Flugzeuge wegen Corona-Virus am Boden: Aktien von Fluglinienunternehmen sind auch in nachhaltigen ETFs und sorgen für deren schlechte derzeitige Kursentwicklung. Halten sich nachhaltige Aktienfonds besser, weil sie auf Luftfahrt, Automobilsektor und anderes verzichten? / Foto: imago images, Hannelore Förster

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1.000 Euro im ETF oder im grünen Aktienfonds: Die einen verlieren 50 Euro, die anderen weit über 100!

Wie haben sich nachhaltige ETFs in der Börsenkrise im Vergleich zu streng grünen Aktienfonds entwickelt? Können die einfachen ETFs, die sich schlicht auf einen Index beziehen, mit anspruchsvollen Nachhaltigkeitsfonds mithalten? Wie viel Geld verloren Anleger mit einem streng grünen Aktienfonds, wie viel mit einem ETF, der nachhaltig sein soll? ECOreporter nimmt 21 Produkte unter der Lupe.

Sie sind das Finanzprodukt des letzten Jahres: ETFs. Günstig, billig. So wollen es uns zumindest Medien und Werbung weismachen. Und mancher ETF soll auch grün sein. Die ECOreporter-Redaktion hat daher einen ETF-Test entwickelt und bisher knapp 20 Produkte getestet. Noch laufen die Endauswertungen der einzelnen Tests. Noch sind sie nicht veröffentlicht. Aber die turbulenten Börsenzeiten sind Anlass genug, jetzt einen Blick auf die Entwicklung der ETF-Kurse der letzten Wochen und Monate zu werfen. Nähere Angaben zu den ETFs finden Sie in der Tabelle unten. Verglichen haben wir die ETFs mit streng nachhaltigen Aktienfonds.

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Wie verhalten sich die ETFs in der Krise?

Am wenigsten schlecht von den ETFs, die ECOreporter derzeit beobachtet, schlug sich der iShares Clean Energy ETF, ein ETF der US-Gesellschaft BlackRock, der auf Erneuerbare-Energien-Unternehmen setzt. Er verlor in den letzten drei Monaten 24 Prozent. Am schlimmsten traf es einen ETF der Sparkassen-Fondstochter Deka: Der Deka Oekom Nachhaltigkeit machte in den letzten drei Monaten ein Minus von gut 38 Prozent. Er setzt auf 30 Aktien aus der Eurozone und ist damit weniger diversifiziert als die meisten anderen ETFs.

Es gibt auch ETFs, die in Anleihen investieren. ECOreporter beobachtet einen ETF, der in sogenannte Green Bonds investiert, das sind Anleihen, die Umweltprojekte finanzieren. Dieser iShares Green Bond Index Fund verlor in den letzten drei Monaten 3,4 Prozent. Bemerkenswert: Der weltweite Anleihenindex Bloomberg Barclays Global Aggregate Bond liegt im Vergleichszeitraum gut 2 Prozent im Plus.

Wer vor einem Jahr 1.000 Euro in einen der nachhaltigen Aktien-ETFs investiert hat, hat aktuell einen (Buch-)Verlust in einer Spanne zwischen 97 Euro (iShares Clean Energy ETF) und 293 Euro (Deka Oekom Nachhaltigkeit). Zum Vergleich: Wer vor zwölf Monaten 1.000 Euro in den MSCI World Index investiert hätte, der die Wertentwicklung von über 1.600 Aktien (überwiegend nicht nachhaltig) aus 23 Industrieländern widerspiegelt, ist um 323 Euro ärmer geworden.  

Strenge grüne Aktienfonds: Warum verlieren sie weniger?

ECOreporter hat zum Vergleich vier streng nachhaltige Fonds herangezogen: Den ÖkoWorld ÖkoVision Classic (zum ECOreporter-Test), den GLS Bank Aktienfonds (Test), den Erste WWF Stock Environment (Test) und den GreenEffects NAI-Werte Fonds (Test). Es gibt weitere grüne Aktienfonds – ECOreporter kam es hier nur darauf an, eine Übersicht zu schaffen. Die vier hier herausgepickten Fonds sind einfach Produkte, die in den ECOreporter-Tests bei der Nachhaltigkeit gut abgeschnitten haben und als beliebt gelten, schon länger am Markt sind oder ein hohes Volumen haben – oder alles zusammen. Sie sind von den Jahresgebühren her alle teurer als ETFs. Aber die Jahresgebühren sind sehr unterschiedlich: Die Angaben finden Sie in der Tabelle.


Leerer Parkplatz bei Volkswagen in Wolfsburg: Die Produktion steht wegen Corona still, die Autoaktien verlieren - und damit auch viele nachhhaltige ETFs, die trotz des CO2-Ausstoßes der Benziner und Diesel auf Autoaktien setzen. / Foto: imago, Jan Huebner

In den letzten drei Monaten verloren der ÖkoWorld ÖkoVision Classic und der GreenEffects NAI-Werte Fonds 18,2 Prozent an Wert. Die anderen beiden aktiv gemanagten Fonds gaben etwas mehr als 22 Prozent nach. Sie haben sich aber damit immer noch besser wesentlich besser entwickelt als die oben genannten nachhaltigen Aktien-ETFs.

Noch deutlicher fällt die Wertung auf Jahressicht aus: Wer vor einem Jahr 1.000 Euro in den GreenEffects NAI-Werte Fonds anlegte, hat heute ein Minus von nur 48 Euro! Beim Erste WWF Stock Environment wären es 51 Euro weniger. Anleger des ÖkoWorld ÖkoVision Classic verloren über ein Jahr bei dieser Anlagesumme 104 Euro.

Warum sind die hier ausgewählten nachhaltigen Fonds im Schnitt den ETFs deutlich überlegen? Ein Grund ist sicherlich, dass die nachhaltigen ETFs zumeist in alle Branchen investieren, auch in solche, die von der Corona-Krise besonders betroffen sind: Öl- und Gasunternehmen, Fluglinien, Reiseveranstalter oder Kreuzfahrtanbieter. Die grünen Fonds legen hier kein Geld an – aus Gründen des Klimaschutzes. Mit der Corona-Krise hat ihre Aktienauswahl nichts zu tun.

Fazit: Der Vergleich der ausgewählten Produkte stellt zwei weit verbreitete Meinungen in Frage. Zum einen, dass streng grüne Aktienfonds finanziell schlechter laufen als Produkte, die weniger auf Moral achten: Hiernach schlicht falsch. Zum anderen, dass nachhaltige ETFs wegen ihrer Struktur und den geringen Gebühren Aktienfonds überlegen sind: Die ausgewählten Produkte zumindest verhalten sich genau umgekehrt. Dass ein ETF, der auf Anleihen basiert, in der Krise noch finanziell einigermaßen abschneidet, war zu erwarten und sei hier eher der Vollständigkeit halber erwähnt.

Lesen Sie auch den ECOreporter-Überblick zu den nachhaltigen ETFs – er zeigt, dass die meisten ETFs keine erkennbare Nachhaltigkeit aufweisen.

Nachtrag der Redaktion vom 26.3.: Der Artikel ist heute korrigiert worden - gestern war irrtümlich die Anlagesumme 10.000 Euro genannt worden, 1.000 Euro sind jedoch richtig als Bezugsgröße für die hier genannten Verluste von ETFs und Aktienfonds.

Nachhaltige ETFs - geordnet nach Verlusthöhe


Streng nachhaltige Aktienfonds

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