der Genossenschaft zu bezahlen, falls das vorhandene Vermögen nicht ausreicht.

Allerdings kann jede Genossenschaft in ihrer Satzung diese Nachschusspflicht komplett ausschließen oder auf eine maximale Summe begrenzen. Das ist bei den meisten von ECOreporter betrachteten Genossenschaften der Fall. Es gibt aber auch andere Regelungen, beispielsweise bei der GLS Bank. Hier enthält die Mitgliedschaft eine Nachschusspflicht im Verhältnis eins zu eins, maximal aber bis 5.000 Euro. Real heißt das: Wer 1.000 Euro in GLS-Genossenschaftsanteile investiert hat, hat diese im unwahrscheinlichen Fall einer Insolvenz verloren und muss weitere 1.000 Euro nachschießen. Bei einem 100.000-Euro-Investment läge die Nachschusspflicht trotzdem nur bei maximal 5.000 Euro.

Dennoch: Genossenschaftsanteile sind keine Sparprodukte, sondern unternehmerische Beteiligungen mit entsprechenden Verlustrisiken. Der Anteil an einer Genossenschaftsbank fällt daher auch nicht unter die gesetzliche Einlagensicherung für Banken. Andererseits: Die Genossenschaftsbanken, also unter anderem die Volks- und Raiffeisenbanken, haben bereits 1934 einen Sicherungsfonds gegründet. Christof Lützel von der GLS Bank verweist darauf, dass es seitdem, also in nun 90 Jahren, keine Insolvenz gegeben habe. Probleme tauchten aber beispielsweise bei Wohnbaugenossenschaften auf; so haben – in wenigen Fällen – dort Vorstände Geld veruntreut, was zum Konkurs geführt hat.

Beenden kann man die Mitgliedschaft in einer üblichen Genossenschaft mit einer Kündigung (§ 65 Genossenschaftsgesetz). Die Regel ist eine schriftliche Kündigung drei Monate vor Ablauf eines Geschäftsjahres. Mit dessen Ende ist die Kündigung wirksam. Doch Satzungen können auch längere Kündigungsfristen vorsehen – bis zu fünf Jahre dürfen es laut Gesetz sein. Bei der GLS Bank sind es beispielsweise diese fünf Jahre, zum Ende eines Kalenderjahres. Christof Lützel erläutert das an einem Beispiel: Wer 2024 kündigt, dessen Kündigung wird zum Jahresende (31.12.2024) plus fünf Jahre (31.12.2029) wirksam. Ausgezahlt wird nach der darauf folgenden Generalversammlung im Sommer 2030.

Fazit

Genossenschaftsanteile sind generell auch für die Geldanlage geeignet. Dabei kommen sie als Beimischung in Frage, nicht als alleinige Geldanlageart. Unter Nachhaltigkeitsaspekten hier besonders interessant: Wenn die inhaltliche Ausrichtung einer Genossenschaft mit den eigenen Werten und Zielen übereinstimmt, fördert man mit einer solchen Geldanlage genau diese Werte und Ziele.

Die Geldanlage in Genossenschaftsanteilen kann eine hohe nachhaltige Wirkung haben, also einen „Impact“. Denn mit dem Geld, das in Genossenschaftsanteile fließt, kann die Genossenschaft arbeiten. Im Gegensatz dazu kommt bei einem Aktienkauf (außer bei einer Neuemission) das investierte Geld nicht in der Aktiengesellschaft an, sondern bei der Aktienverkäuferin oder dem Aktienverkäufer.

Zu beachten sind die teilweise sehr langen Kündigungsfristen für Genossenschaftsanteile und die Risiken: Es sind und bleiben unternehmerische Beteiligungen.

Details zu einzelnen nachhaltigen Genossenschaften und ihren Beteiligungsmodellen veröffentlicht ECOreporter in weiteren Artikeln:

Teil 1 - Oikocredit

Teil 2 - Prokon

Teil 3 - Spar- und Bauverein Dortmund

Teil 4 - EWS Schönau

Teil 5 - GLS Bank

Teil 6 - Green Planet Energy

Teil 7 - Energiegenossenschaft Solverde

Teil 8 - PSD Bank Nürnberg

Teil 9 - Bank im Bistum Essen (BIB)

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