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terrAssisi-Interview: Nachhaltige Fonds laufen in der Krise deutlich besser
Wie geht es Fondsmanagern, wenn plötzlich die Aktienmärkte einbrechen? Verändert die Corona-Krise ihre Arbeit grundlegend? Und wie schätzen sie die Zukunft des nachhaltigen Investierens ein? ECOreporter hat bei zwei Fachleuten nachgehört, die mit den terrAssisi-Fonds der Missionszentrale der Franziskaner betraut sind.
Die Missionszentrale der Franziskaner mit Sitz in Bonn ist das internationale Hilfswerk des katholischen Franziskaner-Ordens. Weltweit unterstützt die Missionszentrale mehr als 700 sozial-humanitäre Hilfsprojekte. Die Missionszentrale hat auch drei Fonds gestartet, in die Privatanleger investieren können. Überschüsse aus den Verwaltungsgebühren dieser Fonds fließen an die Missionszentrale und werden für deren Projekte verwendet.
Die ECOreporter-Fragen beantworteten Harald Brockmann, zuständig für Öffentlichkeitsarbeit bei der Missionszentrale der Franziskaner, und Sebastian Riefe von Ampega Asset Management. Riefe ist seit 2009 Portfolio-Manager des Fonds terrAssisi Aktien.
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ECOreporter: Herr Riefe, was war Ihr erster Gedanke, als Mitte März die Aktienkurse abstürzten? Kam kurzzeitig Panik auf?
Sebastian Riefe: Für uns alle stellt diese Krise natürlich eine neue Situation dar. Nicht in Bezug auf die absolute Höhe der Kursverluste, sondern hinsichtlich der Geschwindigkeit, mit der die globalen Aktienmärkte korrigiert haben. Wichtig ist es in solchen Phasen, sich nicht von seiner Strategie abbringen zu lassen und Ruhe zu bewahren. Hierbei haben uns die Erfahrungen aus vergangenen Krisen geholfen. Unabhängig von einzelnen Marktphasen sind wir davon überzeugt, dass eine Investition in qualitativ hochwertige Unternehmen in Kombination mit einem strengen Nachhaltigkeitsansatz einen Mehrwert für die Anleger liefert.
Hat sich Ihr Anlageverhalten in der Corona-Krise geändert?
Sebastian Riefe: Bei unseren Investments haben wir eine sehr langfristige Ausrichtung. Größere Umschichtungen hat es dementsprechend in der Corona-Krise nicht gegeben. Unser Ansatz besteht vor allem darin, Sektoren zu identifizieren, die langfristigen Trends unterliegen.
Welche Sektoren sind das?
Sebastian Riefe: Unsere größten Positionen sind Titel aus den Bereichen Technologie, Gesundheit und Infrastruktur. Technologieunternehmen sind die Gewinner der zunehmenden Digitalisierung. Der Gesundheitssektor profitiert von steigenden Gesundheitsausgaben und einer alternden Gesellschaft. Und die Infrastrukturunternehmen sind notwendig, um die globalen Klimaziele zu erreichen.
Wie kommen diese drei Branchen bislang durch die Krise?
Sebastian Riefe: Am besten haben sich unsere beiden größten Sektoren Technologie und Gesundheit entwickelt. Schwächer waren einige Bereiche im Infrastruktursektor, wie Transport- oder Bauunternehmen. Gerade hier sehen wir aber enormes Aufholpotenzial. Durch die großen Fiskalpakete der Regierungen und den Green Deal in Europa erwarten wir in diesem Bereich massive Investitionen.
Mitarbeiter der Missionszentrale der Franziskaner in Ecuador. / Foto: MZF
Wer schlägt sich in Corona-Zeiten besser: nachhaltige oder herkömmliche Fonds?
Sebastian Riefe: In der aktuellen Krise können wir einen deutlichen Performance-Vorteil von nachhaltigen Aktien und Fonds erkennen. Hauptverantwortlich dafür ist auf der einen Seite, dass sich viele Technologieunternehmen in nachhaltigen Fonds wiederfinden und sich dieser Sektor seit Jahresanfang mit Abstand am besten entwickelt hat. Auf der anderen Seite gehören die Energieunternehmen, die in den meisten Nachhaltigkeitsprodukten nur gering oder gar nicht vertreten sind, zu den schwächsten Performern.
Haben Sie während des Crashs im März in Barvermögen umgeschichtet, um die Verluste Ihrer Fonds zu begrenzen?
Sebastian Riefe: Der terrAssisi Aktien ist ein reiner Aktienfonds. Wir sind abzüglich einer kleinen Kassenquote immer zu 100 Prozent im Aktienmarkt investiert. Jeder Anleger, der sich für die Investition in einen nachhaltigen Aktienfonds entscheidet, soll hier die Möglichkeit bekommen, vollumfänglich an den Chancen der Aktienmärkte zu partizipieren. Für defensiver ausgerichtete Anleger bieten wir unseren terrAssisi Stiftungsfonds an, bei dem die Aktienquote in Abhängigkeit von der Marktlage gesteuert wird.
Welchen Anlagehorizont empfehlen Sie beim terrAssisi Aktien, um das Verlustrisiko für Anleger zu minimieren?
Sebastian Riefe: Durch unseren langfristig ausgerichteten Investmentansatz empfehlen wir den terrAssisi Aktien Anlegern, die sich mit unserer Investmentphilosophie identifizieren können. Einen Anlagehorizont von mindestens fünf Jahren sollte jeder Investor mitbringen.
Muss sich etwas in der Nachhaltigkeitsbewertung von Unternehmen ändern, um als Fondsmanager besser auf Pandemien oder auch die Auswirkungen des Klimawandels reagieren zu können?
Sebastian Riefe: Auch wenn sich einige Ratingagenturen mittlerweile seit über 20 Jahren mit Nachhaltigkeits-Research beschäftigen, stehen wir hier erst am Anfang einer langen Entwicklung. Die Vergabe von Nachhaltigkeitsratings ist kein starrer, sondern ein dynamischer Prozess. Dementsprechend muss ständig auf die veränderten Umwelteinflüsse reagiert und neue Kriterien implementiert werden. Wünschenswert ist eine Vereinheitlichung von Nachhaltigkeitsratings, wie wir es von den Kreditratings kennen. Bisher kommen die verschiedenen Ratingagenturen bei einzelnen Unternehmen zu sehr unterschiedlichen Ergebnissen, was für den Investor die Investitionsentscheidung schwierig macht.
Sind Nachhaltigkeits-Ratings in ihrer jetzigen Form für Sie überhaupt relevant?
Sebastian Riefe: Grundsätzlich lässt sich festhalten, dass Unternehmen mit schlechten Nachhaltigkeitsratings höhere Risiken aufweisen als Unternehmen mit einem guten Rating. Insofern können Nachhaltigkeitsratings, bei denen die verschiedenen Research-Anbieter ein vergleichbares Ergebnis liefern, eine wertvolle Entscheidungshilfe sein.
Herr Brockmann, ein Blick in die Zukunft: Welche Entwicklungen erwarten Sie im nachhaltigen Finanzmarkt?
Harald Brockmann:Alle Umfragen und Statistiken belegen, dass für den Markt der nachhaltigen Aktien und auch anderer nachhaltiger Anlageklassen ein enormes Wachstumspotenzial vorhanden ist. Wir gehen von einer weiter stetig wachsenden Nachfrage der Investorinnen und Investoren aus. Der Bedarf an qualitativ hochwertiger Beratung wird die Anbieter nachhaltiger Geldanlagen in den nächsten Jahren sicherlich fordern.
Wie wirkt sich die Corona-Krise auf die Arbeit der Missionszentrale der Franziskaner aus?
Harald Brockmann:Seit dem Ausbruch der Covid 19-Pandemie konnten wir zusätzliche Geldmittel für betroffene Regionen und Menschen weltweit zur Verfügung stellen. Hier hilft uns natürlich auch die besondere Konstellation und Aufteilung der Managementvergütung der terrAssisi Fonds sehr.
Herr Brockmann, Herr Riefe, vielen Dank für Ihre Antworten!