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ETF-Test: Ossiam Food For Biodiversity UCITS ETF
Ein ETF, der aktiv Unternehmen auswählt und nicht einfach nur passiv einem Index folgt – der Ossiam Food for Biodiversity ETF ist erst der zweite seiner Art, den ECOreporter testet. Auf die Fahnen geschrieben hat er sich Investitionen in große, mittlere und kleine Unternehmen der Lebensmittelwirtschaft, die im Einklang mit dem Ziel stehen, die Artenvielfalt des Planeten zu erhalten. ECOreporter hat geprüft, auf welche Aktien der ETF dafür setzt – und dabei nicht schlecht gestaunt.
Anbieter des ETFs ist Ossiam, eine Tochter des französischen Vermögensverwalters Natixis Investment Managers. Alle Ossiam-Fonds beachten nach eigenen Angaben Nachhaltigkeitskriterien unterschiedlicher Strenge.
Finanzen/Risiko
Der ETF startete im 30. Dezember 2020. Da er keine drei Jahre am Markt ist, erhält er von ECOreporter keine Finanznote.
Hier finden Sie den aktuellen Kurs des ETFs bei ECOreporter und Details zur Wertentwicklung
Die Jahresgebühren sind mit 0,75 Prozent höher als bei anderen ETFs.
Nachhaltigkeitskonzept
Anders als die überwiegende Mehrheit der ETFs bildet der Ossiam Food for Biodiversity nicht passiv einen Index nach. Stattdessen wählt ein Team aktiv Unternehmen aus, in die er investiert. ECOreporter hat mit dem Invesco Quantitative Strategies ESG Global Equity Multi-Factor ETF erst einen weiteren ETF getestet, bei dem dies der Fall ist.
In der Praxis ist dieses aktive Management allerdings hauptsächlich ein sehr schwaches Best-in-Class-Verfahren. Für die Zusammenstellung seines Aktienpakets wählt der ETF zunächst aus den 250 Unternehmen eines weltweit orientierten Index des Frankfurter Indexanbieters Solactive die 80 Prozent mit den „besten“ ESG-Noten aus, die im „erweiterten Lebensmittelsektor“ aktiv sind. Anschließend kommt eine Reihe von Ausschlusskriterien zur Anwendung. Dem ETF ist es erlaubt, in maximal 70 Unternehmen zu investieren, aktuell sind es 66.
ESG steht für die Kategorien Ökologie (E wie Environment), Soziales (S wie Social) und verantwortungsvolle Unternehmensführung (G wie Governance) – es gibt aber keine verbindlich definierten Kriterien, um eine ESG-Performance objektiv zu beurteilen. Die Bewertung der Aktien stammt in diesem Fall vom französischen Daten-Dienstleister Iceberg DataLab.
Ausschlusskriterien
Ausgeschlossen sind Unternehmen, die gegen den UN Global Compact verstoßen, eine zu hohe Risikoeinschätzung durch Iceberg erhalten oder auf der Ausschlussliste des norwegischen Staatsfonds stehen.
Auffällig ist dabei: Kein Ausschlusskriterium ist speziell auf das Thema Lebensmittelindustrie und Biodiversität ausgerichtet. So gibt es etwa keine Auflagen für Massentierhaltung, Gentechnik oder Pestizide.
Wie nachhaltig ist dieser ETF?
Der folgende Premium-Inhalt ist aufgrund des Artikelalters nun frei verfügbar.
Biodiversität – das bedeutet nicht einfach nur Artenvielfalt, sondern die biologische Vielfalt unter lebenden Organismen jeglicher Herkunft. Das schließt auch das Vorhandensein unterschiedlicher Ökosysteme mit ein und eine genetische Vielfalt innerhalb dieser Ökosysteme. Biodiversität ist auch nicht einfach ein Selbstzweck in dem Sinne, dass es schön ist, eine vielfältige Natur zu haben. Sie ist vielmehr entscheidend etwa für die Medizin und die Versorgung der Menschheit mit Nahrungsmitteln.
So gibt es beispielsweise mehrere tausend Arzneipflanzen, die etwa für Krebsmittel von Bedeutung sind und einen Wert von mehreren Milliarden Dollar haben. Bei Nahrungsmittelpflanzen beschränkt sich die Lebensmittelindustrie bislang auf eine Auswahl von einigen Dutzend Arten an Getreide und Gemüse, obwohl es mehrere zehntausend essbare Pflanzen gibt. Eine ausreichend genetische Vielfalt schützt vor Krankheiten und Schädlingsbefall, eine ausreichende Vielfalt von Insekten verbessert Erträge.
Ins Auge stechen im Aktienpaket des ETFs direkt mehrere große US-Fastfood-Konzerne, so etwa der Branchenprimus McDonald’s, Domino’s Pizza, Starbucks und die Yum! Brands-Gruppe, die weltgrößte Unternehmensgruppe für Systemgastronomie. Zu ihr gehören Marken wie Kentucky Fried Chicken (KFC), Pizza Hut, Taco Bell und weitere vor allem in den Vereinigten Staaten bekannte Marken. Den Konzernen wird etwa die Produktion von großen Mengen an Plastikmüll sowie der hohe Bedarf an Fleisch aus Massentierhaltung vorgeworfen.
Hinzu kommen unter anderem die Catering-Betriebe Compass aus Großbritannien und Sodexo aus Frankreich, die beispielsweise Schulen, Militär, Pflegeeinrichtungen und Gefängnisse mit Fertigmahlzeiten versorgen. Sodexo betreibt über die Tochtergesellschaft Sodexo Justice Services Gefängnisse in Großbritannien und anderen Ländern. Insbesondere die Strafanstalten in Großbritannien standen immer wieder in der Kritik, nachdem es dort in den letzten Jahren zu Misshandlungen und Todesfällen kam.
Ebenfalls im Aktienpaket vertreten sind die Zuchtlachskonzerne Mowi aus Norwegen und Bakkakfrost von den Färöer-Inseln. Bakkafrost war bis zum Oktober 2021 eine ECOreporter-Favoriten-Aktie der Kategorie nachhaltige Mittelklasse, bevor die Redaktion entschied, dass das Unternehmen den Nachhaltigkeitsansprüchen von ECOreporter nicht mehr genügt. Dazu trug etwa eine Reihe von Unfällen bei, bei der knapp eine Million Fische starben. Dabei gilt Bakkafrost noch als das nachhaltigste aller Fischzuchtunternehmen, es verzichtet etwa komplett auf Antibiotika.
Darüber hinaus investiert der ETF auch in die Lebensmittelriesen Danone aus Frankreich, Nestlé aus der Schweiz und Unilever aus Großbritannien. Alle sind in zahlreiche Kontroversen verwickelt: So wirft etwa die "Aktion gegen Hunger" Danone und Nestlé vor, durch aggressives Marketing in Entwicklungsländern Frauen vom Stillen abzuhalten und stattdessen zum Kauf ihrer Produkte zu animieren. Damit würden die Unternehmen gegen den Internationalen Kodex für die Vermarktung von Muttermilchersatzprodukten verstoßen. Unilever ist der weltgrößte Verarbeiter von Palmöl. Immer wieder wird dem Konzern vorgeworfen, er profitiere von Regenwaldabholzung, Artensterben und Vertreibung der indigenen Bevölkerung in asiatischen Ländern.
Insgesamt bietet der ETF die Möglichkeit für Investitionen in aktuelle Schwergewichte der Lebensmittelindustrie. Dazu gehören auch Supermarktketten und Unternehmen der Lebensmittelchemie, die teils auch an Gentechnik forschen. Ein besonderer Anlagefokus etwa auf Bio-Lebensmittel oder Lösungen für eine Landwirtschaft der Zukunft ist nicht erkennbar.
Transparenz
Der Anbieter veröffentlicht das vollständige Portfolio des ETFs auf seiner Website. Das Aktienauswahlprinzip und die Ausschlusskriterien stellt Ossiam online ausführlich dar. In einem zum ETF gehörenden ESG-Report vergleicht Ossiam zudem etwa die CO2-Emissionen des ETF-Aktienpakets mit denen des Solactive-Index, aus dem die Unternehmen ausgewählt wurden. Ebenfalls werden ESG-Scores und angebliche Beiträge zu den Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen (den SDGs) verglichen, wie der Daten-Dienstleister Iceberg DataLab erfasst. Letzteres hat allerdings nur begrenzte Aussagekraft, da solche Scores von jeder Ratingagentur individuell erstellt werden und nicht vergleichbar sind. Eine Aufschlüsselung, welches Unternehmen auf welche Weise konkret zu welchem Nachhaltigkeitsziel beigetragen haben soll, findet nicht statt.
Nachhaltige Wirkung
In einem jährlich erscheinenden Voting-Report äußert sich Ossiam zu den Hauptversammlungen, an denen teilgenommen wurde, und stellt sein Abstimmungsverhalten auch zu ESG-Themen dar. Bei welchen Unternehmen wie abgestimmt wurde, ist allerdings nicht aufgeschlüsselt. So lässt sich etwa nachvollziehen, dass Ossiam-Vertreter 2020 auf deutschen Hauptversammlungen 61 Mal gegen Anträge der Konzernleitung gestimmt haben und dass es dabei in einem Fall um die variable Vergütung des Managements ging – bei welchem Unternehmen dies der Fall war, geht aus dem Bericht aber nicht hervor. Im ESG-Report zum ETF findet sich eine im selben Stil gehaltene grobe Übersicht, bezogen auf Unternehmen, die im ETF vertreten sind.
Darüber hinaus führt der Report auf, zu welchen ESG-Themen Dialoge mit im Aktienpaket vertretenen Unternehmen geführt wurden und welche Fortschritte dabei aus Sicht des ETF-Anbieters bereits erreicht wurden.
Stärken:
- Keine Investments in fossile Energie
- Keine Investments in Atomkraft
- Keine Investments in Waffen oder Rüstung
Schwächen:
- Schwaches Auswahlverfahren
- Keine themenbezogenen Ausschlüsse
- Investments in viele kritische Unternehmen
Fazit
Status quo statt Zukunft: Statt in Unternehmen, die eine Transformation der Lebensmittelbranche anstreben, investieren Anlegerinnen und Anleger mit diesem ETF in Fastfood-Ketten und umstrittene Lebensmittelriesen von heute. Wer in eine zukunftsfähige Lebensmittelwirtschaft investieren will, der ist beim Rize Sustainable Future of Food ETF deutlich besser aufgehoben.
ECOreporter-Noten:
Finanzen: --
Nachhaltigkeit 4,3
Details zum Benotungssystem von ECOreporter finden Sie hier.
Alle bisherigen ETF-Tests finden Sie hier.
Ausschlusskriterien
Ausschlusskriterien ohne Umsatzschwelle:
Unternehmen, die gegen den UN Global Compact verstoßen
Unternehmen mit einem Iceberg DataHub-Risikolevel höher als 2
Unternehmen, die auf der Ausschlussliste des norwegischen Staatsfonds stehen
Daten und Fakten
Stichtag des Tests: 18.5.2022
Name des ETFs: Ossiam Food For Biodiversity UCITS ETF - 1A (EUR)
ISIN: IE00BN0YSK89 / WKN: A2QEDN
Nachgebildeter Index: keiner
Start des ETFs: 30.12.2020
Jährliche Gebühren: 0,75 % (Gesamtkosten)
Replikationsmethode: physisch (Indexnachbildung durch Kauf der Aktien)
Ertragsverwendung: thesaurierend
Fondsvolumen: 29,8 Millionen US-Dollar (5/2022)
Internet: www.ossiam.com
Totalverlustrisiko: unwahrscheinlich, Teilverluste möglich