Nachhaltiges Investment: Die Sun Contracting AG will mit ihren Solaranlagen zur Energiewende beitragen. / Foto: Unternehmen

  ECOanlagecheck, Solarenergie-Investments , Genussrechte/Anleihen

Unabhängige Analyse: Anleihe der Sun Contracting AG im ECOanlagecheck

Die Sun Contracting AG will weiter wachsen und mehr Solaranlagen installieren. Zur Finanzierung ihrer Vorhaben hat sie mehrere Anleihen herausgebracht. Anlegerinnen und Anleger aus Deutschland können ab 1.000 Euro die grüne Geldanlage „Sun Contracting Registered Junior Bond 2020“ zeichnen. Diese hat einen Zins von 5 bis 7 Prozent pro Jahr bei einer Laufzeit von 5 bis rund 25 Jahren. Der ECOanlagecheck analysiert und bewertet die Solar-Anleihe.

Die Emittentin der Anleihe, die Sun Contracting AG, ist laut Prospekt hauptsächlich im Bereich „Photovoltaik Contracting“ tätig. Die Verträge über diese sogenannten „Contracting-Modelle“ sehen vor, dass Kundinnen und Kunden ihre Dachfläche für den Betrieb einer Solaranlage der Emittentin zur Verfügung stellen. Die Kosten für die Errichtung, Instandhaltung und Wartung der Solaranlagen trägt dabei die Emittentin. Der produzierte Solarstrom werde, je nach Standort der Solaranlage, entweder von den Kundinnen und Kunden direkt verbraucht oder in das öffentliche Stromnetz eingespeist. In beiden Fällen erhält die Emittentin laut Prospekt eine Vergütung.

Unternehmensprofil Sun Contracting AG

Emittentin und Anbieterin der Anleihe ist die Sun Contracting AG mit Sitz in Triesen in Liechtenstein. Sie wurde 2017 gegründet. Das Aktienkapital der nicht börsennotierten Emittentin beträgt zum Zeitpunkt der Prospekterstellung 1 Million Euro. 99 Prozent der Anteile hält laut Prospekt Andreas Pachinger, der auch einer von zwei Hauptgeschäftsführern der Emittentin ist.

Der folgende Premium-Inhalt ist aufgrund des Artikelalters nun frei verfügbar.

Die Sun Contracting AG hat laut Prospekt zwei Tochtergesellschaften in Österreich und zwei 100-prozentige Tochtergesellschaften in Deutschland. Die Sun Contracting Germany Management GmbH wurde 2020 gegründet und hat ein Stammkapital von 25.000 Euro. Die Sun Contracting Germany GmbH wurde 2018 – damals noch unter dem Namen enerXia GmbH – in das Unternehmensregister eingetragen und hat ein Stammkapital von 9 Millionen Euro (Stand: 8.10.2020). Die Sun Contracting Germany GmbH hat ihren Jahresabschluss für 2019 noch nicht im Unternehmensregister veröffentlicht (Stand: 26.10.2020).

Solaranlagen in Deutschland, Österreich und Liechtenstein

Laut Prospekt betreibt die Emittentin 273 Solaranlagen in Deutschland, Österreich und Liechtenstein mit einer Nennleistung von zusammen 49,9 Megawattpeak (MWp). Dem von Sun Contracting veröffentlichten „Erfolgsbericht Quartal 2| 2020“ ist zu entnehmen, dass das Anlagenvolumen aber nur zu einem geringen Teil direkt im Besitz der Emittentin ist. Demnach betreibt die Emittentin Solar-Contracting-Projekte mit zusammen rund 1,2 MWp in Liechtenstein. Auf ihre österreichischen Töchter entfallen rund 7,1 MWp. Der Großteil der Solar-Contracting-Leistung, nämlich rund 41,7 MWp, ist laut „Erfolgsbericht Quartal 2| 2020“ im Besitz ihrer Tochter Sun Contracting Germany GmbH.

Warum hat die Liechtensteiner Sun Contracting AG die Anleihe “Sun Contracting Registered Junior Bond 2020” für Anlegerinnen und Anleger in Deutschland begeben und nicht die deutsche Sun Contracting Germany GmbH? Nach Angaben der Emittentin sehe die Organisation der Unternehmensgruppe vor, dass die Sun Contracting AG die Rolle der Emittentin übernimmt und als Muttergesellschaft Konzernfinanzierungen intern abwickelt. Die jeweiligen Tochtergesellschaften, also auch die Sun Contracting Germany GmbH, treten dabei nach Angaben der Emittentin großteils als Projektgesellschaften auf, in denen eine Mehrheit der Projekte abgewickelt und gehalten werde.

Österreichisches Anleiheangebot mit englischem Prospekt aus Liechtenstein für Anleger in Deutschland

Die Anleihe wird von der Emittentin in Liechtenstein und Deutschland öffentlich angeboten. Für Emittentinnen mit Sitz im Europäischen Wirtschaftsraum ist grundsätzlich die Behörde für die Billigung des Prospekts zuständig, in deren Staat die Emittentin ihren formalen Sitz hat. Daher hat die Finanzmarktaufsicht Liechtenstein den Prospekt gebilligt und das der deutschen Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) mitgeteilt. Der Prospekt ist englischsprachig. Es liegt zudem eine neunseitige deutschsprachige Version der englischen Zusammenfassung des Prospektes vor. Für das Anleiheangebot gilt laut Prospekt österreichisches Recht.

Schon über 150 Millionen Euro bei Anlegern platziert


Solardachanlage von Sun Contracting in Dahlen (Sachsen). / Foto: Unternehmen

Laut Prospekt (gebilligt am 2.9.2020) hat die Emittentin schon Verbindlichkeiten von über 150 Millionen Euro aufgenommen. Davon sind aber nur 25 Millionen Euro im Jahresabschluss 2019 ausgewiesen. Der Grund dafür ist nach Angaben der Emittentin die Möglichkeit der Ratenzahlung für Anlegerinnen und Anleger. Daher weichen die tatsächlich einbezahlten Beträge von den gezeichneten Beträgen ab, weshalb das gezeichnete Emissionskapital nicht zeitgleich das bereits einbezahlte Kapital abbildet. Nach Angaben der Emittentin beträgt zum 31. Dezember 2019 das gezeichnete Emissionskapital rund 102 Millionen Euro, wovon rund 17 Millionen Euro einbezahlt sind. Bei den restlichen Verbindlichkeiten der Emittentin handele es sich um jene aus dem operativen Geschäft, wie z.B. gegenüber den Errichtern der Photovoltaikanlagen. Bankdarlehen hat die Emittentin nach eigenen Angaben nicht aufgenommen.

Anleihe mit Nachrang

Die Anleihe „Sun Contracting Registered Junior Bond 2020“ ist mit einem Nachrang ausgestattet. Die Geltendmachung des Anspruchs auf Zinsen und Rückzahlung durch die Anleihegläubiger (die Anlegerinnen und Anleger) ist so lange und so weit ausgeschlossen, wie die Zinszahlung oder Rückzahlung einen Grund für die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Emittentin herbeiführen würde. Dagegen sind die Anleihen Sun Contracting Registered Euro Bond 2020 und Sun Contracting Registered CHF Bond 2020 der Emittentin, die in den Ländern Liechtenstein, Österreich, Luxemburg, Tschechien, Ungarn, Bulgarien, Italien, der Slowakei, Rumänien, Polen, Slowenien, Kroatien und der Schweiz angeboten werden, mit keinem Nachrang versehen.

Laut Aussage der Emittentin wurde die Anleihe „Sun Contracting Registered Junior Bond 2020§ speziell für den deutschen Markt und dessen Rechtslage konzipiert. Um auch hier die Möglichkeit der Ratenzahlung anbieten zu können, war es nach Angaben der Emittentin notwendig, den Registered Junior Bond 2020 mit einer Nachrangklausel auszustatten.

Zinsen endfällig

Die Anlegerinnen und Anleger erhalten während der Laufzeit der Anleihe keine Zinsen. Der Anspruch auf die Auszahlung der Zinsen (inkl. Zinseszinsen) besteht erst am Ende der Anleihelaufzeit. Das gilt auch für den Anspruch auf Rückzahlung des Anleihekapitals. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die Ansprüche der Anlegerinnen und Anleger der in Deutschland angebotenen Anleihe „Sun Contracting Registered Junior Bond 2020“ nachrangig gegenüber allen anderen gegenwärtigen und zukünftigen nicht-nachrangigen Verbindlichkeiten der Emittentin befriedigt werden. Beispielsweise dürfen die Anlegerinnen und Anleger der in Deutschland angebotenen Anleihe keine Zahlungen verlangen, falls das Eigenkapital der Emittentin negativ ist oder durch die verlangten Zahlungen negativ werden könnte.

Wirtschaftsprüfer konnte Werthaltigkeit nicht abschließend beurteilen

Die Emittentin hat laut geprüftem Jahresabschluss 2019 ein Umlaufvermögen von rund 15,5 Millionen Euro und ein Anlagevermögen von rund 11,7 Millionen Euro. Der Abschlussprüfer erteilte laut Prospekt einen eingeschränkten Bestätigungsvermerk für das Geschäftsjahr 2019, weil er die Werthaltigkeit von Finanzanlagen im Umfang von rund 8,6 Millionen Euro nicht abschließend beurteilen konnte. Der Grund hierfür war nach Angaben der Emittentin, dass bis Ende Juni 2020 noch nicht alle Jahresabschlüsse 2019 der Tochtergesellschaften der Emittentin vorlagen. Die Formulierung im Prospekt bedeutet nach Angaben der Emittentin „nicht etwa, dass die Werthaltigkeit nicht gegeben wäre, vielmehr konnte zum Zeitpunkt der Erstellung des Jahresabschlusses der Sun Contracting AG die Werthaltigkeit noch nicht abschließend geprüft und beurteilt werden“.

Die Eigenkapitalquote der Emittentin beträgt laut Jahresabschluss 2019 rund 7,4 Prozent. Die Verschuldung der Emittentin kann deutlich ansteigen, falls die Platzierung der Anleihen erfolgreich verläuft und die derzeit noch nicht fälligen Ratenzahlungen der bestehenden Anlegerinnen und Anleger erfolgen.

Investitionen sollen sich zügig rentieren

Nach einer individuell vereinbarten Contracting-Laufzeit – laut Prospekt in der Regel 18 Jahren – gehen die Solaranlagen in das Eigentum der Kundinnen und Kunden über. Aber bereits deutlich vor Ablauf der 18 Jahre soll die Emittentin die Kosten für die Errichtung, Instandhaltung und Wartung der Solaranlagen verdient haben: Laut Prospekt werde bei den Solarprojekten bereits nach ungefähr vier bis sieben Jahren die Gewinnschwelle (Break Even Point) für die Emittentin erreicht.


Solaranlage von Sun Contracting in Saarbrücken. / Foto: Unternehmen

Das ist überraschend schnell, denn die Emittentin finanziert die Solarprojekte mit hoch verzinstem Anleihekapital. Dadurch müssen die Projekte der Emittentin deutlich wirtschaftlicher sein als marktübliche Solarprojekte mit EEG-Vergütung, die zu über 80 Prozent mit gering verzinstem Bankkapital finanziert werden, damit sie sich auf Sicht von 20 Jahren rentieren.

Inzwischen werden neue Solaranlagen verstärkt nicht mehr nur über gesetzliche Einspeisetarife/Fördertarife vergütet, sondern auch im Rahmen der Direktvermarktung oder des Eigenverbrauchs. So lassen sich nach Aussage der Emittentin bei Solarprojekten für die direkt Beteiligten (Liegenschaftseigentümer, Pächter und Sun Contracting) einerseits beim Strombezug hohe Einsparungen gegenüber dem klassischen Energiemarkt, andererseits höhere Erträge durch steigende Energievergütungen gegenüber den gesetzlichen Einspeisetarifen erwirtschaften.

Warum einen Contracting-Vertrag schließen?

Wäre es zudem angesichts der im Prospekt genannten frühzeitigen Gewinnschwelle für Kundinnen und Kunden der Emittentin nicht wirtschaftlich deutlich sinnvoller, die Photovoltaikanlage auf ihrem Dach selbst (inkl. Bankkapital) zu finanzieren und zu betreiben, statt einen Contracting-Vertrag mit der Emittentin zu schließen? Die Emittentin argumentiert, dass sich das „unter Berücksichtigung von internem Unternehmerzins, Liquiditäts-, Bonitäts-, Inflations- und Abschreibungseffekten sowie einer Reduktion von Opportunitätskosten in Kombination mit personell sowie finanziell ressourcenschonenden Modellen (inkludierte Instandhaltung) nicht pauschal feststellen lasse“. Zudem handele es sich bei den Solarprojekten immer um Individualprojekte, die eine umfassende Analyse erfordern, welche Sun Contracting den Interessenten und Kunden anbiete.

Emittentin will in weitere Märkte eintreten

Haben die Emittentin und/oder ihre Tochtergesellschaften schon in Solarprojekte außerhalb von Deutschland, Österreich und Liechtenstein investiert? Nach Angaben der Emittentin wurde bereits in diversen europäischen Ländern in Marktstudien und Vorbereitungen für den operativen Markteintritt investiert. Den jeweiligen Fortschritt und die Ergebnisse der Marktstudien will die Emittentin nach eigenen Angaben aus betriebsstrategischen Gründen nicht weiter ausführen.

Ökologische Wirkung/Impact und Nachhaltigkeit

Das Geschäftsmodell der Emittentin unterstützt die dezentrale Energiewende.

Stärken

  • Sun Contracting-Gruppe mit rund 50 MWp Solarleistung im Bestand

Schwächen

  • Anleihe mit Nachrang
  • Projektentwicklungs- und Bauherrenrisiken möglich
  • Geringe Eigenkapitalquote


Fazit

Die Emittentin ist erst 2017 in den Solarmarkt eingetreten und daher noch ein junges Unternehmen. In der kurzen Zeit war sie sehr erfolgreich – was das Einwerben von Anlegerkapital betrifft. Ob die Emittentin das gezeichnete Anlegerkapital von bislang schon mehr als 150 Millionen Euro in Solarprojekte investieren kann, welche die Zins- und Rückzahlungen für die Anlegerinnen und Anleger erwirtschaften können, wird sich erst in einigen Jahren zeigen. Aufgrund der endfälligen Zinsen würden Anlegerinnen und Anleger erst am Ende der Laufzeit ausbleibende Zahlungen bemerken. Der „Sun Contracting Registered Junior Bond 2020“, der in Deutschland gezeichnet werden kann, ist mit einem Nachrang ausgestattet. Daher ist das Ausfallrisiko und das Totalverlustrisiko für diese Anlegerinnen und Anleger aus Deutschland höher als das der Anleihegläubiger aus anderen europäischen Ländern, die nicht nachrangige Anleihen der Emittentin zeichnen.

Nicht die deutsche Sun Contracting Germany GmbH, die den Großteil der Solarprojekte – über 80 Prozent gemessen an der Nennleistung – betreibt, ist Emittentin der Anleihe, sondern ihre Liechtensteiner Mutter Sun Contracting AG. Diese kann das Anleihekapital beispielsweise selbst verwenden und/oder an Tochtergesellschaften verteilen. Durch die mehrstufige Investitionsstruktur verringert sich die Transparenz für Anlegerinnen und Anleger, da die von den Tochtergesellschaften betriebenen Solaranlagen bei der Emittentin nur mittelbar als Finanzanlagenvermögen verbucht werden. Für Anlegerinnen und Anleger ist ein Investment in die Emittentin mit hohen Risiken verbunden, auch weil das Anleihekonzept des „Sun Contracting Registered Junior Bond 2020“ nicht überzeugt.

Basisdaten

Anbieterin und Emittentin:
Sun Contracting AG, Triesen in Liechtenstein

Emissionsbezeichnung:
Sun Contracting Registered Junior Bond 2020

Anlageform: nachrangige Anleihe (nachrangige Schuldverschreibungen)

Emissionsvolumen:
bis zu 48 Millionen Euro

Mindestzeichnungssumme:
1.000 Euro (inkl. Agio)

Agio: 4 Prozent

Laufzeit: bis 30. September 2045, ordentliche Kündigung erstmals zum 30. April 2026 möglich

Zinsen: (jeweils pro Jahr) 5,0 Prozent (bis 7. Laufzeitjahr), 5,5 Prozent (ab 8. Jahr), 6,0 Prozent (ab 11. Jahr), 6,5 Prozent (ab 16. Jahr), 7,0 Prozent (ab 21. Jahr); Zinsen (inkl. Zinseszinsen) sind endfällig, keine Auszahlung während der Laufzeit

Einkunftsart: Einkünfte aus Kapitalvermögen

Prospekt-Billigung: Finanzmarktaufsicht Liechtenstein

Handelbarkeit: gering, kein Handel an einem geregelten Markt geplant

Verwandte Artikel

06.11.20
 >
04.11.20
 >
03.11.20
 >
01.10.20
 >
28.09.20
 >
Aktuell, seriös und kostenlos: Der ECOreporter-Newsletter. Seit 1999.
Nach oben scrollen
ECOreporter Journalistenpreise
Anmelden
x