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Aktientipps, Nachhaltige Aktien, Erneuerbare Energie, Anleihen / AIF, Crowd-Investment
Stromverbrauch sinkt – Einnahmeausfälle für Solar- und Windparks trotz gesetzlicher Einspeisevergütung? Teil 1
Ändert sich gerade die Einschätzung? Bisher galten Ökostromproduzenten als resistent gegen die Corona-Krise. Denn erstens ist der Grünstromanteil in Deutschland auf neue Rekordhöhen geklettert. Und zweitens liefern Wind- und Solarkraftwerke auch dann Energie, wenn die Wirtschaft herunterfahren muss. Doch nun dringen andere Nachrichten durch: Der Stromverbrauch sinkt, und aufgrund besonderer Konstellationen könnten Ökostromerzeuger doch Einnahmebußen verzeichnen.
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Leere Büros, geschlossene Geschäfte und eine gedrosselte Industrieproduktion: Wegen der Corona-Pandemie verbraucht Deutschland weniger Strom. Vor allem die geringere Nachfrage aus der Industrie wirke sich aus, meldet der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BdEW).
Eine Folge des gesunkenen Strombedarfs in Deutschland: An der Strombörse sind laut BdEW die Preise für Strom im April mittlerweile um fast 30 Prozent gegenüber Anfang März gesunken. An den Wochenenden sind die Strompreise negativ. Das bedeutet: Stromerzeuger bezahlen Geld an die Abnehmer, zum Beispiel an Pumpspeicherwerke.
Wie sind grüne Kraftwerke betroffen? Nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) müssen Betreiber von Grünstrom-Kraftwerken, die seit dem 1. Januar 2016 in Betrieb gegangen sind, auf Teile ihrer Vergütung verzichten, wenn an den Strombörsen die sogenannten Spotpreise für mehr als sechs Stunden negativ sind. Heißt: Wind- oder Solarkraftwerke, die vor 2016 ans Netz angeschlossen wurden, sind von der Regelung nicht betroffen und erhalten also bei jedem Börsenstrompreis weiter die Einspeisevergütung! Ebenfalls nicht betroffen sind Windkraftanlagen mit weniger als 3 Megawatt (MW) Leistung, Erneuerbare-Energien-Anlagen wie Solaranlagen mit einer Leistung von unter 500 Kilowatt sowie sogenannte Pilotwindenergieanlagen auf hoher See und an Land.
Das bedeutet: Auch wer erst seit 2016 eine normale Hausdach-Solaranlage betreibt, muss nicht um seine Einspeisevergütung fürchten. In der Vergangenheit gab es höchstens an Feiertagen negative Strompreis. Seit Ausbruch der Corona-Pandemie in Deutschland sind sie mittlerweile an Wochenenden die Regel. Was bedeutet das für Aktiengesellschaften, deren Hauptgeschäft die Erneuerbare Energie ist?
Ist 7C Solarparken betroffen?

7C Solarparken-Chef Steven de Proost sieht Probleme für Betreiber von jüngeren Erneuerbare-Energien-Kraftwerken. / Foto: Unternehmen
"Die Auswirkungen der negativen Spotpreise auf die Branche könnten dramatisch sein – wenn sie länger anhalten", warnt Steven de Proost, Vorstandschef der börsennotierten 7C Solarparken, auf Anfrage von ECOreporter. "Viele junge Gesellschaften mit einem geringen Eigenkapitalanteil könnten aufgrund der aktuellen Situation in eine finanzielle Schieflage kommen. Ihnen brechen aufgrund der negativen Strompreise zwischen 15 bis 20 Prozent ihrer Umsätze weg. Es ist fraglich, ob sie die Forderungen der Banken dann bedienen können."
7C Solarparken aus Bayreuth betreibt Solarparks mit einer Gesamtleistung von über 200 MW (Stand: April 2020). Das Unternehmen ist in den vergangenen Jahren stark gewachsen. Bis 2025 will 7C Solarparken die Gesamtkapazität auf 500 MW hochtreiben. ECOreporter hat die 7C Solarparken-Aktie hier vorgestellt und analysiert.
7C Solarparken-Chef de Proost sieht für seine eigene Gesellschaft Chancen und will diese kühl nutzen: "Wir sind solide finanziert und haben Rücklagen. Falls junge Gesellschaften insolvent werden sollten, ergeben sich attraktive Kaufchancen für uns.“
Allerdings seien bei 7C Solarparken selbst auch Kraftwerke mit einer Kapazität von zusammengerechnet 70 MW betroffen. Genau beziffert de Proost den Schaden bisher nicht. Die Aktie der 7C Solarparken notierte am Freitag (4.4.2020) zum Handelsschluss bei 3,22 Euro, 60 Eurocent unter ihrem diesjährigen Höchstkurs von 3,82 Euro Ende Januar.
Wattner: "Schaden hält sich in Grenzen"
"Sehr viele unserer Anlagen sind älter als von 2016 und somit nicht betroffen", erklärt Ulrich Uhlenhut, Geschäftsführer der Wattner AG mit Sitz in Köln, auf Nachfrage von ECOreporter.
Wattner legt seit 2008 Direktbeteiligungen an Solarparks auf. Seit 2008 hat das nicht börsennotierte Unternehmen Solaranlagen mit einer Kapazität von 334 MW gekauft oder errichtet. Seit 2016 sind Solaranlagen von Wattner mit 110 MW Leistung neu ans Netz gegangen (über ein aktuelles Angebot des Unternehmens hat ECOreporter hier berichtet).
"Der Schaden an den betroffenen Anlagen hält sich derzeit in Grenzen", sagt Wattner-Geschäftsführer Uhlenhut. Wattner vermarkte den Strom seiner Anlagen direkt. Die Strompreise setzen sich laut Uhlenhut aus dem EEG-Monatsmarktwert und einer sogenannten Marktprämie zusammen. Die Marktprämie, die vom Netzbetreiber bezahlt werde, fülle die Differenz zwischen dem Zuschlagswert für eine Anlage bei den Ausschreibungen der Bundesnetzagentur und dem Monatsmarktwert.

Ulrich Uhlenhut ist Geschäftsführer der Wattner AG. / Foto: Unternehmen
"Während der sechs negativen Stunden entfällt lediglich die Marktprämie vom Netzbetreiber", erklärt der Wattner-Geschäftsführer. "Der Schaden ist daher bei Anlagen größer, die von hohen Zuschlagswerten bei den Auktionen der Bundesnetzagentur profitieren, als bei Anlagen mit niedrigeren Zuschlagswerten.“ Den Monatsmarktwert hingegen erhalte Wattner auch während der negativen Stunden immer – selbst wenn der Direktvermarkter Wattner-Anlagen abschalte, was aber noch nie vorgekommen sei, so Uhlenhut. Mit zunehmendem Anteil der Erneuerbaren Energien am Stromangebot könnten die negativen Stunden zunehmen und damit die Ertragsausfälle steigen, warnt Uhlenhut: "Auch sinkt der Monatsmarktwert mit mehr negativen Stunden, weil er ein Durchschnittswert ist. Man muss also davon ausgehen, dass die Schäden aufgrund der Sechs-Stunden-Regel zunehmen. Corona wirkt hier als Beschleuniger, wenn auch hoffentlich nur temporär."
Naturstrom AG: Ausfälle bei drei Windparks
"Wir sind auch betroffen. Im Februar und März haben wir an mehreren Sonntagen Ausfälle gehabt – bei insgesamt drei Windparks, die wir neu ans Netz gebracht haben", sagt Dr. Thomas Banning, Vorstandschef der nicht börsennotierten Naturstrom AG. Genau beziffern könne er die Umsatzausfälle derzeit noch nicht. In der Vergangenheit seien die Ausfälle minimal gewesen, so Banning.

Naturstrom-Chef Thomas Banning. / Foto: Unternehmen
Die Naturstrom AG aus Düsseldorf, 1998 gegründet, betreibt Wind-, Solar- und Biogasanlagen, beliefert Endkunden mit Strom und realisiert Bürgerenergieprojekte. Mehr als 75 Prozent der Aktienanteile an der Naturstrom AG befinden sich in den Händen von Kleinaktionären. Eine Analyse einer Anleihe, die Naturstrom mit der UmweltBank aus Nürnberg aufgelegt hat, können Sie hier lesen.
"Das Überangebot an Strom wird von konventionellen Kraftwerken und Windenergieanlagen produziert", sagt der Naturstrom-Chef. Die konventionellen Kraftwerke würden bei einem Überangebot allerdings nicht abgeschaltet. Eine Reduktion beider Kraftwerkstypen könnte die Netz- und Marktsituation entspannen. "In Süddeutschland wird der Strom gebraucht, und die Windenergieanlagen dort haben sehr viel weniger Volllaststunden als die im Norden. Das bedeutet, dass schon bei vollständiger Nutzung des Windangebots die Wirtschaftlichkeit erheblich schlechter ist als bei Windkraftanlagen im Norden – eine Nichtvergütung trotz Einspeisung schlägt also für Windenergieanlagenbetreiber im Süden doppelt schwer zu Buche."
Fazit:
Der gesunkene Stromverbrauch bedeutet nur Einnahmeverluste für Erneuerbare-Energien-Anlagen, die nach dem 1. Januar 2016 ans Netz gingen. Und von diesen neueren Anlagen sind auch nur größere Erneuerbare-Energien-Kraftwerke betroffen. Kleine Anlagen nicht. Wegen komplizierter Regelungen im Gesetz sind die Schäden für betroffene Anlagen schwierig zu beziffern. Nach ECOreporter-Einschätzung dürften die meisten Einbußen nur entstehen, weil der produzierte Strom für wenige Stunden in der Woche nicht vergütet wird. Diese fehlenden Einnahmen dürften bisher im Rahmen der üblichen wetterbedingten Schwankungen liegen. Erst wenn der Stromverbrauch weiter sinkt und die Strompreise länger negativ sind, könnte es in – sehr wenigen – Ausnahmefällen bei Grünstromerzeugern finanziell zu echten Problemen kommen. Etwas wahrscheinlicher ist es, dass der Jahresgewinn einiger Grünstromerzeuger etwas sinkt – trotz voller Kraftwerksleistung und trotz gesetzlicher Einspeisevergütung.
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03.04.20
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