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Prokon-Gruppe erzielt 19 Millionen Euro Gewinn - wie sind die Aussichten?
Die Prokon Regenerative Energien eG plant, errichtet und betreibt Windparks in Deutschland, Polen und Finnland. Anlegerinnen und Anleger können in die Genossenschaft investieren, indem sie eine Anleihe an der Börse oder mindestens einen Geschäftsanteil für 50 Euro kaufen. Welche Chancen und Risiken bestehen für die Mitglieder und Anleihegläubiger von Prokon?
Bislang konnte die Prokon Regenerative Energien eG (kurz: Prokon eG) nach eigenen Angaben Windenergieanlagen mit einer installierten Leistung von 613,9 Megawatt (MW) in Deutschland, 90 MW in Polen und 81 MW in Finnland ans Netz anschließen. Davon betreibt der Prokon-Konzern den Angaben nach aktuell 561,2 MW (Stand jeweils: 23.6.2022). Zudem vermarktet die Genossenschaft Ökostrom an ihre Stromkunden. Die Prokon eG ist die Muttergesellschaft des Prokon-Konzerns.
Die Genossenschaft hat rund 40.000 Mitglieder. Diese erhielten für 2021 eine Ausschüttung von zusammen 10,8 Millionen Euro, was Prokon zufolge einer Dividende von 4,76 Prozent entspricht.
Umsatz über 100 Million Euro
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Prokon hat laut geprüftem Konzernabschluss 2021 Umsatzerlöse von rund 113 Millionen Euro erwirtschaftet (Vorjahr: rund 110 Millionen Euro). Die Umsatzerlöse 2021 umfassen laut Jahresabschluss im Wesentlichen Erlöse aus Einspeisevergütungen, Marktprämien, Systemdienstleistungs- und Direktvermarktungsboni von rund 78 Millionen Euro (Vorjahr: etwa 86 Millionen Euro), Erlöse aus dem Geschäftsbereich Projektentwicklung und Bau von rund 9 Millionen Euro (Vorjahr: 6 Millionen Euro) sowie Erlöse aus dem Geschäftsbereich Energiehandel von wie im Vorjahr rund 17 Millionen Euro und Erlöse aus Service und Wartung für Dritte von rund 7 Millionen Euro (Vorjahr: 2 Millionen Euro).
Der Gesamtumsatz lag nach Angaben des Vorstandes im Plan. Während die Umsätze aus dem Bereich Service und Betrieb von Windenergieanlagen die Plangröße erreichten, lagen die Projekterlöse und die Erlöse aus dem Bereich Energiehandel im unter dem erwarteten Wert. Die Erlöse aus Einspeisevergütungen verringerten sich, weil die Winderträge 2021 unter dem langjährigen Mittel lagen. Der Konzern-Jahresüberschuss für das Geschäftsjahr 2021 beträgt rund 19 Millionen Euro (Vorjahr: etwa 14 Millionen Euro).
Von den Gesamt-Umsatzerlösen von rund 113 Millionen Euro wurden ungefähr 97 Millionen Euro in Deutschland erwirtschaftet. Von den während des Geschäftsjahres 2021 durchschnittlich 312 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern (Vorjahr: 261) des Prokon-Konzerns sind 292 in Deutschland, 11 in Polen und 9 in Finnland beschäftigt. Davon entfallen 190 auf den kaufmännischen und 122 auf den gewerblichen Bereich.
Die Zentrale von Prokon in Itzehoe. / Foto: Prokon
Auslandsmärkte
In Polen beeinträchtigt laut Prokon-Konzern-Lagebericht (Stand: 12.5.2022) die derzeit noch bestehende 10-H-Abstandsregelung die Weiterentwicklung von Windkraftprojekten. Dagegen soll die finnische Tochtergesellschaft von Prokon bis 2024 das Projekt Mutkalampi mit einer geplanten installierten Leistung von 404 MW bauen. Zudem entwickelt sie derzeit weitere Projekte und hat 2021 Baugenehmigungen für zwei weitere finnische Windkraftprojekte mit einer möglichen Kapazität von 50 MW erhalten.
Nach Angaben des Prokon-Aufsichtsrats hat Prokon sich im letzten Jahr zudem dazu entschlossen, die Entwicklung von Photovoltaik-Projekten im spanischen Markt zu beginnen. Hier werde mittel- bis langfristig das Potenzial gesehen, die Projektentwicklungskompetenz von Prokon zu nutzen, um in einem sehr interessanten Solarmarkt mittelgroße Projekte zur Baureife zu entwickeln.
Rund 300 Millionen Euro Anleihekapital
Die Prokon eG entstand 2015 aus der insolventen Prokon Regenerative Energien GmbH. Die Genussrechtsgläubiger der GmbH erhielten damals Geschäftsanteile an der Genossenschaft und Bezugsrechte für die Anleihe „Prokon Regenerative Energien eG 3,5% 16/30“. Die Anleihe hat einen Zinssatz von 3,5 Prozent pro Jahr bei einer Laufzeit bis Mitte 2030. Die Zins- und Teiltilgungszahlung steht jeweils für den 25. Juni eines Jahres an. Die Anleihe (ISIN: DE000A2AASM1) notiert an der Börse Stuttgart derzeit bei 99,55 Prozent (Stand: 4.7.2022, 10:51 Uhr).
Die Anleihe-Bezugsrechte wurden in Höhe von nominal 470 Millionen Euro ausgeübt. Die Anleihe ist besichert, hauptsächlich mit den 2016 bereits bestehenden Prokon-Windparks (und den damit zusammenhängenden Rechten und Forderungen). Infolge der jährlichen Tilgungen haben sich die Anleiheverbindlichkeiten zum 31. Dezember 2021 auf rund 301 Millionen Euro verringert. Im Vergleich dazu hat der Prokon-Konzern zu Ende 2021 nur geringe Bankverbindlichkeiten von rund 4 Millionen Euro.
Das Eigenkapital des Prokon-Konzerns besteht zu Ende 2021 zu einem Großteil (rund 90 Prozent) aus dem Geschäftsguthaben der Mitglieder von rund 191 Millionen Euro. Auf der Aktiva-Seite der Bilanz hat der Konzern zum 31. Dezember 2021 einen hohen Finanzmittelfonds, der ausschließlich aus Bankguthaben und Kassenbeständen besteht, von rund 138 Millionen Euro ausgewiesen.
Wie hoch ist das Repowering-Potenzial?
Die genutzten Windpark-Standorte beinhalten nach Einschätzung von Prokon ein erhebliches Repowering-Potenzial. Beim sogenannten „Repowering“ werden alte Windkraftanlagen durch neue ersetzt. Nach dem Repowering stehen an einem Standort weniger Windkraftanlagen als zuvor, die aber deutlich mehr Strom erzeugen als die Altanlagen. Prokon geht davon aus, dass diese Repowering-Potenziale mindestens über die Restnutzungsdauer der betriebenen Windenergieanlagen für die Genossenschaft nutzbar sind. Die durchschnittliche Restnutzungsdauer der Windenergieanlagen beträgt nach Angaben von Prokon 9 Jahre.
Die Prokon eG benötigt die Projektierungs-Erlöse aus neu errichteten Windparks nach eigenen Angaben vor allem, um Zins - und Tilgungszahlungen für die bis 2030 laufende Anleihe leisten zu können. Investitionen in neue Windparks erfolgen nach Angaben des Vorstands in jeweils eigenständigen Gesellschaften, die zum Großteil mit Fremdkapital finanziert werden. Einige neue Projekte hat die Prokon eG an die Windauf eG veräußert, die nicht zum Prokon-Konzern gehört, aber hinsichtlich der handelnden Personen mit der Prokon eG verbunden ist.
Baustelle von Prokon. Der Konzern will unter anderem in Finnland neue Windkraftprojekte umsetzen. / Foto: Prokon
Wären neue Windkraftanlagen, die auf Grundstücken der 2016 bereits bestehenden Prokon-Windparks errichtet werden, wiederum Teil der Besicherung der Anleihe? Prokon erklärte dazu gegenüber ECOreporter: „Es muss für Ausgleich gesorgt werden, aber die neuen Anlagen werden und können nicht der Besicherung der Anleihe dienen.“
Es kann fraglich sein, ob während der Anleihelaufzeit bereits – mit hohem Kapitalaufwand – ein Repowering von Prokon durchgeführt wird. Grundsätzlich ist ein Repowering davon abhängig, ob die Genehmigung dafür erteilt wird und ein Pachtvertrag neu abgeschlossen werden kann. Diesbezüglich liegen ECOreporter für die bestehenden Windparks von Prokon keine Informationen vor.
Als Alternative zum Repowering kann insbesondere bei hohen Strompreisen die Option bestehen, Windkraftanlagen über das Ende der jeweiligen EEG-Laufzeit von 20 Jahren hinaus zu betreiben. Das kann davon abhängig sein, ob Pachtverträge verlängert werden können und ein Betrieb angesichts reparaturanfälliger werdender Altanlagen noch wirtschaftlich ist. Prokon geht nach eigenen Angaben davon aus, dass die Windparks über 25 Jahre betrieben werden.
Prokon ist „verhalten optimistisch“
Die Geschäftsleitung beurteilt die wirtschaftliche Situation des Prokon-Konzerns im Lagebericht (Stand: Mai 2022) verhalten optimistisch, weist aber dort schon auf das ansteigende Zinsniveau hin. Inzwischen hat sich das Zinsniveau weiter deutlich erhöht, wodurch sich die Fremdfinanzierung von neuen Windparkprojekten verteuert.
Wenn der zulässige Zuschlagswert bei den staatlichen Ausschreibungen für neue Windkraftanlagen nicht erhöht wird, können steigende Zinsen und höhere Baukosten dazu führen, dass sich die Wirtschaftlichkeit von neuen Windkraftprojekten in Deutschland verringert. Ein Vorteil für Windparkbetreiber wie Prokon wäre es, wenn die in den vergangenen Monaten herrschenden hohen Marktpreise für Windstrom auf hohem Niveau verbleiben. Langfristig sieht Prokon eine Chance darin, dass sich die natürlichen Ressourcen verknappen und dadurch die Energiepreise steigen. Zudem will die Bundesregierung mit einem neuen Gesetz den Ausbau der Windenergie in Deutschland massiv beschleunigen. Derzeit ist aber noch unklar, ob und wann sich das Gesetzesvorhaben auf die langwierigen Genehmigungsverfahren neuer Windkraftprojekte auswirken wird.
Fazit
Für den Prokon-Konzern bestehen nach Einschätzung von ECOreporter erhebliche Risiken, die angesichts der aktuellen volkswirtschaftlichen Verwerfungen schwer zu kalkulieren sind. Die Anleihegläubiger haben den Vorteil, dass ihre Forderungen mit einem umfangreichen Portfolio an bestehenden Windparks besichert sind. Ob der Wert der Sicherheiten das noch nicht getilgte Anleihevolumen vollständig abdecken könnte, ist auf Basis der vorliegenden Informationen aus dem Jahresabschluss aber nicht abschätzbar.
Der Wert der Windparks und ihrer Standorte hängt auch davon ab, in wie vielen Fällen ein Repowering-Potenzial wahrscheinlich ist. Falls künftig bei vielen Windparks ein Repowering umgesetzt werden kann, könnten davon voraussichtlich die Mitglieder der Prokon eG in höherem Umfang profitieren, sobald die Anleihe zurückgezahlt ist.
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